[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Berichte der Mandarinen. risirten auch die ländliche Bevölkerung der Insel dermaassen, dassdie Garnison von Tin-hae bald Mangel litt an frischen Nahrungs- mitteln. So brachen denn Seuchen aus, welche die Reihen der Engländer bedenklich lichteten. Die Statthalter der Küsten-Provinzen wetteiferten unterdess Dieser rüstete als Statthalter von Kian-su mit Eifer und 31) "Die Engländer," schreibt Letzterer, "sind ein verworfenes und geringes
Volk, das nur auf seine starken Schiffe und Geschütze pocht; aber die ungeheure Entfernung vom Vaterlande wird die Ergänzung der Vorräthe unmöglich machen; ihre Soldaten werden nach der ersten Niederlage, der Nahrungsmittel beraubt, den Muth verlieren. So wahr es ist, dass ihre Kanonen grosse Zerstörungen anrichten, werden sie doch für den Angriff unserer Häfen zu hoch liegen und wegen der Meereswellen nicht gerichtet werden können. Trotz dem Reichthum der Regierung ist das Volk zu arm, um zu den Kosten der Armee auf solche Entfernung beizu- steuern. Gesetzt auch, die Schiffe wären ihre Heimath, und dass sie Wind und Wetter darin trotzen, so gehen sie doch zu tief und werden ohne chinesische Lootsen sicher stranden, ehe sie den Küsten nahen. Wenn auch wasserdicht, so sind sie doch nicht feuerfest; wir können sie leicht verbrennen. Die Mannschaft wird den Verheerungen des Clima's unterliegen und allmälich aufgerieben werden. Am Ufer zu kämpfen sind ihre Soldaten zu ungelenk. Wir müssen die Zugänge in das Innere des Landes sperren und die grössten Kanonen an die Küsten bringen, um ihren Schiffen den schrecklichsten Empfang zu bereiten; zugleich müssen wir Fahrzeuge voll Strauchwerk, Oel, Schwefel und Salpeter bereit halten und sie, unter Lei- tung unserer Kriegsflotte, mit Wind und Fluth gegen ihre Schiffe treiben lassen. Brennen diese einmal, so können unsere Schiffe auf sie feuern und sie vernichten, ohne auch nur einen Mann zu verlieren." Berichte der Mandarinen. risirten auch die ländliche Bevölkerung der Insel dermaassen, dassdie Garnison von Tiṅ-hae bald Mangel litt an frischen Nahrungs- mitteln. So brachen denn Seuchen aus, welche die Reihen der Engländer bedenklich lichteten. Die Statthalter der Küsten-Provinzen wetteiferten unterdess Dieser rüstete als Statthalter von Kiaṅ-su mit Eifer und 31) »Die Engländer,« schreibt Letzterer, »sind ein verworfenes und geringes
Volk, das nur auf seine starken Schiffe und Geschütze pocht; aber die ungeheure Entfernung vom Vaterlande wird die Ergänzung der Vorräthe unmöglich machen; ihre Soldaten werden nach der ersten Niederlage, der Nahrungsmittel beraubt, den Muth verlieren. So wahr es ist, dass ihre Kanonen grosse Zerstörungen anrichten, werden sie doch für den Angriff unserer Häfen zu hoch liegen und wegen der Meereswellen nicht gerichtet werden können. Trotz dem Reichthum der Regierung ist das Volk zu arm, um zu den Kosten der Armee auf solche Entfernung beizu- steuern. Gesetzt auch, die Schiffe wären ihre Heimath, und dass sie Wind und Wetter darin trotzen, so gehen sie doch zu tief und werden ohne chinesische Lootsen sicher stranden, ehe sie den Küsten nahen. Wenn auch wasserdicht, so sind sie doch nicht feuerfest; wir können sie leicht verbrennen. Die Mannschaft wird den Verheerungen des Clima’s unterliegen und allmälich aufgerieben werden. Am Ufer zu kämpfen sind ihre Soldaten zu ungelenk. Wir müssen die Zugänge in das Innere des Landes sperren und die grössten Kanonen an die Küsten bringen, um ihren Schiffen den schrecklichsten Empfang zu bereiten; zugleich müssen wir Fahrzeuge voll Strauchwerk, Oel, Schwefel und Salpeter bereit halten und sie, unter Lei- tung unserer Kriegsflotte, mit Wind und Fluth gegen ihre Schiffe treiben lassen. Brennen diese einmal, so können unsere Schiffe auf sie feuern und sie vernichten, ohne auch nur einen Mann zu verlieren.« <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0099" n="77"/><fw place="top" type="header">Berichte der Mandarinen.</fw><lb/> risirten auch die ländliche Bevölkerung der Insel dermaassen, dass<lb/> die Garnison von <hi rendition="#k"><placeName>Tiṅ-hae</placeName></hi> bald Mangel litt an frischen Nahrungs-<lb/> mitteln. 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Wir müssen die Zugänge in das Innere<lb/> des Landes sperren und die grössten Kanonen an die Küsten bringen, um ihren<lb/> Schiffen den schrecklichsten Empfang zu bereiten; zugleich müssen wir Fahrzeuge<lb/> voll Strauchwerk, Oel, Schwefel und Salpeter bereit halten und sie, unter Lei-<lb/> tung unserer Kriegsflotte, mit Wind und Fluth gegen ihre Schiffe treiben lassen.<lb/> Brennen diese einmal, so können unsere Schiffe auf sie feuern und sie vernichten,<lb/> ohne auch nur einen Mann zu verlieren.«</note></p><lb/> <p>Dieser rüstete als Statthalter von <hi rendition="#k"><placeName>Kiaṅ-su</placeName></hi> mit Eifer und<lb/> schilderte die Engländer als eine verächtliche Räuberbande, welche<lb/> leicht vom Angesichte der Erde zu vertilgen sei. »Ich habe einen<lb/> früheren Commandeur der Flottenstation von <hi rendition="#k"><placeName>Tšu-san</placeName></hi> ersucht,«<lb/> schreibt er nach der Wegnahme, »die nöthigen Maassregeln zur<lb/> Wiedergewinnung der Insel zu treffen. 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Berichte der Mandarinen.
risirten auch die ländliche Bevölkerung der Insel dermaassen, dass
die Garnison von Tiṅ-hae bald Mangel litt an frischen Nahrungs-
mitteln. So brachen denn Seuchen aus, welche die Reihen der
Engländer bedenklich lichteten.
Die Statthalter der Küsten-Provinzen wetteiferten unterdess
in grossmäuligen Berichten nach Pe-kiṅ, besonders Teṅ, der vorher
als Gouverneur von Kuaṅ-tuṅ dem Opiumhandel thätigen Vor-
schub geleistet haben soll, und Yu-kien, ein grausamer Mongole,
der sich in Turkestan einen Namen gemacht hatte. 31)
Dieser rüstete als Statthalter von Kiaṅ-su mit Eifer und
schilderte die Engländer als eine verächtliche Räuberbande, welche
leicht vom Angesichte der Erde zu vertilgen sei. »Ich habe einen
früheren Commandeur der Flottenstation von Tšu-san ersucht,«
schreibt er nach der Wegnahme, »die nöthigen Maassregeln zur
Wiedergewinnung der Insel zu treffen. Zu dem Ende wird er sich
verkleidet dahin begeben und die Stellung des Feindes erforschen.
Dieser wird natürlich seine Streitkräfte vertheilt haben, um die
wichtigsten Punkte zu besetzen, und unsre Soldaten können, sobald
ihre Anzahl genügt, in der Stadt über sie herfallen und dieselbe
wieder in Besitz nehmen u. s. w.« Ferner: »Da die Barbaren jetzt
furchtsam in den Meeren von Tše-kiaṅ herumirren, so werden sie
nach ihrer Niederlage in jener Provinz wahrscheinlich auch unsre
31) »Die Engländer,« schreibt Letzterer, »sind ein verworfenes und geringes
Volk, das nur auf seine starken Schiffe und Geschütze pocht; aber die ungeheure
Entfernung vom Vaterlande wird die Ergänzung der Vorräthe unmöglich machen;
ihre Soldaten werden nach der ersten Niederlage, der Nahrungsmittel beraubt, den
Muth verlieren. So wahr es ist, dass ihre Kanonen grosse Zerstörungen anrichten,
werden sie doch für den Angriff unserer Häfen zu hoch liegen und wegen der
Meereswellen nicht gerichtet werden können. Trotz dem Reichthum der Regierung
ist das Volk zu arm, um zu den Kosten der Armee auf solche Entfernung beizu-
steuern. Gesetzt auch, die Schiffe wären ihre Heimath, und dass sie Wind und
Wetter darin trotzen, so gehen sie doch zu tief und werden ohne chinesische Lootsen
sicher stranden, ehe sie den Küsten nahen. Wenn auch wasserdicht, so sind sie
doch nicht feuerfest; wir können sie leicht verbrennen. Die Mannschaft wird den
Verheerungen des Clima’s unterliegen und allmälich aufgerieben werden. Am Ufer
zu kämpfen sind ihre Soldaten zu ungelenk. Wir müssen die Zugänge in das Innere
des Landes sperren und die grössten Kanonen an die Küsten bringen, um ihren
Schiffen den schrecklichsten Empfang zu bereiten; zugleich müssen wir Fahrzeuge
voll Strauchwerk, Oel, Schwefel und Salpeter bereit halten und sie, unter Lei-
tung unserer Kriegsflotte, mit Wind und Fluth gegen ihre Schiffe treiben lassen.
Brennen diese einmal, so können unsere Schiffe auf sie feuern und sie vernichten,
ohne auch nur einen Mann zu verlieren.«
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