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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Die Convention von Kan-ton.
standes brachen Marodeure von den englischen Truppen bei den
rückwärts gelegenen Dörfern einige Gräber auf, -- eine Schand-
that, welche die chinesische Pietät niemals verzeiht. Das Landvolk
rottete sich zusammen und griff die Colonne im Rücken an; aus
allen Dörfern kam Zuzug und der Haufen zählte bald Tausende.
An Waffen fehlte es nicht; zwei Mandarinen, welche dort eben den
Landsturm organisirten, führten ihn jetzt auch zum Kampfe.
Der englische Bevollmächtigte drohte die Verhandlungen abzu-
brechen, wenn dem Unfug nicht gesteuert werde; da bewog der
Präfect Yu mit grosser Mühe den Haufen zum Auseinandergehen.

Am Morgen des 27. Mai waren die Geschütze schon in
Position gebracht und alle Vorbereitungen zum Angriff getroffen,
als zum Aerger der Truppen die Meldung kam, der Frieden sei
geschlossen. Elliot's Bedingungen waren schleunige Zahlung von
sechs Millionen Dollars für das Opium und Eröffnung des Handels,
wogegen er sich zur Zurückziehung der Kriegsschiffe aus dem
Perl-Flusse verpflichtete.

Die Engländer erbeuteten in dem kurzen Feldzuge zwölfhundert
Geschütze, eine grosse Zahl Wallbüchsen und andere Waffen; sie
hatten nur funfzehn Todte. Die Truppen zogen sich nach Hong-kong
zurück, wo in Folge der Anstrengung und des heissen feuchten Wetters
bald verheerende Seuchen unter ihnen ausbrachen. Ein furchtbarer
Tai-fun richtete auch unter den englischen Schiffen und Uferbauten
argen Schaden an; darin sahen die Chinesen eine Strafe des
Himmels, und hofften wieder auf schleunige Vernichtung der Bar-
baren35).

Der Abschluss der Convention wurde als ein grosser Fehler
angesehen; in der That konnte die Stadt in wenig Stunden ge-
nommen sein; dann wäre der Uebermuth des Pöbels mit einem

35) Yi-san schrieb dem Kaiser: "Am 29. Tage des 6. Mondes brach ein Tai-
fun
aus, der die vor Hong-kong geankerten Fahrzeuge der Barbaren auf die hohe See
hinaustrieb, ihre Hütten und Zelte zerstörte und das Bollwerk am Ufer fort-
schwemmte, so dass nur der blosse Erdboden übrig blieb." Tauk-wan antwortete:
"er sei glücklich und dankbar für den Beistand der Götter und zittere für das Loos
der Fremden. Es sei zu hoffen, dass der Himmel sie vernichte, dass Dämonen sie
durch mephitische Dünste wegfegten." Er sandte Yi-san zwanzig durch den Dalai-
Lama geweihte Weihrauchkerzen, die er in Frömmigkeit den Götzen opfern möge,
und liess durch vier Prinzen der kaiserlichen Familie und seine Hofbonzen im Frie-
denstempel zu Pe-kin Dankopfer darbringen. S. Davis China during the war and
since the peace.

Die Convention von Kan-ton.
standes brachen Marodeure von den englischen Truppen bei den
rückwärts gelegenen Dörfern einige Gräber auf, — eine Schand-
that, welche die chinesische Pietät niemals verzeiht. Das Landvolk
rottete sich zusammen und griff die Colonne im Rücken an; aus
allen Dörfern kam Zuzug und der Haufen zählte bald Tausende.
An Waffen fehlte es nicht; zwei Mandarinen, welche dort eben den
Landsturm organisirten, führten ihn jetzt auch zum Kampfe.
Der englische Bevollmächtigte drohte die Verhandlungen abzu-
brechen, wenn dem Unfug nicht gesteuert werde; da bewog der
Präfect Yu mit grosser Mühe den Haufen zum Auseinandergehen.

Am Morgen des 27. Mai waren die Geschütze schon in
Position gebracht und alle Vorbereitungen zum Angriff getroffen,
als zum Aerger der Truppen die Meldung kam, der Frieden sei
geschlossen. Elliot’s Bedingungen waren schleunige Zahlung von
sechs Millionen Dollars für das Opium und Eröffnung des Handels,
wogegen er sich zur Zurückziehung der Kriegsschiffe aus dem
Perl-Flusse verpflichtete.

Die Engländer erbeuteten in dem kurzen Feldzuge zwölfhundert
Geschütze, eine grosse Zahl Wallbüchsen und andere Waffen; sie
hatten nur funfzehn Todte. Die Truppen zogen sich nach Hong-kong
zurück, wo in Folge der Anstrengung und des heissen feuchten Wetters
bald verheerende Seuchen unter ihnen ausbrachen. Ein furchtbarer
Tai-fun richtete auch unter den englischen Schiffen und Uferbauten
argen Schaden an; darin sahen die Chinesen eine Strafe des
Himmels, und hofften wieder auf schleunige Vernichtung der Bar-
baren35).

Der Abschluss der Convention wurde als ein grosser Fehler
angesehen; in der That konnte die Stadt in wenig Stunden ge-
nommen sein; dann wäre der Uebermuth des Pöbels mit einem

35) Yi-šan schrieb dem Kaiser: »Am 29. Tage des 6. Mondes brach ein Tai-
fun
aus, der die vor Hong-kong geankerten Fahrzeuge der Barbaren auf die hohe See
hinaustrieb, ihre Hütten und Zelte zerstörte und das Bollwerk am Ufer fort-
schwemmte, so dass nur der blosse Erdboden übrig blieb.« Tauk-waṅ antwortete:
»er sei glücklich und dankbar für den Beistand der Götter und zittere für das Loos
der Fremden. Es sei zu hoffen, dass der Himmel sie vernichte, dass Dämonen sie
durch mephitische Dünste wegfegten.« Er sandte Yi-šan zwanzig durch den Dalai-
Lama geweihte Weihrauchkerzen, die er in Frömmigkeit den Götzen opfern möge,
und liess durch vier Prinzen der kaiserlichen Familie und seine Hofbonzen im Frie-
denstempel zu Pe-kiṅ Dankopfer darbringen. S. Davis China during the war and
since the peace.
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[88/0110] Die Convention von Kan-ton. standes brachen Marodeure von den englischen Truppen bei den rückwärts gelegenen Dörfern einige Gräber auf, — eine Schand- that, welche die chinesische Pietät niemals verzeiht. Das Landvolk rottete sich zusammen und griff die Colonne im Rücken an; aus allen Dörfern kam Zuzug und der Haufen zählte bald Tausende. An Waffen fehlte es nicht; zwei Mandarinen, welche dort eben den Landsturm organisirten, führten ihn jetzt auch zum Kampfe. Der englische Bevollmächtigte drohte die Verhandlungen abzu- brechen, wenn dem Unfug nicht gesteuert werde; da bewog der Präfect Yu mit grosser Mühe den Haufen zum Auseinandergehen. Am Morgen des 27. Mai waren die Geschütze schon in Position gebracht und alle Vorbereitungen zum Angriff getroffen, als zum Aerger der Truppen die Meldung kam, der Frieden sei geschlossen. Elliot’s Bedingungen waren schleunige Zahlung von sechs Millionen Dollars für das Opium und Eröffnung des Handels, wogegen er sich zur Zurückziehung der Kriegsschiffe aus dem Perl-Flusse verpflichtete. Die Engländer erbeuteten in dem kurzen Feldzuge zwölfhundert Geschütze, eine grosse Zahl Wallbüchsen und andere Waffen; sie hatten nur funfzehn Todte. Die Truppen zogen sich nach Hong-kong zurück, wo in Folge der Anstrengung und des heissen feuchten Wetters bald verheerende Seuchen unter ihnen ausbrachen. Ein furchtbarer Tai-fun richtete auch unter den englischen Schiffen und Uferbauten argen Schaden an; darin sahen die Chinesen eine Strafe des Himmels, und hofften wieder auf schleunige Vernichtung der Bar- baren 35). Der Abschluss der Convention wurde als ein grosser Fehler angesehen; in der That konnte die Stadt in wenig Stunden ge- nommen sein; dann wäre der Uebermuth des Pöbels mit einem 35) Yi-šan schrieb dem Kaiser: »Am 29. Tage des 6. Mondes brach ein Tai- fun aus, der die vor Hong-kong geankerten Fahrzeuge der Barbaren auf die hohe See hinaustrieb, ihre Hütten und Zelte zerstörte und das Bollwerk am Ufer fort- schwemmte, so dass nur der blosse Erdboden übrig blieb.« Tauk-waṅ antwortete: »er sei glücklich und dankbar für den Beistand der Götter und zittere für das Loos der Fremden. Es sei zu hoffen, dass der Himmel sie vernichte, dass Dämonen sie durch mephitische Dünste wegfegten.« Er sandte Yi-šan zwanzig durch den Dalai- Lama geweihte Weihrauchkerzen, die er in Frömmigkeit den Götzen opfern möge, und liess durch vier Prinzen der kaiserlichen Familie und seine Hofbonzen im Frie- denstempel zu Pe-kiṅ Dankopfer darbringen. S. Davis China during the war and since the peace.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/110>, abgerufen am 29.11.2024.