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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Thee-Lese und Zurichtung.
gerupft und die Endsprossen der übrigen schon im ersten Jahre
gekappt sind, breiten die Zweige sich aus und verwachsen in eine
buschige Krone. Erst wenn der Strauch Kraft gewonnen versetzt
man ihn in die mit getrockneten Sardellen, Oelkuchen und ausge-
pressten Senfsamen gedüngten Pflanzungen 8); die Büsche stehen
dort in Zwischenräumen von drei bis vier Fuss und werden häufig
mit Jauche begossen. Die erste Lese soll in Japan im vierten oder
fünften Jahre nach der Aussaat stattfinden; kräftige Büsche liefern
dann mehrere Jahre lang reichliche Aernten, verkümmern aber
endlich in Folge der fortgesetzten Beraubung und müssen, wo es
nicht gelingt, die Triebkraft durch Kappen und Beschneiden wieder
zu beleben, durch neue ersetzt werden. -- Die erste Jahresärnte
findet Anfang April statt; man bricht dann die jungen zwei bis
drei Zoll langen Triebe ab, und lässt sie zu Hause von Frauen und
Kindern ablesen 9). Die zartesten Herzblättchen werden ausgesondert
und geben den feinsten, die gröberen den sogenannten Mahl-Thee.
-- Sobald der Strauch neue Sprossen getrieben hat, schreitet man
zur zweiten Lese, pflückt jetzt die Blätter selbst von den Sträuchern
und sondert sie vor der Zurichtung in gröbere und feinere Sorten.
Die dritte Aernte liefert die gröbsten und härtesten Blätter. -- Man
sammelt jedesmal nur soviel, als man noch an demselben Tage be-
reiten kann; die Zurichtung soll auf nassem oder trockenem Wege
geschehen. Bei letzterer werden die frischen Blätter auf eiserne
Pfannen geschüttet und über Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren
erhitzt; man breitet sie dann auf Matten aus, um sie mit der flachen
Hand unter mässigem Druck zu rollen, wobei sie einen gelblich-grünen
Saft von sich geben. Darauf lässt man die halb gerollten Blätter
an der Luft erkalten und verfährt auf dieselbe Weise mit einer
zweiten und dritten Menge. Die so bereiteten Haufen werden
nachher wieder vorgenommen und auf die angegebene Weise noch
drei- bis viermal geröstet und gerollt, bis die Blättchen fest zusammen-
gewickelt und vollständig trocken sind. Zuweilen soll die letzte
Darre in hölzernen Kasten mit Papierböden vor sich gehen.

8) Nach Siebold. Fortune der die Theedistricte von China bereiste, bezweifelt
diese Angabe; sie ist aber bei der raffinirten Düngerwirthschaft der Japaner nicht
unwahrscheinlich.
9) Nach Siebold. In China pflückt man nach Fortune immer nur Blätter und
Blattknospen, niemals Zweige ab. Eine Darstellung des Theebaues in China, der
in vielen Stücken von dem japanischen abweicht, soll später folgen.

VII. Thee-Lese und Zurichtung.
gerupft und die Endsprossen der übrigen schon im ersten Jahre
gekappt sind, breiten die Zweige sich aus und verwachsen in eine
buschige Krone. Erst wenn der Strauch Kraft gewonnen versetzt
man ihn in die mit getrockneten Sardellen, Oelkuchen und ausge-
pressten Senfsamen gedüngten Pflanzungen 8); die Büsche stehen
dort in Zwischenräumen von drei bis vier Fuss und werden häufig
mit Jauche begossen. Die erste Lese soll in Japan im vierten oder
fünften Jahre nach der Aussaat stattfinden; kräftige Büsche liefern
dann mehrere Jahre lang reichliche Aernten, verkümmern aber
endlich in Folge der fortgesetzten Beraubung und müssen, wo es
nicht gelingt, die Triebkraft durch Kappen und Beschneiden wieder
zu beleben, durch neue ersetzt werden. — Die erste Jahresärnte
findet Anfang April statt; man bricht dann die jungen zwei bis
drei Zoll langen Triebe ab, und lässt sie zu Hause von Frauen und
Kindern ablesen 9). Die zartesten Herzblättchen werden ausgesondert
und geben den feinsten, die gröberen den sogenannten Mahl-Thee.
— Sobald der Strauch neue Sprossen getrieben hat, schreitet man
zur zweiten Lese, pflückt jetzt die Blätter selbst von den Sträuchern
und sondert sie vor der Zurichtung in gröbere und feinere Sorten.
Die dritte Aernte liefert die gröbsten und härtesten Blätter. — Man
sammelt jedesmal nur soviel, als man noch an demselben Tage be-
reiten kann; die Zurichtung soll auf nassem oder trockenem Wege
geschehen. Bei letzterer werden die frischen Blätter auf eiserne
Pfannen geschüttet und über Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren
erhitzt; man breitet sie dann auf Matten aus, um sie mit der flachen
Hand unter mässigem Druck zu rollen, wobei sie einen gelblich-grünen
Saft von sich geben. Darauf lässt man die halb gerollten Blätter
an der Luft erkalten und verfährt auf dieselbe Weise mit einer
zweiten und dritten Menge. Die so bereiteten Haufen werden
nachher wieder vorgenommen und auf die angegebene Weise noch
drei- bis viermal geröstet und gerollt, bis die Blättchen fest zusammen-
gewickelt und vollständig trocken sind. Zuweilen soll die letzte
Darre in hölzernen Kasten mit Papierböden vor sich gehen.

8) Nach Siebold. Fortune der die Theedistricte von China bereiste, bezweifelt
diese Angabe; sie ist aber bei der raffinirten Düngerwirthschaft der Japaner nicht
unwahrscheinlich.
9) Nach Siebold. In China pflückt man nach Fortune immer nur Blätter und
Blattknospen, niemals Zweige ab. Eine Darstellung des Theebaues in China, der
in vielen Stücken von dem japanischen abweicht, soll später folgen.
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[77/0097] VII. Thee-Lese und Zurichtung. gerupft und die Endsprossen der übrigen schon im ersten Jahre gekappt sind, breiten die Zweige sich aus und verwachsen in eine buschige Krone. Erst wenn der Strauch Kraft gewonnen versetzt man ihn in die mit getrockneten Sardellen, Oelkuchen und ausge- pressten Senfsamen gedüngten Pflanzungen 8); die Büsche stehen dort in Zwischenräumen von drei bis vier Fuss und werden häufig mit Jauche begossen. Die erste Lese soll in Japan im vierten oder fünften Jahre nach der Aussaat stattfinden; kräftige Büsche liefern dann mehrere Jahre lang reichliche Aernten, verkümmern aber endlich in Folge der fortgesetzten Beraubung und müssen, wo es nicht gelingt, die Triebkraft durch Kappen und Beschneiden wieder zu beleben, durch neue ersetzt werden. — Die erste Jahresärnte findet Anfang April statt; man bricht dann die jungen zwei bis drei Zoll langen Triebe ab, und lässt sie zu Hause von Frauen und Kindern ablesen 9). Die zartesten Herzblättchen werden ausgesondert und geben den feinsten, die gröberen den sogenannten Mahl-Thee. — Sobald der Strauch neue Sprossen getrieben hat, schreitet man zur zweiten Lese, pflückt jetzt die Blätter selbst von den Sträuchern und sondert sie vor der Zurichtung in gröbere und feinere Sorten. Die dritte Aernte liefert die gröbsten und härtesten Blätter. — Man sammelt jedesmal nur soviel, als man noch an demselben Tage be- reiten kann; die Zurichtung soll auf nassem oder trockenem Wege geschehen. Bei letzterer werden die frischen Blätter auf eiserne Pfannen geschüttet und über Kohlenfeuer unter beständigem Umrühren erhitzt; man breitet sie dann auf Matten aus, um sie mit der flachen Hand unter mässigem Druck zu rollen, wobei sie einen gelblich-grünen Saft von sich geben. Darauf lässt man die halb gerollten Blätter an der Luft erkalten und verfährt auf dieselbe Weise mit einer zweiten und dritten Menge. Die so bereiteten Haufen werden nachher wieder vorgenommen und auf die angegebene Weise noch drei- bis viermal geröstet und gerollt, bis die Blättchen fest zusammen- gewickelt und vollständig trocken sind. Zuweilen soll die letzte Darre in hölzernen Kasten mit Papierböden vor sich gehen. 8) Nach Siebold. Fortune der die Theedistricte von China bereiste, bezweifelt diese Angabe; sie ist aber bei der raffinirten Düngerwirthschaft der Japaner nicht unwahrscheinlich. 9) Nach Siebold. In China pflückt man nach Fortune immer nur Blätter und Blattknospen, niemals Zweige ab. Eine Darstellung des Theebaues in China, der in vielen Stücken von dem japanischen abweicht, soll später folgen.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/97>, abgerufen am 27.04.2024.