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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Verhandlungen in Tien-tsin.
der Armee marschirte zu Lande und bezog ein Lager bei der Stadt.
Ueberall war die Bevölkerung freundlich und dienstbereit.

Aus Pe-kin hörte man in den nächsten Tagen, dass San-
ko-lin-sin
zum Verlust seiner dreiäugigen Pfauenfeder, seines
Ehrenpostens in der kaiserlichen Leibgarde und des Ober-Comman-
dos des blauen Mandschu-Grenzbanners verurtheilt war, "als leichte
Strafe". -- Von den Commissaren erhielt Lord Elgin die Meldung,
dass Kwei-lian und Han-fu zu kaiserlichen Special-Bevollmäch-
tigten, Han-ki zum Hülfs-Commissar ernannt seien. Kwei-lian
schrieb darauf dem Botschafter, er sei angewiesen, die Auswechse-
lung der Ratificationen einzuleiten und alle in dem Schreiben vom
März -- dem Ultimatum -- gestellten Anträge zu erledigen; am 31. Au-
gust werde er in Tien-tsin eintreffen und das Kuan-fan oder
Amtssiegel mitbringen. Kwei-lian's Titel in diesem Schreiben
legte demselben über die Autorität eines Bevollmächtigten hinaus
die Befugniss bei, den Umständen gemäss nach eigenem Ermessen
zu handeln.

Lord Elgin antwortete am 29. August, dass er die Ober-
befehlshaber der Flotte und Armee nicht eher um Einstellung der
Feindseligkeiten ersuchen könne, bis alle Forderungen der eng-
lischen Regierung zugestanden wären. In Betreff der zu erhöhen-
den Kriegsentschädigung sei er ermächtigt, neben den im Vertrage
von Tien-tsin stipulirten 4,000,000 Tael noch einmal die gleiche
Summe anzunehmen, wenn alle Bedingungen sofort bewilligt wür-
den. Als Bürgschaft für deren gewissenhafte Erfüllung müsse der
Hafen und die Stadt Tien-tsin alsbald dem fremden Handel ge-
öffnet werden. Dann solle die englische Streitmacht sich nach
Ta-ku und Tan-tsau zurückziehen, und diese Plätze besetzt halten,
bis die Kriegsschuld von 8,000,000 Tael vollständig getilgt wäre.
Nach Unterzeichnung einer diese Bestimmungen enthaltenden Con-
vention werde er sich zu Auswechselung der ratificirten Verträge
nach Pe-kin verfügen.

Die Commissare erwiederten unter dem 2. September: Lord
Elgins Schreiben beweise dessen Verlangen nach Erhaltung des
Friedens und Einstellung der Feindseligkeiten. Der Vertrag von
1858 solle gewissenhaft erfüllt, und allen Anträgen des Schrei-
bens vom 8. März Folge gegeben werden; man möge die kriege-
rischen Operationen sistiren, "damit die freundschaftlichen Be-
ziehungen sich kräftigten." Die Kriegsentschädigung solle auf

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Verhandlungen in Tien-tsin.
der Armee marschirte zu Lande und bezog ein Lager bei der Stadt.
Ueberall war die Bevölkerung freundlich und dienstbereit.

Aus Pe-kiṅ hörte man in den nächsten Tagen, dass Saṅ-
ko-lin-sin
zum Verlust seiner dreiäugigen Pfauenfeder, seines
Ehrenpostens in der kaiserlichen Leibgarde und des Ober-Comman-
dos des blauen Mandschu-Grenzbanners verurtheilt war, »als leichte
Strafe«. — Von den Commissaren erhielt Lord Elgin die Meldung,
dass Kwei-liaṅ und Haṅ-fu zu kaiserlichen Special-Bevollmäch-
tigten, Haṅ-ki zum Hülfs-Commissar ernannt seien. Kwei-liaṅ
schrieb darauf dem Botschafter, er sei angewiesen, die Auswechse-
lung der Ratificationen einzuleiten und alle in dem Schreiben vom
März — dem Ultimatum — gestellten Anträge zu erledigen; am 31. Au-
gust werde er in Tien-tsin eintreffen und das Kuaṅ-faṅ oder
Amtssiegel mitbringen. Kwei-liaṅ’s Titel in diesem Schreiben
legte demselben über die Autorität eines Bevollmächtigten hinaus
die Befugniss bei, den Umständen gemäss nach eigenem Ermessen
zu handeln.

Lord Elgin antwortete am 29. August, dass er die Ober-
befehlshaber der Flotte und Armee nicht eher um Einstellung der
Feindseligkeiten ersuchen könne, bis alle Forderungen der eng-
lischen Regierung zugestanden wären. In Betreff der zu erhöhen-
den Kriegsentschädigung sei er ermächtigt, neben den im Vertrage
von Tien-tsin stipulirten 4,000,000 Tael noch einmal die gleiche
Summe anzunehmen, wenn alle Bedingungen sofort bewilligt wür-
den. Als Bürgschaft für deren gewissenhafte Erfüllung müsse der
Hafen und die Stadt Tien-tsin alsbald dem fremden Handel ge-
öffnet werden. Dann solle die englische Streitmacht sich nach
Ta-ku und Taṅ-tšau zurückziehen, und diese Plätze besetzt halten,
bis die Kriegsschuld von 8,000,000 Tael vollständig getilgt wäre.
Nach Unterzeichnung einer diese Bestimmungen enthaltenden Con-
vention werde er sich zu Auswechselung der ratificirten Verträge
nach Pe-kiṅ verfügen.

Die Commissare erwiederten unter dem 2. September: Lord
Elgins Schreiben beweise dessen Verlangen nach Erhaltung des
Friedens und Einstellung der Feindseligkeiten. Der Vertrag von
1858 solle gewissenhaft erfüllt, und allen Anträgen des Schrei-
bens vom 8. März Folge gegeben werden; man möge die kriege-
rischen Operationen sistiren, »damit die freundschaftlichen Be-
ziehungen sich kräftigten.« Die Kriegsentschädigung solle auf

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[323/0345] Verhandlungen in Tien-tsin. der Armee marschirte zu Lande und bezog ein Lager bei der Stadt. Ueberall war die Bevölkerung freundlich und dienstbereit. Aus Pe-kiṅ hörte man in den nächsten Tagen, dass Saṅ- ko-lin-sin zum Verlust seiner dreiäugigen Pfauenfeder, seines Ehrenpostens in der kaiserlichen Leibgarde und des Ober-Comman- dos des blauen Mandschu-Grenzbanners verurtheilt war, »als leichte Strafe«. — Von den Commissaren erhielt Lord Elgin die Meldung, dass Kwei-liaṅ und Haṅ-fu zu kaiserlichen Special-Bevollmäch- tigten, Haṅ-ki zum Hülfs-Commissar ernannt seien. Kwei-liaṅ schrieb darauf dem Botschafter, er sei angewiesen, die Auswechse- lung der Ratificationen einzuleiten und alle in dem Schreiben vom März — dem Ultimatum — gestellten Anträge zu erledigen; am 31. Au- gust werde er in Tien-tsin eintreffen und das Kuaṅ-faṅ oder Amtssiegel mitbringen. Kwei-liaṅ’s Titel in diesem Schreiben legte demselben über die Autorität eines Bevollmächtigten hinaus die Befugniss bei, den Umständen gemäss nach eigenem Ermessen zu handeln. Lord Elgin antwortete am 29. August, dass er die Ober- befehlshaber der Flotte und Armee nicht eher um Einstellung der Feindseligkeiten ersuchen könne, bis alle Forderungen der eng- lischen Regierung zugestanden wären. In Betreff der zu erhöhen- den Kriegsentschädigung sei er ermächtigt, neben den im Vertrage von Tien-tsin stipulirten 4,000,000 Tael noch einmal die gleiche Summe anzunehmen, wenn alle Bedingungen sofort bewilligt wür- den. Als Bürgschaft für deren gewissenhafte Erfüllung müsse der Hafen und die Stadt Tien-tsin alsbald dem fremden Handel ge- öffnet werden. Dann solle die englische Streitmacht sich nach Ta-ku und Taṅ-tšau zurückziehen, und diese Plätze besetzt halten, bis die Kriegsschuld von 8,000,000 Tael vollständig getilgt wäre. Nach Unterzeichnung einer diese Bestimmungen enthaltenden Con- vention werde er sich zu Auswechselung der ratificirten Verträge nach Pe-kiṅ verfügen. Die Commissare erwiederten unter dem 2. September: Lord Elgins Schreiben beweise dessen Verlangen nach Erhaltung des Friedens und Einstellung der Feindseligkeiten. Der Vertrag von 1858 solle gewissenhaft erfüllt, und allen Anträgen des Schrei- bens vom 8. März Folge gegeben werden; man möge die kriege- rischen Operationen sistiren, »damit die freundschaftlichen Be- ziehungen sich kräftigten.« Die Kriegsentschädigung solle auf 21*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/345>, abgerufen am 25.11.2024.