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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Mittel gegen die Barbaren.
in einem auf Ki-sen gemünzten Aufsatz, "haben wir Verstärkungen
erhalten, und brauchen nur die Dunkelheit der Nacht zu benutzen,
um ihre Schiffe zu verbrennen. In einer von den Barbaren zu
Kan-ton veröffentlichten Schrift ist anerkannt, dass, wenn auch
unsere Armee und Flotte in ihrem jetzigen Zustande ganz unwirk-
sam sind, doch die Leute sich zu trefflichen Soldaten eignen. Auch
in Betreff des Opium haben sie Ansichten ausgedrückt, die der Ein-
führung in unser Land ungünstig sind. Gründen wir also unsere
eigene Schätzung auf die ihrige, so mögen wir ihnen wohl Wider-
stand leisten. Im vorigen Jahre waren ihre Seeleute bestürzt, als
sie von unseren Rüstungen zur See hörten, und ebenso war es bei A-moi,
wo ihre Schiffe sich zurückzogen. Ihre ganze Kriegsmacht beläuft
sich jetzt auf sechstausend Mann; und wenn die opiumschmuggeln-
den Schurken ihnen nicht als Augen, Ohren und Flügel dienen, so
werden sie unfehlbar Opfer unserer Rache. Wir dürfen nur unsere
tapferen Soldaten reichlich belohnen, dann sind wir ihre Gegen-
wart bald los. Da ihre Geschütze auf die beiden Langseiten der
Schiffe vertheilt sind, so müssen wir sie von vorn und von hinten
angreifen, wo ihre Schüsse uns nicht treffen können; dann können
wir sie ungestraft in Brand stecken." .... "Das ganze Land muss
gegen die Eindringlinge aufstehen; jede Fischerbarke soll als
Kriegs-Dschunke ausgerüstet werden; jedes Ding, das schwim-
men kann, ist von der Regierung in Beschlag zu nehmen,
um den Feind zu vertreiben. Wo immer die Engländer
landen, sollten unzählige Milizen aufmarschiren. ..... An der
Pei-ho-Mündung hätten die Barbaren mit Schimpf und Schande
abgewiesen werden sollen wie 1816, als ihre Gesandtschaft nach
der Hauptstadt ging und sich vor dem Kaiser nicht nieder-
werfen wollte. Ihre unverschämten Forderungen in Kan-ton waren
Folge dieses Fehlers, und Ki-sen bestärkte sie nur in ihrem über-
müthigen Auftreten. Vernichtet könnten sie werden von den chi-
nesischen Truppen, wenn deren Führer nur mehr Ernst und Kühn-
heit zeigen wollten. Ki-sen sprach nicht ein Wort von Besiegung
der Barbaren; er buhlte um ihre Gunst. Man denke nur, dass ein
Barbarenauge sich "Gesandter und Hoher Staatsbeamter" nennen
konnte, und dass Ki-sen solche Titel gelten liess! Werden nicht
durch solche Zugeständnisse die anderen Völker alle Ehrfurcht ver-
lieren? Verträgt sich solche Erniedrigung mit der Würde des
Reiches? Werden nicht alle westlichen Nationen unsere Schwäche

Mittel gegen die Barbaren.
in einem auf Ki-šen gemünzten Aufsatz, »haben wir Verstärkungen
erhalten, und brauchen nur die Dunkelheit der Nacht zu benutzen,
um ihre Schiffe zu verbrennen. In einer von den Barbaren zu
Kan-ton veröffentlichten Schrift ist anerkannt, dass, wenn auch
unsere Armee und Flotte in ihrem jetzigen Zustande ganz unwirk-
sam sind, doch die Leute sich zu trefflichen Soldaten eignen. Auch
in Betreff des Opium haben sie Ansichten ausgedrückt, die der Ein-
führung in unser Land ungünstig sind. Gründen wir also unsere
eigene Schätzung auf die ihrige, so mögen wir ihnen wohl Wider-
stand leisten. Im vorigen Jahre waren ihre Seeleute bestürzt, als
sie von unseren Rüstungen zur See hörten, und ebenso war es bei A-moi,
wo ihre Schiffe sich zurückzogen. Ihre ganze Kriegsmacht beläuft
sich jetzt auf sechstausend Mann; und wenn die opiumschmuggeln-
den Schurken ihnen nicht als Augen, Ohren und Flügel dienen, so
werden sie unfehlbar Opfer unserer Rache. Wir dürfen nur unsere
tapferen Soldaten reichlich belohnen, dann sind wir ihre Gegen-
wart bald los. Da ihre Geschütze auf die beiden Langseiten der
Schiffe vertheilt sind, so müssen wir sie von vorn und von hinten
angreifen, wo ihre Schüsse uns nicht treffen können; dann können
wir sie ungestraft in Brand stecken.« .... »Das ganze Land muss
gegen die Eindringlinge aufstehen; jede Fischerbarke soll als
Kriegs-Dschunke ausgerüstet werden; jedes Ding, das schwim-
men kann, ist von der Regierung in Beschlag zu nehmen,
um den Feind zu vertreiben. Wo immer die Engländer
landen, sollten unzählige Milizen aufmarschiren. ..... An der
Pei-ho-Mündung hätten die Barbaren mit Schimpf und Schande
abgewiesen werden sollen wie 1816, als ihre Gesandtschaft nach
der Hauptstadt ging und sich vor dem Kaiser nicht nieder-
werfen wollte. Ihre unverschämten Forderungen in Kan-ton waren
Folge dieses Fehlers, und Ki-šen bestärkte sie nur in ihrem über-
müthigen Auftreten. Vernichtet könnten sie werden von den chi-
nesischen Truppen, wenn deren Führer nur mehr Ernst und Kühn-
heit zeigen wollten. Ki-šen sprach nicht ein Wort von Besiegung
der Barbaren; er buhlte um ihre Gunst. Man denke nur, dass ein
Barbarenauge sich »Gesandter und Hoher Staatsbeamter« nennen
konnte, und dass Ki-šen solche Titel gelten liess! Werden nicht
durch solche Zugeständnisse die anderen Völker alle Ehrfurcht ver-
lieren? Verträgt sich solche Erniedrigung mit der Würde des
Reiches? Werden nicht alle westlichen Nationen unsere Schwäche

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[104/0126] Mittel gegen die Barbaren. in einem auf Ki-šen gemünzten Aufsatz, »haben wir Verstärkungen erhalten, und brauchen nur die Dunkelheit der Nacht zu benutzen, um ihre Schiffe zu verbrennen. In einer von den Barbaren zu Kan-ton veröffentlichten Schrift ist anerkannt, dass, wenn auch unsere Armee und Flotte in ihrem jetzigen Zustande ganz unwirk- sam sind, doch die Leute sich zu trefflichen Soldaten eignen. Auch in Betreff des Opium haben sie Ansichten ausgedrückt, die der Ein- führung in unser Land ungünstig sind. Gründen wir also unsere eigene Schätzung auf die ihrige, so mögen wir ihnen wohl Wider- stand leisten. Im vorigen Jahre waren ihre Seeleute bestürzt, als sie von unseren Rüstungen zur See hörten, und ebenso war es bei A-moi, wo ihre Schiffe sich zurückzogen. Ihre ganze Kriegsmacht beläuft sich jetzt auf sechstausend Mann; und wenn die opiumschmuggeln- den Schurken ihnen nicht als Augen, Ohren und Flügel dienen, so werden sie unfehlbar Opfer unserer Rache. Wir dürfen nur unsere tapferen Soldaten reichlich belohnen, dann sind wir ihre Gegen- wart bald los. Da ihre Geschütze auf die beiden Langseiten der Schiffe vertheilt sind, so müssen wir sie von vorn und von hinten angreifen, wo ihre Schüsse uns nicht treffen können; dann können wir sie ungestraft in Brand stecken.« .... »Das ganze Land muss gegen die Eindringlinge aufstehen; jede Fischerbarke soll als Kriegs-Dschunke ausgerüstet werden; jedes Ding, das schwim- men kann, ist von der Regierung in Beschlag zu nehmen, um den Feind zu vertreiben. Wo immer die Engländer landen, sollten unzählige Milizen aufmarschiren. ..... An der Pei-ho-Mündung hätten die Barbaren mit Schimpf und Schande abgewiesen werden sollen wie 1816, als ihre Gesandtschaft nach der Hauptstadt ging und sich vor dem Kaiser nicht nieder- werfen wollte. Ihre unverschämten Forderungen in Kan-ton waren Folge dieses Fehlers, und Ki-šen bestärkte sie nur in ihrem über- müthigen Auftreten. Vernichtet könnten sie werden von den chi- nesischen Truppen, wenn deren Führer nur mehr Ernst und Kühn- heit zeigen wollten. Ki-šen sprach nicht ein Wort von Besiegung der Barbaren; er buhlte um ihre Gunst. Man denke nur, dass ein Barbarenauge sich »Gesandter und Hoher Staatsbeamter« nennen konnte, und dass Ki-šen solche Titel gelten liess! Werden nicht durch solche Zugeständnisse die anderen Völker alle Ehrfurcht ver- lieren? Verträgt sich solche Erniedrigung mit der Würde des Reiches? Werden nicht alle westlichen Nationen unsere Schwäche

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/126>, abgerufen am 27.04.2024.