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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Stellung der Fremden.
Handels führten; die Vortheile desselben waren aber auf beiden Seiten
so gross, dass Wege zur Einigung immer wieder gesucht und
gefunden wurden. Wollten die Ausländer willkürlichen Ueber-
griffen entgegentreten und sich des despotischen Verfahrens der
chinesischen Justiz erwehren, so sperrten die Mandarinen gleich-
falls den Handel; der Gewalt gegenüber waren Jene einzig auf
innere Tüchtigkeit angewiesen. Die Rohheit und der Nationalhass
der Schiffsmannschaften in Wam-poa und Kan-ton erzeugten oft
blutige Händel der Seeleute unter sich und mit der chinesischen
Bevölkerung, aus welchen den Handelsvorstehern schlimme Ver-
legenheiten erwuchsen. Vom europäischen Völkerrecht hatten die
Chinesen keine Ahnung; sie betrachteten alle Fremden als Unter-
thanen des Himmelssohnes und glaubten sich berechtigt, gegen
deren Vergehen mit der landesüblichen Grausamkeit zu verfahren,
die Blut für Blut fordert und auch den Schuldlosen trifft. So fiel
in Kan-ton mancher Unschuldige unter dem Schwerte des chinesi-
schen Henkers, ein Opfer der Habgier und Schwäche seiner Lands-
leute, die ihn lieber auslieferten, als den Vortheil des Handels ent-
behrten. Am häufigsten fehlten darin die Portugiesen, welche eher
jede Schmach ertrugen, als die Freundschaft der Mandarinen auf
das Spiel setzten.

Die Portugiesen konnten niemals verwinden, dass sie den
Handel mit anderen Völkern theilen mussten, dessen Vortheile sie
so lange allein genossen; ihre eifersüchtigen Ränke, das Con-
spiriren mit den Mandarinen gegen die anderen Nationen dauerten
bis in dieses Jahrhundert. Ganz ist wohl keines der seefahrenden
Völker von dem Vorwurf freizusprechen, dass es in China seine
Ehre dem Vortheil opferte. Den Engländern aber, deren Handel
bald jeden anderen überflügelte, gebührt trotz vielen Missgriffen der
Ruhm, zuerst der Willkür würdig begegnet zu sein und der Gesittung
des Westens die gebührende Stellung in China erkämpft zu haben.

Eine zusammenhängende Darstellung derjenigen Periode,
welche mit dem Jahre 1834 abschliesst, wäre eine dankenswerthe
Arbeit, wenn sie die Verfassung der verschiedenen Handelsgesell-
schaften, die Einrichtung des fremden Gemeinwesens in Kan-ton,
seine Beziehungen zu den Chinesen, die Art des Geschäftsbetriebes,
kurz die ganze Gestaltung und die Wandlungen des Verkehrs in
klares Licht setzte. Vielleicht gingen die wichtigsten Fundgruben
für solche Arbeit beim Brande der Factoreien mit deren Archiven

Die Stellung der Fremden.
Handels führten; die Vortheile desselben waren aber auf beiden Seiten
so gross, dass Wege zur Einigung immer wieder gesucht und
gefunden wurden. Wollten die Ausländer willkürlichen Ueber-
griffen entgegentreten und sich des despotischen Verfahrens der
chinesischen Justiz erwehren, so sperrten die Mandarinen gleich-
falls den Handel; der Gewalt gegenüber waren Jene einzig auf
innere Tüchtigkeit angewiesen. Die Rohheit und der Nationalhass
der Schiffsmannschaften in Wam-poa und Kan-ton erzeugten oft
blutige Händel der Seeleute unter sich und mit der chinesischen
Bevölkerung, aus welchen den Handelsvorstehern schlimme Ver-
legenheiten erwuchsen. Vom europäischen Völkerrecht hatten die
Chinesen keine Ahnung; sie betrachteten alle Fremden als Unter-
thanen des Himmelssohnes und glaubten sich berechtigt, gegen
deren Vergehen mit der landesüblichen Grausamkeit zu verfahren,
die Blut für Blut fordert und auch den Schuldlosen trifft. So fiel
in Kan-ton mancher Unschuldige unter dem Schwerte des chinesi-
schen Henkers, ein Opfer der Habgier und Schwäche seiner Lands-
leute, die ihn lieber auslieferten, als den Vortheil des Handels ent-
behrten. Am häufigsten fehlten darin die Portugiesen, welche eher
jede Schmach ertrugen, als die Freundschaft der Mandarinen auf
das Spiel setzten.

Die Portugiesen konnten niemals verwinden, dass sie den
Handel mit anderen Völkern theilen mussten, dessen Vortheile sie
so lange allein genossen; ihre eifersüchtigen Ränke, das Con-
spiriren mit den Mandarinen gegen die anderen Nationen dauerten
bis in dieses Jahrhundert. Ganz ist wohl keines der seefahrenden
Völker von dem Vorwurf freizusprechen, dass es in China seine
Ehre dem Vortheil opferte. Den Engländern aber, deren Handel
bald jeden anderen überflügelte, gebührt trotz vielen Missgriffen der
Ruhm, zuerst der Willkür würdig begegnet zu sein und der Gesittung
des Westens die gebührende Stellung in China erkämpft zu haben.

Eine zusammenhängende Darstellung derjenigen Periode,
welche mit dem Jahre 1834 abschliesst, wäre eine dankenswerthe
Arbeit, wenn sie die Verfassung der verschiedenen Handelsgesell-
schaften, die Einrichtung des fremden Gemeinwesens in Kan-ton,
seine Beziehungen zu den Chinesen, die Art des Geschäftsbetriebes,
kurz die ganze Gestaltung und die Wandlungen des Verkehrs in
klares Licht setzte. Vielleicht gingen die wichtigsten Fundgruben
für solche Arbeit beim Brande der Factoreien mit deren Archiven

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[16/0038] Die Stellung der Fremden. Handels führten; die Vortheile desselben waren aber auf beiden Seiten so gross, dass Wege zur Einigung immer wieder gesucht und gefunden wurden. Wollten die Ausländer willkürlichen Ueber- griffen entgegentreten und sich des despotischen Verfahrens der chinesischen Justiz erwehren, so sperrten die Mandarinen gleich- falls den Handel; der Gewalt gegenüber waren Jene einzig auf innere Tüchtigkeit angewiesen. Die Rohheit und der Nationalhass der Schiffsmannschaften in Wam-poa und Kan-ton erzeugten oft blutige Händel der Seeleute unter sich und mit der chinesischen Bevölkerung, aus welchen den Handelsvorstehern schlimme Ver- legenheiten erwuchsen. Vom europäischen Völkerrecht hatten die Chinesen keine Ahnung; sie betrachteten alle Fremden als Unter- thanen des Himmelssohnes und glaubten sich berechtigt, gegen deren Vergehen mit der landesüblichen Grausamkeit zu verfahren, die Blut für Blut fordert und auch den Schuldlosen trifft. So fiel in Kan-ton mancher Unschuldige unter dem Schwerte des chinesi- schen Henkers, ein Opfer der Habgier und Schwäche seiner Lands- leute, die ihn lieber auslieferten, als den Vortheil des Handels ent- behrten. Am häufigsten fehlten darin die Portugiesen, welche eher jede Schmach ertrugen, als die Freundschaft der Mandarinen auf das Spiel setzten. Die Portugiesen konnten niemals verwinden, dass sie den Handel mit anderen Völkern theilen mussten, dessen Vortheile sie so lange allein genossen; ihre eifersüchtigen Ränke, das Con- spiriren mit den Mandarinen gegen die anderen Nationen dauerten bis in dieses Jahrhundert. Ganz ist wohl keines der seefahrenden Völker von dem Vorwurf freizusprechen, dass es in China seine Ehre dem Vortheil opferte. Den Engländern aber, deren Handel bald jeden anderen überflügelte, gebührt trotz vielen Missgriffen der Ruhm, zuerst der Willkür würdig begegnet zu sein und der Gesittung des Westens die gebührende Stellung in China erkämpft zu haben. Eine zusammenhängende Darstellung derjenigen Periode, welche mit dem Jahre 1834 abschliesst, wäre eine dankenswerthe Arbeit, wenn sie die Verfassung der verschiedenen Handelsgesell- schaften, die Einrichtung des fremden Gemeinwesens in Kan-ton, seine Beziehungen zu den Chinesen, die Art des Geschäftsbetriebes, kurz die ganze Gestaltung und die Wandlungen des Verkehrs in klares Licht setzte. Vielleicht gingen die wichtigsten Fundgruben für solche Arbeit beim Brande der Factoreien mit deren Archiven

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/38>, abgerufen am 27.11.2024.