sichern. Die Mauern sind 20 Fuss hoch, auf dem Wallgang 14 Fuss breit.
Innerhalb der tartarischen bildet die kaiserliche oder "Gelbe" Stadt, Huan-tsen, wieder ein mauerumschlossenes nach Norden län- geres Reckteck. Ihre grössere westliche Hälfte füllen kaiserliche Gärten aus, ein langgestrecktes Becken, das "Meer der Mitte" ein- fassend, über welches eine prächtige Marmorbrücke führt. Die östliche Hälfte enthält zusammenhängende Strassen mit vielen Tem- peln und öffentlichen Gebäuden. Im Norden liegt, von Parkanlagen bedeckt, der etwa 240 Fuss hohe "Kohlenhügel", 18) der höchste Punct von Pe-kin, genau im Meridian des Himmelsthores Tien- men, von welchem eine breite Steinbahn auf das Südthor der Gel- ben und weiter auf das Südthor der Rothen, Verbotenen Stadt, Huan-tsan-ti-kon, führt. Letztere bildet, ein längliches Rechteck, den Kern der Gelben Stadt und erstreckt sich nach Norden fast bis zum Fuss des Kohlenhügels, von welchem sie der ihre Ring- mauer bespülende Wassergraben trennt. Sowohl die Gelbe als die Rothe Stadt haben je ein Thor nach jeder Himmelsrichtung. Die Rothe"Verbotene" Stadt enthält, in weiten buschigen Gärten versteckt, den kaiserlichen Palast mit zahlreichen Tempeln und Hallen. Ihre Grundfläche soll 80, die der Gelben Stadt 606 Hectaren betragen. -- So ist die ganze Anlage der "Inneren Stadt" mit ge- ringen Anomalieen symmetrisch: in der westlichen Hälfte der Gelben Stadt ist die südliche Ecke rechtwinklig ausgeschnitten. Die Rothe Stadt liegt innerhalb der Gelben, letztere innerhalb der Tartaren- stadt nach Süden gedrängt. Nach dieser Himmelsgegend blickt gewissermaassen ganz Pe-kin, blicken die Hauptfacaden der darin eingeschachtelten Städte und des kaiserlichen Palastes im innersten Kern. Trotz der verschiedensten Form und Lage der Grundstücke sind auch die Paläste der englischen und der französischen Gesandt- schaft sowie sämmtliche Tempel, die wir sahen, und wahrschein- lich alle Anlagen von Bedeutung in ihrer baulichen Disposition mit dem Gesicht nach Süden gewendet, was dem Ganzen etwas orga- nisches giebt.
Durch das mittelste Südthor der Chinesenstadt tritt man in eine breite Strasse, welche schnurgrade nach Norden laufend auf das Himmelsthor Tien-men stösst. In der Mitte ist sie zu
18) S. Ansichten aus Japan, China und Siam. VII.
XVII. Die Gelbe und die Rothe Stadt.
sichern. Die Mauern sind 20 Fuss hoch, auf dem Wallgang 14 Fuss breit.
Innerhalb der tartarischen bildet die kaiserliche oder »Gelbe« Stadt, Huaṅ-tsen, wieder ein mauerumschlossenes nach Norden län- geres Reckteck. Ihre grössere westliche Hälfte füllen kaiserliche Gärten aus, ein langgestrecktes Becken, das »Meer der Mitte« ein- fassend, über welches eine prächtige Marmorbrücke führt. Die östliche Hälfte enthält zusammenhängende Strassen mit vielen Tem- peln und öffentlichen Gebäuden. Im Norden liegt, von Parkanlagen bedeckt, der etwa 240 Fuss hohe »Kohlenhügel«, 18) der höchste Punct von Pe-kiṅ, genau im Meridian des Himmelsthores Tien- men, von welchem eine breite Steinbahn auf das Südthor der Gel- ben und weiter auf das Südthor der Rothen, Verbotenen Stadt, Huaṅ-tšan-ti-koṅ, führt. Letztere bildet, ein längliches Rechteck, den Kern der Gelben Stadt und erstreckt sich nach Norden fast bis zum Fuss des Kohlenhügels, von welchem sie der ihre Ring- mauer bespülende Wassergraben trennt. Sowohl die Gelbe als die Rothe Stadt haben je ein Thor nach jeder Himmelsrichtung. Die Rothe»Verbotene« Stadt enthält, in weiten buschigen Gärten versteckt, den kaiserlichen Palast mit zahlreichen Tempeln und Hallen. Ihre Grundfläche soll 80, die der Gelben Stadt 606 Hectaren betragen. — So ist die ganze Anlage der »Inneren Stadt« mit ge- ringen Anomalieen symmetrisch: in der westlichen Hälfte der Gelben Stadt ist die südliche Ecke rechtwinklig ausgeschnitten. Die Rothe Stadt liegt innerhalb der Gelben, letztere innerhalb der Tartaren- stadt nach Süden gedrängt. Nach dieser Himmelsgegend blickt gewissermaassen ganz Pe-kiṅ, blicken die Hauptfaçaden der darin eingeschachtelten Städte und des kaiserlichen Palastes im innersten Kern. Trotz der verschiedensten Form und Lage der Grundstücke sind auch die Paläste der englischen und der französischen Gesandt- schaft sowie sämmtliche Tempel, die wir sahen, und wahrschein- lich alle Anlagen von Bedeutung in ihrer baulichen Disposition mit dem Gesicht nach Süden gewendet, was dem Ganzen etwas orga- nisches giebt.
Durch das mittelste Südthor der Chinesenstadt tritt man in eine breite Strasse, welche schnurgrade nach Norden laufend auf das Himmelsthor Tien-men stösst. In der Mitte ist sie zu
18) S. Ansichten aus Japan, China und Siam. VII.
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XVII. Die Gelbe und die Rothe Stadt.
sichern. Die Mauern sind 20 Fuss hoch, auf dem Wallgang
14 Fuss breit.
Innerhalb der tartarischen bildet die kaiserliche oder »Gelbe«
Stadt, Huaṅ-tsen, wieder ein mauerumschlossenes nach Norden län-
geres Reckteck. Ihre grössere westliche Hälfte füllen kaiserliche
Gärten aus, ein langgestrecktes Becken, das »Meer der Mitte« ein-
fassend, über welches eine prächtige Marmorbrücke führt. Die
östliche Hälfte enthält zusammenhängende Strassen mit vielen Tem-
peln und öffentlichen Gebäuden. Im Norden liegt, von Parkanlagen
bedeckt, der etwa 240 Fuss hohe »Kohlenhügel«, 18) der höchste
Punct von Pe-kiṅ, genau im Meridian des Himmelsthores Tien-
men, von welchem eine breite Steinbahn auf das Südthor der Gel-
ben und weiter auf das Südthor der Rothen, Verbotenen Stadt,
Huaṅ-tšan-ti-koṅ, führt. Letztere bildet, ein längliches Rechteck,
den Kern der Gelben Stadt und erstreckt sich nach Norden fast
bis zum Fuss des Kohlenhügels, von welchem sie der ihre Ring-
mauer bespülende Wassergraben trennt. Sowohl die Gelbe als
die Rothe Stadt haben je ein Thor nach jeder Himmelsrichtung.
Die Rothe »Verbotene« Stadt enthält, in weiten buschigen Gärten
versteckt, den kaiserlichen Palast mit zahlreichen Tempeln und
Hallen. Ihre Grundfläche soll 80, die der Gelben Stadt 606 Hectaren
betragen. — So ist die ganze Anlage der »Inneren Stadt« mit ge-
ringen Anomalieen symmetrisch: in der westlichen Hälfte der Gelben
Stadt ist die südliche Ecke rechtwinklig ausgeschnitten. Die Rothe
Stadt liegt innerhalb der Gelben, letztere innerhalb der Tartaren-
stadt nach Süden gedrängt. Nach dieser Himmelsgegend blickt
gewissermaassen ganz Pe-kiṅ, blicken die Hauptfaçaden der darin
eingeschachtelten Städte und des kaiserlichen Palastes im innersten
Kern. Trotz der verschiedensten Form und Lage der Grundstücke
sind auch die Paläste der englischen und der französischen Gesandt-
schaft sowie sämmtliche Tempel, die wir sahen, und wahrschein-
lich alle Anlagen von Bedeutung in ihrer baulichen Disposition mit
dem Gesicht nach Süden gewendet, was dem Ganzen etwas orga-
nisches giebt.
Durch das mittelste Südthor der Chinesenstadt tritt man
in eine breite Strasse, welche schnurgrade nach Norden laufend
auf das Himmelsthor Tien-men stösst. In der Mitte ist sie zu
18) S. Ansichten aus Japan, China und Siam. VII.
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/123>, abgerufen am 22.11.2024.
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