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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Friedfertige Demonstrationen.
tsin ab, da dieser nur für die Handelsangelegenheiten bevoll-
mächtigt sei.

Des Kaisers Wunsch, den Frieden zu erhalten, geht auch
aus dem Erlass vom 5. Juli hervor. In Kan-ton betrugen sich die
Mandarinen auf Eingebung aus Pe-kin sehr zuvorkommend.
Hien-fun schickte jetzt sogar an die Stelle des fremdenfeindlichen
Wan einen neuen General-Gouverneur, welchem in zwei Edicten
eingeschärft wurde, "gelinde zu regieren, die Engländer und Fran-
zosen ruhig und ehrerbietig zu halten wie früher und ihnen keinen
Anlass zu Verdacht zu geben.... Wenn sie Reue zeigten, könnten
auch jetzt noch die freundschaftlichen Beziehungen hergestellt wer-
den." "Die Engländer haben bei verschiedenen Anlässen Streit be-
gonnen, aber Ich, der Kaiser, muss nicht zu streng sein in meinem
Verkehr mit fremden Staaten. Wenn sie mit reuigem Herzen
Kwei-lian's Ankunft zum Austausch der Verträge abwarten wollen,
so kann über die Sache hinweggegangen, weiterer Waffengewalt
vorgebeugt und Einhalt gethan werden.... Die Kriegslust besag-
ten Volkes kann nicht als hinreichender Grund gelten zu Anord-
nung von Maassregeln, welche den Handel der Kaufleute der ver-
schiedenen Völker beeinträchtigen und sie an Besitz und Kapital
schädigen würden. Diese Angelegenheit habe Ich, der Kaiser,
in meinem Geiste ernstlich erwogen." -- Beide Edicte beginnen mit
einem kurzen Berichte über den Kampf bei Ta-ku: "Herr Bruce
sagte, er wolle die Vertheidigungsanstalten unseres Hafens beseiti-
gen.... Unter diesen Umständen blieb San-ko-lin-sin nichts
übrig, als den Feind zu treffen, und die Folge war, dass eine
grosse Zahl der Feinde getödtet und zwölf ihrer Schiffe zerstört
wurden." San-ko-lin-sin commandirte also selbst in Ta-ku.


Die Regierungen von England und Frankreich billigten in
allen Stücken die Haltung ihrer Vertreter und den Versuch, die
Einfahrt in den Pei-ho zu erzwingen, und erneuten das Bündniss
zu gemeinsamer Action gegen die chinesische Regierung. Herr
Bruce wurde angewiesen, auf formeller Entschuldigung wegen des
Angriffes auf die englischen Schiffe bei Ta-ku zu bestehen, ehe er
auf weitere Anträge zu Ratification des Vertrages einginge. Er sollte
ferner auf der Forderung beharren, in einem englischen Schiffe nach

Friedfertige Demonstrationen.
tsiṅ ab, da dieser nur für die Handelsangelegenheiten bevoll-
mächtigt sei.

Des Kaisers Wunsch, den Frieden zu erhalten, geht auch
aus dem Erlass vom 5. Juli hervor. In Kan-ton betrugen sich die
Mandarinen auf Eingebung aus Pe-kiṅ sehr zuvorkommend.
Hien-fuṅ schickte jetzt sogar an die Stelle des fremdenfeindlichen
Waṅ einen neuen General-Gouverneur, welchem in zwei Edicten
eingeschärft wurde, »gelinde zu regieren, die Engländer und Fran-
zosen ruhig und ehrerbietig zu halten wie früher und ihnen keinen
Anlass zu Verdacht zu geben.... Wenn sie Reue zeigten, könnten
auch jetzt noch die freundschaftlichen Beziehungen hergestellt wer-
den.« »Die Engländer haben bei verschiedenen Anlässen Streit be-
gonnen, aber Ich, der Kaiser, muss nicht zu streng sein in meinem
Verkehr mit fremden Staaten. Wenn sie mit reuigem Herzen
Kwei-liaṅ’s Ankunft zum Austausch der Verträge abwarten wollen,
so kann über die Sache hinweggegangen, weiterer Waffengewalt
vorgebeugt und Einhalt gethan werden.... Die Kriegslust besag-
ten Volkes kann nicht als hinreichender Grund gelten zu Anord-
nung von Maassregeln, welche den Handel der Kaufleute der ver-
schiedenen Völker beeinträchtigen und sie an Besitz und Kapital
schädigen würden. Diese Angelegenheit habe Ich, der Kaiser,
in meinem Geiste ernstlich erwogen.« — Beide Edicte beginnen mit
einem kurzen Berichte über den Kampf bei Ta-ku: »Herr Bruce
sagte, er wolle die Vertheidigungsanstalten unseres Hafens beseiti-
gen.... Unter diesen Umständen blieb Saṅ-ko-lin-sin nichts
übrig, als den Feind zu treffen, und die Folge war, dass eine
grosse Zahl der Feinde getödtet und zwölf ihrer Schiffe zerstört
wurden.« Saṅ-ko-lin-sin commandirte also selbst in Ta-ku.


Die Regierungen von England und Frankreich billigten in
allen Stücken die Haltung ihrer Vertreter und den Versuch, die
Einfahrt in den Pei-ho zu erzwingen, und erneuten das Bündniss
zu gemeinsamer Action gegen die chinesische Regierung. Herr
Bruce wurde angewiesen, auf formeller Entschuldigung wegen des
Angriffes auf die englischen Schiffe bei Ta-ku zu bestehen, ehe er
auf weitere Anträge zu Ratification des Vertrages einginge. Er sollte
ferner auf der Forderung beharren, in einem englischen Schiffe nach

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[297/0319] Friedfertige Demonstrationen. tsiṅ ab, da dieser nur für die Handelsangelegenheiten bevoll- mächtigt sei. Des Kaisers Wunsch, den Frieden zu erhalten, geht auch aus dem Erlass vom 5. Juli hervor. In Kan-ton betrugen sich die Mandarinen auf Eingebung aus Pe-kiṅ sehr zuvorkommend. Hien-fuṅ schickte jetzt sogar an die Stelle des fremdenfeindlichen Waṅ einen neuen General-Gouverneur, welchem in zwei Edicten eingeschärft wurde, »gelinde zu regieren, die Engländer und Fran- zosen ruhig und ehrerbietig zu halten wie früher und ihnen keinen Anlass zu Verdacht zu geben.... Wenn sie Reue zeigten, könnten auch jetzt noch die freundschaftlichen Beziehungen hergestellt wer- den.« »Die Engländer haben bei verschiedenen Anlässen Streit be- gonnen, aber Ich, der Kaiser, muss nicht zu streng sein in meinem Verkehr mit fremden Staaten. Wenn sie mit reuigem Herzen Kwei-liaṅ’s Ankunft zum Austausch der Verträge abwarten wollen, so kann über die Sache hinweggegangen, weiterer Waffengewalt vorgebeugt und Einhalt gethan werden.... Die Kriegslust besag- ten Volkes kann nicht als hinreichender Grund gelten zu Anord- nung von Maassregeln, welche den Handel der Kaufleute der ver- schiedenen Völker beeinträchtigen und sie an Besitz und Kapital schädigen würden. Diese Angelegenheit habe Ich, der Kaiser, in meinem Geiste ernstlich erwogen.« — Beide Edicte beginnen mit einem kurzen Berichte über den Kampf bei Ta-ku: »Herr Bruce sagte, er wolle die Vertheidigungsanstalten unseres Hafens beseiti- gen.... Unter diesen Umständen blieb Saṅ-ko-lin-sin nichts übrig, als den Feind zu treffen, und die Folge war, dass eine grosse Zahl der Feinde getödtet und zwölf ihrer Schiffe zerstört wurden.« Saṅ-ko-lin-sin commandirte also selbst in Ta-ku. Die Regierungen von England und Frankreich billigten in allen Stücken die Haltung ihrer Vertreter und den Versuch, die Einfahrt in den Pei-ho zu erzwingen, und erneuten das Bündniss zu gemeinsamer Action gegen die chinesische Regierung. Herr Bruce wurde angewiesen, auf formeller Entschuldigung wegen des Angriffes auf die englischen Schiffe bei Ta-ku zu bestehen, ehe er auf weitere Anträge zu Ratification des Vertrages einginge. Er sollte ferner auf der Forderung beharren, in einem englischen Schiffe nach

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/319>, abgerufen am 02.05.2024.