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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Gesandten in Shang-hae.

Da diese Noten den Empfang von Lord Elgins Schreiben
vom 3. März bestätigten, -- in welchem er die Entscheidung der
englischen Regierung über das Gesandtschaftsrecht mittheilte, für
alle anderen Punkte auf den Wortlaut des Vertrages verwies und
den Commissaren Lebewohl sagte, -- so konnte über ihre Bedeutung
kein Zweifel walten: die chinesische Regierung wollte den Ver-
trag umgehen. Auf Umwegen suchten die Commissare sogar aus-
zuforschen, zuerst, ob die Gesandten sich wohl zum Austausch der
Ratificationsurkunden in Shang-hae verstehen würden; dann, ob sie
nicht auf dem Landwege nach Pe-kin reisen möchten. Letzterer
ist der für tributbringende Gesandtschaften vorgeschriebene Weg,
welche auf ihren Reisen ganz in der Hand der chinesischen Regie-
rung und jeder Demüthigung ausgesetzt sind. -- Herr Bruce ant-
wortete deshalb amtlich, dass er auf seinem Entschluss beharre,
dass jede Erörterung von Bestimmungen des Vertrages bis nach
Ratification desselben zu verschieben sei, dass er die Commissare
in Shang-hae nicht empfangen werde und für die möglichen Fol-
gen ungenügender Vorbereitungen zu seinem Empfange im Norden
verantwortlich mache. In ähnlichem Sinne äusserte sich Herr von
Bourboulon
. Herr Bruce machte Kwei-lian und Wa-sana ferner
darauf aufmerksam, dass vor Shang-hae mehrere Dampfer unter
chinesischer Flagge ankerten, durch deren Benutzung sie noch zeitig
genug zu den Vorbereitungen in Tien-tsin und der durch den
Vertrag an ein bestimmtes Datum gebundenen Ratification eintreffen
könnten. Sie antworteten unter dem 12. Juni, dass sie dazu der
ausdrücklichen Erlaubniss des Kaisers bedürften; sie wollten aber
auf dem schnellsten Wege109) an denselben die Bitte richten, andere
Würdenträger zum Empfange der Gesandten nach Tien-tsin zu
schicken. In neun Tagen könne ihr Schreiben nach Pe-kin gelan-
gen. "Bei den jetzt zwischen den beiden Nationen herrschenden
friedfertigen Beziehungen wird gewiss nichts geschehen, das nicht
in Einklang mit den Bestimmungen des Vertrages stände; die
Commissare bitten daher Herrn Bruce, sich jeder Unruhe über diesen
Punct zu entschlagen. Er braucht keine Besorgniss zu hegen.
Sie möchten wünschen, dass er, vor der Mündung des Tien-tsin-
Flusses
angekommen, seine Kriegsschiffe ausserhalb der Barre

109) Dieser Ausdruck bedeutet in den amtlichen Mittheilungen der Chinesen die
Beförderung durch Couriere, welche alle 24 Stunden 600 Li oder etwa 45 Meilen
zurücklegen.
Die Gesandten in Shang-hae.

Da diese Noten den Empfang von Lord Elgins Schreiben
vom 3. März bestätigten, — in welchem er die Entscheidung der
englischen Regierung über das Gesandtschaftsrecht mittheilte, für
alle anderen Punkte auf den Wortlaut des Vertrages verwies und
den Commissaren Lebewohl sagte, — so konnte über ihre Bedeutung
kein Zweifel walten: die chinesische Regierung wollte den Ver-
trag umgehen. Auf Umwegen suchten die Commissare sogar aus-
zuforschen, zuerst, ob die Gesandten sich wohl zum Austausch der
Ratificationsurkunden in Shang-hae verstehen würden; dann, ob sie
nicht auf dem Landwege nach Pe-kiṅ reisen möchten. Letzterer
ist der für tributbringende Gesandtschaften vorgeschriebene Weg,
welche auf ihren Reisen ganz in der Hand der chinesischen Regie-
rung und jeder Demüthigung ausgesetzt sind. — Herr Bruce ant-
wortete deshalb amtlich, dass er auf seinem Entschluss beharre,
dass jede Erörterung von Bestimmungen des Vertrages bis nach
Ratification desselben zu verschieben sei, dass er die Commissare
in Shang-hae nicht empfangen werde und für die möglichen Fol-
gen ungenügender Vorbereitungen zu seinem Empfange im Norden
verantwortlich mache. In ähnlichem Sinne äusserte sich Herr von
Bourboulon
. Herr Bruce machte Kwei-liaṅ und Wa-šana ferner
darauf aufmerksam, dass vor Shang-hae mehrere Dampfer unter
chinesischer Flagge ankerten, durch deren Benutzung sie noch zeitig
genug zu den Vorbereitungen in Tien-tsin und der durch den
Vertrag an ein bestimmtes Datum gebundenen Ratification eintreffen
könnten. Sie antworteten unter dem 12. Juni, dass sie dazu der
ausdrücklichen Erlaubniss des Kaisers bedürften; sie wollten aber
auf dem schnellsten Wege109) an denselben die Bitte richten, andere
Würdenträger zum Empfange der Gesandten nach Tien-tsin zu
schicken. In neun Tagen könne ihr Schreiben nach Pe-kiṅ gelan-
gen. »Bei den jetzt zwischen den beiden Nationen herrschenden
friedfertigen Beziehungen wird gewiss nichts geschehen, das nicht
in Einklang mit den Bestimmungen des Vertrages stände; die
Commissare bitten daher Herrn Bruce, sich jeder Unruhe über diesen
Punct zu entschlagen. Er braucht keine Besorgniss zu hegen.
Sie möchten wünschen, dass er, vor der Mündung des Tien-tsin-
Flusses
angekommen, seine Kriegsschiffe ausserhalb der Barre

109) Dieser Ausdruck bedeutet in den amtlichen Mittheilungen der Chinesen die
Beförderung durch Couriere, welche alle 24 Stunden 600 Li oder etwa 45 Meilen
zurücklegen.
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[286/0308] Die Gesandten in Shang-hae. Da diese Noten den Empfang von Lord Elgins Schreiben vom 3. März bestätigten, — in welchem er die Entscheidung der englischen Regierung über das Gesandtschaftsrecht mittheilte, für alle anderen Punkte auf den Wortlaut des Vertrages verwies und den Commissaren Lebewohl sagte, — so konnte über ihre Bedeutung kein Zweifel walten: die chinesische Regierung wollte den Ver- trag umgehen. Auf Umwegen suchten die Commissare sogar aus- zuforschen, zuerst, ob die Gesandten sich wohl zum Austausch der Ratificationsurkunden in Shang-hae verstehen würden; dann, ob sie nicht auf dem Landwege nach Pe-kiṅ reisen möchten. Letzterer ist der für tributbringende Gesandtschaften vorgeschriebene Weg, welche auf ihren Reisen ganz in der Hand der chinesischen Regie- rung und jeder Demüthigung ausgesetzt sind. — Herr Bruce ant- wortete deshalb amtlich, dass er auf seinem Entschluss beharre, dass jede Erörterung von Bestimmungen des Vertrages bis nach Ratification desselben zu verschieben sei, dass er die Commissare in Shang-hae nicht empfangen werde und für die möglichen Fol- gen ungenügender Vorbereitungen zu seinem Empfange im Norden verantwortlich mache. In ähnlichem Sinne äusserte sich Herr von Bourboulon. Herr Bruce machte Kwei-liaṅ und Wa-šana ferner darauf aufmerksam, dass vor Shang-hae mehrere Dampfer unter chinesischer Flagge ankerten, durch deren Benutzung sie noch zeitig genug zu den Vorbereitungen in Tien-tsin und der durch den Vertrag an ein bestimmtes Datum gebundenen Ratification eintreffen könnten. Sie antworteten unter dem 12. Juni, dass sie dazu der ausdrücklichen Erlaubniss des Kaisers bedürften; sie wollten aber auf dem schnellsten Wege 109) an denselben die Bitte richten, andere Würdenträger zum Empfange der Gesandten nach Tien-tsin zu schicken. In neun Tagen könne ihr Schreiben nach Pe-kiṅ gelan- gen. »Bei den jetzt zwischen den beiden Nationen herrschenden friedfertigen Beziehungen wird gewiss nichts geschehen, das nicht in Einklang mit den Bestimmungen des Vertrages stände; die Commissare bitten daher Herrn Bruce, sich jeder Unruhe über diesen Punct zu entschlagen. Er braucht keine Besorgniss zu hegen. Sie möchten wünschen, dass er, vor der Mündung des Tien-tsin- Flusses angekommen, seine Kriegsschiffe ausserhalb der Barre 109) Dieser Ausdruck bedeutet in den amtlichen Mittheilungen der Chinesen die Beförderung durch Couriere, welche alle 24 Stunden 600 Li oder etwa 45 Meilen zurücklegen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/308>, abgerufen am 22.11.2024.