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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Gemeinden der Gottesverehrer.
und alle anderen Regungen verschlang. Aber das steht fest,
dass er Jahre lang seine Lehren ohne selbstsüchtiges Streben pre-
digte, den Götzendienst ohne Menschenfurcht verfolgte, eine grosse
Gemeinde um sich sammelte und seine Schaaren zu unerhörten
Erfolgen führte. Seine unbedingte Herrschaft über die Geister lässt
sich kaum anders erklären, als aus der Tiefe und Festigkeit seiner
Ueberzeugung und dem Glauben an seine göttliche Sendung.

Einer der eifrigsten Convertiten des Hun-siu-tsuen war
Fun-yun-san, Schulmeister eines Nachbardorfes. Da Beide die
Gedächtnisstafeln des Confucius aus ihren Schulstuben entfernten,
so verödeten diese bald gänzlich. Hun und Fun mussten nach
neuem Broderwerbe umschauen und zogen mit Pinseln und Tusche
hausirend durch das Land. Anfang 1844 gelangten sie, durch die
Provinz Kuan-si wandernd, in das Gebiet der Miao-tse, unab-
hängiger Bergbewohner, auf deren Bekehrung sie grosse Hoffnungen
setzten, mussten aber wegen Unkunde der Sprache umkehren
und fanden Zuflucht bei einem Verwandten des Hun-siu-tsuen im
Bezirke Kwei, wo sie fünf Monat blieben und eine Gemeinde von
etwa hundert Seelen stifteten. Fun-yun-san trat darauf die Rück-
reise an, begegnete aber einigen ihm bekannten Erdarbeitern und
begleitete sie nach dem "Distelberge" im Kwei-pin-Bezirk. Hier
schleppte er mit ihnen Erde und bekehrte in kurzer Zeit nicht nur
viele der Tagelöhner, sondern den Arbeitgeber selbst zu der neuen
Lehre. Er blieb mehrere Jahre in dieser Gegend und gründete am
Distelberge Gemeinden von "Gottesverehrern", welche später der
Kern der politischen Bewegung wurden.

Einen Monat nach Fun verliess auch Hun-siu-tsuen seinen
Verwandten Wan in Kuan-si und wanderte nach der Heimath, wo
er während der Jahre 1845 und 1846 predigte, religiöse Oden und
Aufsätze schrieb. Im Sommer 1847 soll er nach Kan-ton gegangen
und dort von dem americanischen Geistlichen Roberts zwei Monate
lang unterrichtet worden sein. Dann schien er sich im Dienst der
fremden Missionare dem Predigtamte widmen zu wollen und
verlangte die Taufe, wurde aber abgewiesen, weil er zugleich um
Unterstützung bat, 73) und verliess darauf Kan-ton. Er zog wieder

73) Er soll dazu von neidischen Genossen angestiftet worden sein. Roberts fand
damals nichts an ihm, das ihn von anderen Leuten seiner Classe unterschieden hätte.
Dass Hun-siu-tsuen es wirklich war, der dessen Unterricht genoss, beweist die
Aufnahme, welche Roberts später in Nan-kin bei ihm fand.

Die Gemeinden der Gottesverehrer.
und alle anderen Regungen verschlang. Aber das steht fest,
dass er Jahre lang seine Lehren ohne selbstsüchtiges Streben pre-
digte, den Götzendienst ohne Menschenfurcht verfolgte, eine grosse
Gemeinde um sich sammelte und seine Schaaren zu unerhörten
Erfolgen führte. Seine unbedingte Herrschaft über die Geister lässt
sich kaum anders erklären, als aus der Tiefe und Festigkeit seiner
Ueberzeugung und dem Glauben an seine göttliche Sendung.

Einer der eifrigsten Convertiten des Huṅ-siu-tsuen war
Fuṅ-yuṅ-san, Schulmeister eines Nachbardorfes. Da Beide die
Gedächtnisstafeln des Confucius aus ihren Schulstuben entfernten,
so verödeten diese bald gänzlich. Huṅ und Fuṅ mussten nach
neuem Broderwerbe umschauen und zogen mit Pinseln und Tusche
hausirend durch das Land. Anfang 1844 gelangten sie, durch die
Provinz Kuaṅ-si wandernd, in das Gebiet der Miao-tse, unab-
hängiger Bergbewohner, auf deren Bekehrung sie grosse Hoffnungen
setzten, mussten aber wegen Unkunde der Sprache umkehren
und fanden Zuflucht bei einem Verwandten des Huṅ-siu-tsuen im
Bezirke Kwei, wo sie fünf Monat blieben und eine Gemeinde von
etwa hundert Seelen stifteten. Fuṅ-yuṅ-san trat darauf die Rück-
reise an, begegnete aber einigen ihm bekannten Erdarbeitern und
begleitete sie nach dem »Distelberge« im Kwei-piṅ-Bezirk. Hier
schleppte er mit ihnen Erde und bekehrte in kurzer Zeit nicht nur
viele der Tagelöhner, sondern den Arbeitgeber selbst zu der neuen
Lehre. Er blieb mehrere Jahre in dieser Gegend und gründete am
Distelberge Gemeinden von »Gottesverehrern«, welche später der
Kern der politischen Bewegung wurden.

Einen Monat nach Fuṅ verliess auch Huṅ-siu-tsuen seinen
Verwandten Waṅ in Kuaṅ-si und wanderte nach der Heimath, wo
er während der Jahre 1845 und 1846 predigte, religiöse Oden und
Aufsätze schrieb. Im Sommer 1847 soll er nach Kan-ton gegangen
und dort von dem americanischen Geistlichen Roberts zwei Monate
lang unterrichtet worden sein. Dann schien er sich im Dienst der
fremden Missionare dem Predigtamte widmen zu wollen und
verlangte die Taufe, wurde aber abgewiesen, weil er zugleich um
Unterstützung bat, 73) und verliess darauf Kan-ton. Er zog wieder

73) Er soll dazu von neidischen Genossen angestiftet worden sein. Roberts fand
damals nichts an ihm, das ihn von anderen Leuten seiner Classe unterschieden hätte.
Dass Huṅ-siu-tsuen es wirklich war, der dessen Unterricht genoss, beweist die
Aufnahme, welche Roberts später in Nan-kiṅ bei ihm fand.
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[167/0189] Die Gemeinden der Gottesverehrer. und alle anderen Regungen verschlang. Aber das steht fest, dass er Jahre lang seine Lehren ohne selbstsüchtiges Streben pre- digte, den Götzendienst ohne Menschenfurcht verfolgte, eine grosse Gemeinde um sich sammelte und seine Schaaren zu unerhörten Erfolgen führte. Seine unbedingte Herrschaft über die Geister lässt sich kaum anders erklären, als aus der Tiefe und Festigkeit seiner Ueberzeugung und dem Glauben an seine göttliche Sendung. Einer der eifrigsten Convertiten des Huṅ-siu-tsuen war Fuṅ-yuṅ-san, Schulmeister eines Nachbardorfes. Da Beide die Gedächtnisstafeln des Confucius aus ihren Schulstuben entfernten, so verödeten diese bald gänzlich. Huṅ und Fuṅ mussten nach neuem Broderwerbe umschauen und zogen mit Pinseln und Tusche hausirend durch das Land. Anfang 1844 gelangten sie, durch die Provinz Kuaṅ-si wandernd, in das Gebiet der Miao-tse, unab- hängiger Bergbewohner, auf deren Bekehrung sie grosse Hoffnungen setzten, mussten aber wegen Unkunde der Sprache umkehren und fanden Zuflucht bei einem Verwandten des Huṅ-siu-tsuen im Bezirke Kwei, wo sie fünf Monat blieben und eine Gemeinde von etwa hundert Seelen stifteten. Fuṅ-yuṅ-san trat darauf die Rück- reise an, begegnete aber einigen ihm bekannten Erdarbeitern und begleitete sie nach dem »Distelberge« im Kwei-piṅ-Bezirk. Hier schleppte er mit ihnen Erde und bekehrte in kurzer Zeit nicht nur viele der Tagelöhner, sondern den Arbeitgeber selbst zu der neuen Lehre. Er blieb mehrere Jahre in dieser Gegend und gründete am Distelberge Gemeinden von »Gottesverehrern«, welche später der Kern der politischen Bewegung wurden. Einen Monat nach Fuṅ verliess auch Huṅ-siu-tsuen seinen Verwandten Waṅ in Kuaṅ-si und wanderte nach der Heimath, wo er während der Jahre 1845 und 1846 predigte, religiöse Oden und Aufsätze schrieb. Im Sommer 1847 soll er nach Kan-ton gegangen und dort von dem americanischen Geistlichen Roberts zwei Monate lang unterrichtet worden sein. Dann schien er sich im Dienst der fremden Missionare dem Predigtamte widmen zu wollen und verlangte die Taufe, wurde aber abgewiesen, weil er zugleich um Unterstützung bat, 73) und verliess darauf Kan-ton. Er zog wieder 73) Er soll dazu von neidischen Genossen angestiftet worden sein. Roberts fand damals nichts an ihm, das ihn von anderen Leuten seiner Classe unterschieden hätte. Dass Huṅ-siu-tsuen es wirklich war, der dessen Unterricht genoss, beweist die Aufnahme, welche Roberts später in Nan-kiṅ bei ihm fand.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/189>, abgerufen am 09.11.2024.