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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Badehäuser, Theegarten. XIII.
verschenken; das gilt für die grösste Wohlthat. In den Werk-
stätten des Hauses zimmerte man sie aus festen vierzölligen Boh-
len; -- so stark und gut verpicht müssen sie sein, denn der Chi-
nese behält seine abgeschiedenen Lieben möglichst lange, oft Jahre
lang, im Hause, und stellt dann den Sarg, wenn ein passender
Platz oder die Mittel zum Begräbniss fehlen, auf freiem Felde
aus. -- In einer mit dieser Anstalt verbundenen Schulstube stand
ein Götzenbild, vor welchem jedes eintretende Kind sich verbeugte,
ein Genius der Wissenschaften, dem zu Ehren der Ofen der Schul-
stube nur mit bedrucktem Papier geheizt wurde. Stösse von Ma-
culatur lagen im Hofe; mehrere Sammler lieferten den gelehrten
Brennstoff.

Schrecklich sind die Badehäuser; man prallt zurück vor
Qualm und Dunst. Die auf dem Steinboden des Baderaumes sitzen-
den nackten Gestalten wurden mit fast siedend heissem Wasser
begossen; in den ärmlichen Vorzimmern kleidete, kämmte, rasirte
man sich. Reinlicher schienen die anstossenden Gemächer, wo
nach dem Bade heisser Thee in kleinen Schalen gereicht wurde.

Als Muster mittelchinesischer Bau- und Gartenkunst ist der
sogenannte Theegarten in Shang-hae sehenswerth. Früher Som-
mer-Residenz des Tau-tae diente die Anlage damals als Cantonne-
ment französischer Truppen. Zum Hauptgebäude, das in der Mitte
eines grossen Teiches steht, führt in grilligem Zickzack eine schmale
Brücke; die Nebengebäude, meist Pavillons mit geschwungenen
Dächern und phantastischem Schnörkelzierrath, liegen unregel-
mässig zerstreut in den steifen Anlagen, welche mit künstlichen
Felsen, Brückchen und anderen Spielereien prangen. -- In den
besten Gebäuden bestehen die Fensterscheiben aus durchsichtigen
Platten von Austerschale.

Die chinesische Bevölkerung von Shang-hae schätzte man
1861 auf 200,000, nämlich etwa 70,000 innerhalb der Ringmauer,
100,000 in den Vorstädten, 25 bis 30,000 in der Fremden-Nieder-
lassung. Dem Europäer scheinen diese und andere Schätzungen
chinesischer Bevölkerungen im Verhältniss zum Areal und zur Häu-
serzahl übertrieben; sie sollen aber auf sicheren Angaben beruhen;
man wohnt in China gedrängter als anderswo. Die Nähe der
Tae-pin brachte häufige Schwankungen in die Volkszahl von
Shang-hae; viele Bürger flohen vor ihnen aus der Stadt, zahl-
reiche Landbewohner flüchteten hinein. Auch vor den kaiserlichen

Badehäuser, Theegarten. XIII.
verschenken; das gilt für die grösste Wohlthat. In den Werk-
stätten des Hauses zimmerte man sie aus festen vierzölligen Boh-
len; — so stark und gut verpicht müssen sie sein, denn der Chi-
nese behält seine abgeschiedenen Lieben möglichst lange, oft Jahre
lang, im Hause, und stellt dann den Sarg, wenn ein passender
Platz oder die Mittel zum Begräbniss fehlen, auf freiem Felde
aus. — In einer mit dieser Anstalt verbundenen Schulstube stand
ein Götzenbild, vor welchem jedes eintretende Kind sich verbeugte,
ein Genius der Wissenschaften, dem zu Ehren der Ofen der Schul-
stube nur mit bedrucktem Papier geheizt wurde. Stösse von Ma-
culatur lagen im Hofe; mehrere Sammler lieferten den gelehrten
Brennstoff.

Schrecklich sind die Badehäuser; man prallt zurück vor
Qualm und Dunst. Die auf dem Steinboden des Baderaumes sitzen-
den nackten Gestalten wurden mit fast siedend heissem Wasser
begossen; in den ärmlichen Vorzimmern kleidete, kämmte, rasirte
man sich. Reinlicher schienen die anstossenden Gemächer, wo
nach dem Bade heisser Thee in kleinen Schalen gereicht wurde.

Als Muster mittelchinesischer Bau- und Gartenkunst ist der
sogenannte Theegarten in Shang-hae sehenswerth. Früher Som-
mer-Residenz des Tau-tae diente die Anlage damals als Cantonne-
ment französischer Truppen. Zum Hauptgebäude, das in der Mitte
eines grossen Teiches steht, führt in grilligem Zickzack eine schmale
Brücke; die Nebengebäude, meist Pavillons mit geschwungenen
Dächern und phantastischem Schnörkelzierrath, liegen unregel-
mässig zerstreut in den steifen Anlagen, welche mit künstlichen
Felsen, Brückchen und anderen Spielereien prangen. — In den
besten Gebäuden bestehen die Fensterscheiben aus durchsichtigen
Platten von Austerschale.

Die chinesische Bevölkerung von Shang-hae schätzte man
1861 auf 200,000, nämlich etwa 70,000 innerhalb der Ringmauer,
100,000 in den Vorstädten, 25 bis 30,000 in der Fremden-Nieder-
lassung. Dem Europäer scheinen diese und andere Schätzungen
chinesischer Bevölkerungen im Verhältniss zum Areal und zur Häu-
serzahl übertrieben; sie sollen aber auf sicheren Angaben beruhen;
man wohnt in China gedrängter als anderswo. Die Nähe der
Tae-piṅ brachte häufige Schwankungen in die Volkszahl von
Shang-hae; viele Bürger flohen vor ihnen aus der Stadt, zahl-
reiche Landbewohner flüchteten hinein. Auch vor den kaiserlichen

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[384/0406] Badehäuser, Theegarten. XIII. verschenken; das gilt für die grösste Wohlthat. In den Werk- stätten des Hauses zimmerte man sie aus festen vierzölligen Boh- len; — so stark und gut verpicht müssen sie sein, denn der Chi- nese behält seine abgeschiedenen Lieben möglichst lange, oft Jahre lang, im Hause, und stellt dann den Sarg, wenn ein passender Platz oder die Mittel zum Begräbniss fehlen, auf freiem Felde aus. — In einer mit dieser Anstalt verbundenen Schulstube stand ein Götzenbild, vor welchem jedes eintretende Kind sich verbeugte, ein Genius der Wissenschaften, dem zu Ehren der Ofen der Schul- stube nur mit bedrucktem Papier geheizt wurde. Stösse von Ma- culatur lagen im Hofe; mehrere Sammler lieferten den gelehrten Brennstoff. Schrecklich sind die Badehäuser; man prallt zurück vor Qualm und Dunst. Die auf dem Steinboden des Baderaumes sitzen- den nackten Gestalten wurden mit fast siedend heissem Wasser begossen; in den ärmlichen Vorzimmern kleidete, kämmte, rasirte man sich. Reinlicher schienen die anstossenden Gemächer, wo nach dem Bade heisser Thee in kleinen Schalen gereicht wurde. Als Muster mittelchinesischer Bau- und Gartenkunst ist der sogenannte Theegarten in Shang-hae sehenswerth. Früher Som- mer-Residenz des Tau-tae diente die Anlage damals als Cantonne- ment französischer Truppen. Zum Hauptgebäude, das in der Mitte eines grossen Teiches steht, führt in grilligem Zickzack eine schmale Brücke; die Nebengebäude, meist Pavillons mit geschwungenen Dächern und phantastischem Schnörkelzierrath, liegen unregel- mässig zerstreut in den steifen Anlagen, welche mit künstlichen Felsen, Brückchen und anderen Spielereien prangen. — In den besten Gebäuden bestehen die Fensterscheiben aus durchsichtigen Platten von Austerschale. Die chinesische Bevölkerung von Shang-hae schätzte man 1861 auf 200,000, nämlich etwa 70,000 innerhalb der Ringmauer, 100,000 in den Vorstädten, 25 bis 30,000 in der Fremden-Nieder- lassung. Dem Europäer scheinen diese und andere Schätzungen chinesischer Bevölkerungen im Verhältniss zum Areal und zur Häu- serzahl übertrieben; sie sollen aber auf sicheren Angaben beruhen; man wohnt in China gedrängter als anderswo. Die Nähe der Tae-piṅ brachte häufige Schwankungen in die Volkszahl von Shang-hae; viele Bürger flohen vor ihnen aus der Stadt, zahl- reiche Landbewohner flüchteten hinein. Auch vor den kaiserlichen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/406>, abgerufen am 23.11.2024.