[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.Kaiserlicher Erlass. Rohheit, Grausamkeit und Verworfenheit in den höchsten Ständenund der chinesisch-tartarischen Armee mit der Gutmüthigkeit und Humanität, welche die Gefangenen durchgängig beim Volke und selbst bei Menschen fanden, die wegen gemeiner Verbrechen mit ihnen eingekerkert waren. Diese Episode liefert ferner einen neuen Beweis, dass das grösste Hinderniss des guten Einvernehmens mit China der unbändige Dünkel ist, welcher den Anspruch an- derer Souveräne auf Gleichstellung mit dem chinesischen Kaiser nicht begreift, der unbezähmbare Widerwillen des Himmelssohnes, diese bis in unsere Zeit niemals erfolgreich angefochtene Eigenschaft auf- zugeben, auf welche sich die Möglichkeit seiner Herrschaft über ein Drittheil der Erdenbewohner wesentlich gründet. Dass, während Prinz Tsae und Mu-yin wiederholt die Un- "Sei es, dass wir die (Bewohner der) Weltmeere besänftigten 116) D. h. väterlich in Frieden mit ihnen lebten oder im Kriege begriffen waren.
Kaiserlicher Erlass. Rohheit, Grausamkeit und Verworfenheit in den höchsten Ständenund der chinesisch-tartarischen Armee mit der Gutmüthigkeit und Humanität, welche die Gefangenen durchgängig beim Volke und selbst bei Menschen fanden, die wegen gemeiner Verbrechen mit ihnen eingekerkert waren. Diese Episode liefert ferner einen neuen Beweis, dass das grösste Hinderniss des guten Einvernehmens mit China der unbändige Dünkel ist, welcher den Anspruch an- derer Souveräne auf Gleichstellung mit dem chinesischen Kaiser nicht begreift, der unbezähmbare Widerwillen des Himmelssohnes, diese bis in unsere Zeit niemals erfolgreich angefochtene Eigenschaft auf- zugeben, auf welche sich die Möglichkeit seiner Herrschaft über ein Drittheil der Erdenbewohner wesentlich gründet. Dass, während Prinz Tsae und Mu-yin wiederholt die Un- »Sei es, dass wir die (Bewohner der) Weltmeere besänftigten 116) D. h. väterlich in Frieden mit ihnen lebten oder im Kriege begriffen waren.
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Kaiserlicher Erlass.
Rohheit, Grausamkeit und Verworfenheit in den höchsten Ständen
und der chinesisch-tartarischen Armee mit der Gutmüthigkeit und
Humanität, welche die Gefangenen durchgängig beim Volke und
selbst bei Menschen fanden, die wegen gemeiner Verbrechen
mit ihnen eingekerkert waren. Diese Episode liefert ferner einen
neuen Beweis, dass das grösste Hinderniss des guten Einvernehmens
mit China der unbändige Dünkel ist, welcher den Anspruch an-
derer Souveräne auf Gleichstellung mit dem chinesischen Kaiser nicht
begreift, der unbezähmbare Widerwillen des Himmelssohnes, diese
bis in unsere Zeit niemals erfolgreich angefochtene Eigenschaft auf-
zugeben, auf welche sich die Möglichkeit seiner Herrschaft über
ein Drittheil der Erdenbewohner wesentlich gründet.
Dass, während Prinz Tsae und Mu-yin wiederholt die Un-
terzeichnung der Convention und Erfüllung aller Forderungen ver-
sprachen, derartige Absichten keineswegs gehegt wurden, beweist
folgender am Tage der Schlacht von Tšaṅ-kia-van oder den Tag
vorher in Pe-kiṅ publicirte kaiserliche Erlass.
»Sei es, dass wir die (Bewohner der) Weltmeere besänftigten
oder sie zügelten 116) — wir behandelten sie doch alle mit demselben
Gefühl des Wohlwollens, und der Handel der Nationen der äusseren
Gewässer wurde mit keinem Verbot belegt. Die Engländer und
Franzosen jedoch fingen nach vielen Jahren des Friedens mit China,
in welchen sich lange Zeit kein Anlass zur Fehde bot, im Winter des
7. Jahres (unserer Regierung) Krieg in Kuaṅ-tuṅ an, drangen mit
Gewalt in seine Stadt und nahmen durch hinterlistigen Ueberfall die
Behörden gefangen. Da wir aber glaubten, dass der General-Gouver-
neur Yi-miṅ-tšin durch übermässige Unbeugsamkeit und Willkür
diesen Streit heraufbeschworen habe, so liessen wir nicht sogleich
Truppen marschiren zu ihrer Bestrafung. Und als im 8. Jahre der
Barbaren-Häuptling Elgin und Andere nach (der Küste von) Tien-tsin
kamen, um sich zu beschweren, geboten wir dem General-Gouverneur
Tau-tsiṅ-siaṅ sich dahin zu verfügen, ihre Sache zu untersuchen und
zu ordnen. Die Barbaren aber benutzten unseren Mangel an Bereit-
schaft, stürmten die Festungen und kamen den Fluss herauf nach
Tien-tsin. Besorgt, dass durch (des Krieges) verderblichen Einfluss
der Geist des Lebens vergiftet werde, verloren wir wenig Zeit in Er-
örterungen mit ihnen, sondern schickten sogleich den Haupt-Staats-
secretär Kwei-liaṅ und seinen Collegen ab, mit ihnen zu unterhan-
116) D. h. väterlich in Frieden mit ihnen lebten oder im Kriege begriffen waren.
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