Schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts führten die Conflicte 1727.häufig zu Sperrungen des Handels; 1727 forderten die Engländer zuerst Befreiung von den unerträglichen Lasten. Ausser dem sogenannten "Geschenk" von 1950 Tael, das jedes Schiff neben den ansehnlichen Hafengebühren erlegen musste, hatten die Chi- nesen den Handel mit einer Werthsteuer von 16 Procent belastet und für die Verproviantirung der Schiffe schwere Abgaben gefor- dert. -- Anfangs ertheilten sie einem einzigen Kantonesen, den sie den "kaiserlichen Kaufmann" nannten, später mehreren "Hon-Kauf- leuten" das Recht des Handels mit den Ausländern. Diese Monopol- Kaufleute wollten sich nun zu einem "Hon", einer Compagnie-Firma, vereinigen, um die Fremden nach Willkür drücken zu können, wogegen letztere sich mit gutem Erfolg beim Vicekönig von Kuan-tun verwahrten. In den übrigen Punkten wurde auf die Drohung, den Handel nach A-moi oder einer anderen Küstenstadt 1728.zu verlegen, Abhülfe versprochen, aber nicht geleistet. 1728 belegte man sogar die Ausfuhr der ostindischen Compagnie mit einer neuen Steuer von 10 Procent. Das Monopol der Gesellschaft erstreckte sich nämlich nur auf den directen Handel mit England, nicht auf den Handel zwischen China und Ostindien, welcher ganz frei war. Die sogenannten "country-ships", welche letzteren vermittel- ten, pflegten nun reiche Ladungen von Rohmaterial aus Indien und der Malacca-Strasse nach Kan-ton zu bringen, während die euro- päischen Compagnie-Schiffe wenig importirten. Da nun aus der Einfuhr der "country-ships" bedeutende Abgaben in die kaiserlichen Kassen flossen, aus der der Compagnie-Schiffe aber fast gar keine, so fanden die Chinesen billig, deren Ausfuhr recht hoch zu besteuern.
In den nächsten Jahren scheint sich der Zustand kaum 1734.gebessert zu haben; 1734 sandte die Compagnie nur ein Schiff nach Kan-ton. Ein anderes, der Grafton, wurde versuchsweise nach A-moi geschickt; die dortigen Mandarinen waren aber noch raub- süchtiger als die in Kan-ton; chinesische Kaufleute, die nicht mit ihnen verbündet waren, durften gar nicht mit den Engländern ver- kehren, und der Grafton segelte schliesslich nach Kan-ton zu- 1736.rück. -- Aehnlich ging es 1736 dem Compagnie-Schiff Normanton in Nin-po; die Mandarinen verlangten das Unmögliche und der Nor- manton ging ebenfalls nach Kan-ton.
Kien-lon erliess den Fremden bald nach seiner Thron- besteigung den Ausfuhrzoll von 10 Procent und das sogenannte
Entwickelung des Handels in Kan-ton.
Schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts führten die Conflicte 1727.häufig zu Sperrungen des Handels; 1727 forderten die Engländer zuerst Befreiung von den unerträglichen Lasten. Ausser dem sogenannten »Geschenk« von 1950 Tael, das jedes Schiff neben den ansehnlichen Hafengebühren erlegen musste, hatten die Chi- nesen den Handel mit einer Werthsteuer von 16 Procent belastet und für die Verproviantirung der Schiffe schwere Abgaben gefor- dert. — Anfangs ertheilten sie einem einzigen Kantonesen, den sie den »kaiserlichen Kaufmann« nannten, später mehreren »Hoṅ-Kauf- leuten« das Recht des Handels mit den Ausländern. Diese Monopol- Kaufleute wollten sich nun zu einem »Hoṅ«, einer Compagnie-Firma, vereinigen, um die Fremden nach Willkür drücken zu können, wogegen letztere sich mit gutem Erfolg beim Vicekönig von Kuaṅ-tuṅ verwahrten. In den übrigen Punkten wurde auf die Drohung, den Handel nach A-moi oder einer anderen Küstenstadt 1728.zu verlegen, Abhülfe versprochen, aber nicht geleistet. 1728 belegte man sogar die Ausfuhr der ostindischen Compagnie mit einer neuen Steuer von 10 Procent. Das Monopol der Gesellschaft erstreckte sich nämlich nur auf den directen Handel mit England, nicht auf den Handel zwischen China und Ostindien, welcher ganz frei war. Die sogenannten »country-ships«, welche letzteren vermittel- ten, pflegten nun reiche Ladungen von Rohmaterial aus Indien und der Malacca-Strasse nach Kan-ton zu bringen, während die euro- päischen Compagnie-Schiffe wenig importirten. Da nun aus der Einfuhr der »country-ships« bedeutende Abgaben in die kaiserlichen Kassen flossen, aus der der Compagnie-Schiffe aber fast gar keine, so fanden die Chinesen billig, deren Ausfuhr recht hoch zu besteuern.
In den nächsten Jahren scheint sich der Zustand kaum 1734.gebessert zu haben; 1734 sandte die Compagnie nur ein Schiff nach Kan-ton. Ein anderes, der Grafton, wurde versuchsweise nach A-moi geschickt; die dortigen Mandarinen waren aber noch raub- süchtiger als die in Kan-ton; chinesische Kaufleute, die nicht mit ihnen verbündet waren, durften gar nicht mit den Engländern ver- kehren, und der Grafton segelte schliesslich nach Kan-ton zu- 1736.rück. — Aehnlich ging es 1736 dem Compagnie-Schiff Normanton in Niṅ-po; die Mandarinen verlangten das Unmögliche und der Nor- manton ging ebenfalls nach Kan-ton.
Kien-loṅ erliess den Fremden bald nach seiner Thron- besteigung den Ausfuhrzoll von 10 Procent und das sogenannte
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Entwickelung des Handels in Kan-ton.
Schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts führten die Conflicte
häufig zu Sperrungen des Handels; 1727 forderten die Engländer
zuerst Befreiung von den unerträglichen Lasten. Ausser dem
sogenannten »Geschenk« von 1950 Tael, das jedes Schiff neben
den ansehnlichen Hafengebühren erlegen musste, hatten die Chi-
nesen den Handel mit einer Werthsteuer von 16 Procent belastet
und für die Verproviantirung der Schiffe schwere Abgaben gefor-
dert. — Anfangs ertheilten sie einem einzigen Kantonesen, den sie
den »kaiserlichen Kaufmann« nannten, später mehreren »Hoṅ-Kauf-
leuten« das Recht des Handels mit den Ausländern. Diese Monopol-
Kaufleute wollten sich nun zu einem »Hoṅ«, einer Compagnie-Firma,
vereinigen, um die Fremden nach Willkür drücken zu können,
wogegen letztere sich mit gutem Erfolg beim Vicekönig von
Kuaṅ-tuṅ verwahrten. In den übrigen Punkten wurde auf die
Drohung, den Handel nach A-moi oder einer anderen Küstenstadt
zu verlegen, Abhülfe versprochen, aber nicht geleistet. 1728 belegte
man sogar die Ausfuhr der ostindischen Compagnie mit einer neuen
Steuer von 10 Procent. Das Monopol der Gesellschaft erstreckte
sich nämlich nur auf den directen Handel mit England, nicht
auf den Handel zwischen China und Ostindien, welcher ganz frei
war. Die sogenannten »country-ships«, welche letzteren vermittel-
ten, pflegten nun reiche Ladungen von Rohmaterial aus Indien und
der Malacca-Strasse nach Kan-ton zu bringen, während die euro-
päischen Compagnie-Schiffe wenig importirten. Da nun aus der
Einfuhr der »country-ships« bedeutende Abgaben in die kaiserlichen
Kassen flossen, aus der der Compagnie-Schiffe aber fast gar keine,
so fanden die Chinesen billig, deren Ausfuhr recht hoch zu besteuern.
1727.
1728.
In den nächsten Jahren scheint sich der Zustand kaum
gebessert zu haben; 1734 sandte die Compagnie nur ein Schiff nach
Kan-ton. Ein anderes, der Grafton, wurde versuchsweise nach
A-moi geschickt; die dortigen Mandarinen waren aber noch raub-
süchtiger als die in Kan-ton; chinesische Kaufleute, die nicht mit
ihnen verbündet waren, durften gar nicht mit den Engländern ver-
kehren, und der Grafton segelte schliesslich nach Kan-ton zu-
rück. — Aehnlich ging es 1736 dem Compagnie-Schiff Normanton
in Niṅ-po; die Mandarinen verlangten das Unmögliche und der Nor-
manton ging ebenfalls nach Kan-ton.
1734.
1736.
Kien-loṅ erliess den Fremden bald nach seiner Thron-
besteigung den Ausfuhrzoll von 10 Procent und das sogenannte
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/50>, abgerufen am 12.12.2024.
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