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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Gewaltthaten der Schmuggler.
Cajüten ein. Alle Kunstgriffe der Schmeichelei, Bestechung und
Einschüchterung blieben erfolglos; die Wachsamkeit der Behörden
vereitelte jedes Geschäft. Man hatte wohl nicht erwogen, dass
ausserhalb Kuan-tun aller Handel mit Fremden verboten war,
dass also den Mandarinen jeder Deckmantel der Connivenz fehlte.
Der Amherst brachte den grössten Theil seiner Ladung nach
Kan-ton zurück; Einiges hatte man verschenkt, verkauft fast gar
nichts; der Verlust an dem Unternehmen war bedeutend. Von den
Directoren der Compagnie wurde dasselbe getadelt, und besonders
scharf gerügt, dass die Leiter und Theilnehmer sich falsche Namen
beigelegt hatten; "denn solche Aufführung passe schlecht zu den
Beschwerden über die Doppelzüngigkeit der Chinesen, und sei ganz
und gar ungesetzlich".

Gegen Ende des Jahres 1833 kam es zwischen den engli-
schen Schmugglern und den Chinesen von Lin-tin zu blutigen
Kämpfen; ein Chinese wurde erschossen.20) Seine Gefährten mor-
deten aus Rache einen gefangenen Lascaren. Nun rückten die
bewaffneten Boote der Opium-Schiffe zu förmlichem Angriff auf
das nächste Dorf vor, erhielten aber ein so mörderisches Feuer,
dass sie umkehren mussten. -- Das war einer von vielen Fällen.
Seeraub, Gewalt und Verbrechen jeder Art wurden straflos von
den frechen Abenteurern verübt, die allen Leidenschaften freies
Spiel gaben und sich in schrankenloser Willkür gefielen. In
Kan-ton scheint man den sittlichen Maassstab für dieses Treiben
verloren zu haben; die angesehensten Kaufleute waren am Opium-
Handel betheiligt; englische Unterthanen durften sich öffentlich
rühmen, das Haus eines Mandarinen angesteckt zu haben.

Vor der vom englischen Parlamente 1830 zu Berichterstattung
eingesetzten Commission erklärten die besten Kenner der Zustände in
Kan-ton, dass eine starke Zunahme des Schleichhandels und seiner
schlimmen Folgen zu erwarten sei, wenn den Beamten der ostindischen
Compagnie die Aufsicht über den gesetzlichen Handel entzogen würde;

20) Die Verwandten des getödteten Chinesen forderten von den Behörden Genug-
thuung; das Ereigniss war aber mit dem Opium-Handel verknüpft und musste ver-
schwiegen werden. Um die Verwandten zu beschwichtigen, mietheten nun die Hon-
Kaufleute einen englischen Vagabunden in Macao, welcher sich für den Schuldigen
ausgab. Er sollte eine Zeit lang gefangen bleiben, in der Haft eine Geschichte
erzählen, welche gegen die verbrecherische Absicht zeugte, und dann freigesprochen
werden. So geschah es auch trotz dem Proteste des Ausschusses gegen solches Ver-
fahren, in welches der Vice-König selbst gewilligt hatte.

Gewaltthaten der Schmuggler.
Cajüten ein. Alle Kunstgriffe der Schmeichelei, Bestechung und
Einschüchterung blieben erfolglos; die Wachsamkeit der Behörden
vereitelte jedes Geschäft. Man hatte wohl nicht erwogen, dass
ausserhalb Kuaṅ-tuṅ aller Handel mit Fremden verboten war,
dass also den Mandarinen jeder Deckmantel der Connivenz fehlte.
Der Amherst brachte den grössten Theil seiner Ladung nach
Kan-ton zurück; Einiges hatte man verschenkt, verkauft fast gar
nichts; der Verlust an dem Unternehmen war bedeutend. Von den
Directoren der Compagnie wurde dasselbe getadelt, und besonders
scharf gerügt, dass die Leiter und Theilnehmer sich falsche Namen
beigelegt hatten; »denn solche Aufführung passe schlecht zu den
Beschwerden über die Doppelzüngigkeit der Chinesen, und sei ganz
und gar ungesetzlich«.

Gegen Ende des Jahres 1833 kam es zwischen den engli-
schen Schmugglern und den Chinesen von Lin-tin zu blutigen
Kämpfen; ein Chinese wurde erschossen.20) Seine Gefährten mor-
deten aus Rache einen gefangenen Lascaren. Nun rückten die
bewaffneten Boote der Opium-Schiffe zu förmlichem Angriff auf
das nächste Dorf vor, erhielten aber ein so mörderisches Feuer,
dass sie umkehren mussten. — Das war einer von vielen Fällen.
Seeraub, Gewalt und Verbrechen jeder Art wurden straflos von
den frechen Abenteurern verübt, die allen Leidenschaften freies
Spiel gaben und sich in schrankenloser Willkür gefielen. In
Kan-ton scheint man den sittlichen Maassstab für dieses Treiben
verloren zu haben; die angesehensten Kaufleute waren am Opium-
Handel betheiligt; englische Unterthanen durften sich öffentlich
rühmen, das Haus eines Mandarinen angesteckt zu haben.

Vor der vom englischen Parlamente 1830 zu Berichterstattung
eingesetzten Commission erklärten die besten Kenner der Zustände in
Kan-ton, dass eine starke Zunahme des Schleichhandels und seiner
schlimmen Folgen zu erwarten sei, wenn den Beamten der ostindischen
Compagnie die Aufsicht über den gesetzlichen Handel entzogen würde;

20) Die Verwandten des getödteten Chinesen forderten von den Behörden Genug-
thuung; das Ereigniss war aber mit dem Opium-Handel verknüpft und musste ver-
schwiegen werden. Um die Verwandten zu beschwichtigen, mietheten nun die Hoṅ-
Kaufleute einen englischen Vagabunden in Macao, welcher sich für den Schuldigen
ausgab. Er sollte eine Zeit lang gefangen bleiben, in der Haft eine Geschichte
erzählen, welche gegen die verbrecherische Absicht zeugte, und dann freigesprochen
werden. So geschah es auch trotz dem Proteste des Ausschusses gegen solches Ver-
fahren, in welches der Vice-König selbst gewilligt hatte.
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[58/0080] Gewaltthaten der Schmuggler. Cajüten ein. Alle Kunstgriffe der Schmeichelei, Bestechung und Einschüchterung blieben erfolglos; die Wachsamkeit der Behörden vereitelte jedes Geschäft. Man hatte wohl nicht erwogen, dass ausserhalb Kuaṅ-tuṅ aller Handel mit Fremden verboten war, dass also den Mandarinen jeder Deckmantel der Connivenz fehlte. Der Amherst brachte den grössten Theil seiner Ladung nach Kan-ton zurück; Einiges hatte man verschenkt, verkauft fast gar nichts; der Verlust an dem Unternehmen war bedeutend. Von den Directoren der Compagnie wurde dasselbe getadelt, und besonders scharf gerügt, dass die Leiter und Theilnehmer sich falsche Namen beigelegt hatten; »denn solche Aufführung passe schlecht zu den Beschwerden über die Doppelzüngigkeit der Chinesen, und sei ganz und gar ungesetzlich«. Gegen Ende des Jahres 1833 kam es zwischen den engli- schen Schmugglern und den Chinesen von Lin-tin zu blutigen Kämpfen; ein Chinese wurde erschossen. 20) Seine Gefährten mor- deten aus Rache einen gefangenen Lascaren. Nun rückten die bewaffneten Boote der Opium-Schiffe zu förmlichem Angriff auf das nächste Dorf vor, erhielten aber ein so mörderisches Feuer, dass sie umkehren mussten. — Das war einer von vielen Fällen. Seeraub, Gewalt und Verbrechen jeder Art wurden straflos von den frechen Abenteurern verübt, die allen Leidenschaften freies Spiel gaben und sich in schrankenloser Willkür gefielen. In Kan-ton scheint man den sittlichen Maassstab für dieses Treiben verloren zu haben; die angesehensten Kaufleute waren am Opium- Handel betheiligt; englische Unterthanen durften sich öffentlich rühmen, das Haus eines Mandarinen angesteckt zu haben. Vor der vom englischen Parlamente 1830 zu Berichterstattung eingesetzten Commission erklärten die besten Kenner der Zustände in Kan-ton, dass eine starke Zunahme des Schleichhandels und seiner schlimmen Folgen zu erwarten sei, wenn den Beamten der ostindischen Compagnie die Aufsicht über den gesetzlichen Handel entzogen würde; 20) Die Verwandten des getödteten Chinesen forderten von den Behörden Genug- thuung; das Ereigniss war aber mit dem Opium-Handel verknüpft und musste ver- schwiegen werden. Um die Verwandten zu beschwichtigen, mietheten nun die Hoṅ- Kaufleute einen englischen Vagabunden in Macao, welcher sich für den Schuldigen ausgab. Er sollte eine Zeit lang gefangen bleiben, in der Haft eine Geschichte erzählen, welche gegen die verbrecherische Absicht zeugte, und dann freigesprochen werden. So geschah es auch trotz dem Proteste des Ausschusses gegen solches Ver- fahren, in welches der Vice-König selbst gewilligt hatte.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/80>, abgerufen am 26.11.2024.