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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Gefleckte Pflanzen. Handelsgärten. VII.
Zickzack, beseitigt jeden kräftigen Schuss, und fördert die Entwickelung
von Seitenästen, welche dann auch wieder künstlich gedreht und
niedergehalten werden. Nach einiger Zeit soll der Baum sich dem
Zwange bequemen, und, freiwillig in den vorgeschriebenen Gränzen
bleibend, seine Lebenskraft auf die Erzeugung reichlicher Samen
und Früchte wenden. -- Thuja, Juniperus und andere Nadelhölzer,
Bambus, Kirsch- und Pflaumenbäume werden vorzugsweise als Zwerg-
bäume gezogen; bei letzteren ist es besonders auf die Erzeugung
grosser Blüthen abgesehen. Viele Zwergpflanzen haben gestreifte
oder gefleckte Blätter, und die Erzeugung solcher Varietäten, auch
bei natürlichem Wuchse, ist eine zweite Liebhaberei der japanischen
Gärtner. Man hat Kiefern, Wachholder, Retinospora, Podocarpus
und Ilicium-Arten, Andromeda japonica, Euryas, Elaeagnus, Aucuba
japonica, Pittosporum Tobira, Aralia, Laurus, Salisburia adian-
tifolia und andere mit weissen, einen Evonymus und die Sciadopytis
verticillata mit goldgelben Flecken und Streifen, ja sogar gefleckte
Camelien, Theesträucher, Orchideen und Palmen. Die grosse Anzahl
und das feste Fortbestehen solcher Varietäten lässt auf ein hohes
Alter dieser Cultur schliessen.

Die Handelsgärten von Yeddo bedecken ein weit grösseres
Areal als die irgend einer europäischen Hauptstadt; Fortune gesteht
in keinem Lande der Welt eine so ungeheuere Anzahl cultivirter
Zierpflanzen gesehen zu haben. Man findet neben den einheimischen
und eingebürgerten auch viele ganz fremde: Cactus, Aloe, Fuchsien
und andere Südamerikaner. Manche Gärtner beschränken sich auf
die Cultur einer oder weniger Arten; so zog im Winter 1860 ein
grosses Etablissement bei Sume nur eine einzige Acorus-Art mit
dunkelgrünen Blättern in vielen tausend Exemplaren; sie waren in
zierliche viereckige Porcelantöpfe gepflanzt und neben jedes ein
Stück Achat, Bergcrystall oder andere bunte Steine in die Erde
gesteckt; die Pflanze muss neu und in der Mode gewesen sein. --
Eigentliche Treibhäuser fehlen; man bringt die Gewächse während
der strengeren Monate in langen strohgedeckten Schuppen unter,
die nur bei ganz schlechtem Wetter zugesetzt werden.

Die Anlage der japanischen Ziergärten ist der der franzö-
sischen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ähnlich; sie haben mit
diesen die Charmillen und steif beschnittenen Sträucher gemein.
Vielleicht verpflanzte sich dieser Geschmack gar erst aus Japan
nach Holland, und von da, weil er der Mode des Jahrhunderts

Gefleckte Pflanzen. Handelsgärten. VII.
Zickzack, beseitigt jeden kräftigen Schuss, und fördert die Entwickelung
von Seitenästen, welche dann auch wieder künstlich gedreht und
niedergehalten werden. Nach einiger Zeit soll der Baum sich dem
Zwange bequemen, und, freiwillig in den vorgeschriebenen Gränzen
bleibend, seine Lebenskraft auf die Erzeugung reichlicher Samen
und Früchte wenden. — Thuja, Juniperus und andere Nadelhölzer,
Bambus, Kirsch- und Pflaumenbäume werden vorzugsweise als Zwerg-
bäume gezogen; bei letzteren ist es besonders auf die Erzeugung
grosser Blüthen abgesehen. Viele Zwergpflanzen haben gestreifte
oder gefleckte Blätter, und die Erzeugung solcher Varietäten, auch
bei natürlichem Wuchse, ist eine zweite Liebhaberei der japanischen
Gärtner. Man hat Kiefern, Wachholder, Retinospora, Podocarpus
und Ilicium-Arten, Andromeda japonica, Euryas, Elaeagnus, Aucuba
japonica, Pittosporum Tobira, Aralia, Laurus, Salisburia adian-
tifolia und andere mit weissen, einen Evonymus und die Sciadopytis
verticillata mit goldgelben Flecken und Streifen, ja sogar gefleckte
Camelien, Theesträucher, Orchideen und Palmen. Die grosse Anzahl
und das feste Fortbestehen solcher Varietäten lässt auf ein hohes
Alter dieser Cultur schliessen.

Die Handelsgärten von Yeddo bedecken ein weit grösseres
Areal als die irgend einer europäischen Hauptstadt; Fortune gesteht
in keinem Lande der Welt eine so ungeheuere Anzahl cultivirter
Zierpflanzen gesehen zu haben. Man findet neben den einheimischen
und eingebürgerten auch viele ganz fremde: Cactus, Aloe, Fuchsien
und andere Südamerikaner. Manche Gärtner beschränken sich auf
die Cultur einer oder weniger Arten; so zog im Winter 1860 ein
grosses Etablissement bei Sume nur eine einzige Acorus-Art mit
dunkelgrünen Blättern in vielen tausend Exemplaren; sie waren in
zierliche viereckige Porcelantöpfe gepflanzt und neben jedes ein
Stück Achat, Bergcrystall oder andere bunte Steine in die Erde
gesteckt; die Pflanze muss neu und in der Mode gewesen sein. —
Eigentliche Treibhäuser fehlen; man bringt die Gewächse während
der strengeren Monate in langen strohgedeckten Schuppen unter,
die nur bei ganz schlechtem Wetter zugesetzt werden.

Die Anlage der japanischen Ziergärten ist der der franzö-
sischen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ähnlich; sie haben mit
diesen die Charmillen und steif beschnittenen Sträucher gemein.
Vielleicht verpflanzte sich dieser Geschmack gar erst aus Japan
nach Holland, und von da, weil er der Mode des Jahrhunderts

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[74/0094] Gefleckte Pflanzen. Handelsgärten. VII. Zickzack, beseitigt jeden kräftigen Schuss, und fördert die Entwickelung von Seitenästen, welche dann auch wieder künstlich gedreht und niedergehalten werden. Nach einiger Zeit soll der Baum sich dem Zwange bequemen, und, freiwillig in den vorgeschriebenen Gränzen bleibend, seine Lebenskraft auf die Erzeugung reichlicher Samen und Früchte wenden. — Thuja, Juniperus und andere Nadelhölzer, Bambus, Kirsch- und Pflaumenbäume werden vorzugsweise als Zwerg- bäume gezogen; bei letzteren ist es besonders auf die Erzeugung grosser Blüthen abgesehen. Viele Zwergpflanzen haben gestreifte oder gefleckte Blätter, und die Erzeugung solcher Varietäten, auch bei natürlichem Wuchse, ist eine zweite Liebhaberei der japanischen Gärtner. Man hat Kiefern, Wachholder, Retinospora, Podocarpus und Ilicium-Arten, Andromeda japonica, Euryas, Elaeagnus, Aucuba japonica, Pittosporum Tobira, Aralia, Laurus, Salisburia adian- tifolia und andere mit weissen, einen Evonymus und die Sciadopytis verticillata mit goldgelben Flecken und Streifen, ja sogar gefleckte Camelien, Theesträucher, Orchideen und Palmen. Die grosse Anzahl und das feste Fortbestehen solcher Varietäten lässt auf ein hohes Alter dieser Cultur schliessen. Die Handelsgärten von Yeddo bedecken ein weit grösseres Areal als die irgend einer europäischen Hauptstadt; Fortune gesteht in keinem Lande der Welt eine so ungeheuere Anzahl cultivirter Zierpflanzen gesehen zu haben. Man findet neben den einheimischen und eingebürgerten auch viele ganz fremde: Cactus, Aloe, Fuchsien und andere Südamerikaner. Manche Gärtner beschränken sich auf die Cultur einer oder weniger Arten; so zog im Winter 1860 ein grosses Etablissement bei Sume nur eine einzige Acorus-Art mit dunkelgrünen Blättern in vielen tausend Exemplaren; sie waren in zierliche viereckige Porcelantöpfe gepflanzt und neben jedes ein Stück Achat, Bergcrystall oder andere bunte Steine in die Erde gesteckt; die Pflanze muss neu und in der Mode gewesen sein. — Eigentliche Treibhäuser fehlen; man bringt die Gewächse während der strengeren Monate in langen strohgedeckten Schuppen unter, die nur bei ganz schlechtem Wetter zugesetzt werden. Die Anlage der japanischen Ziergärten ist der der franzö- sischen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ähnlich; sie haben mit diesen die Charmillen und steif beschnittenen Sträucher gemein. Vielleicht verpflanzte sich dieser Geschmack gar erst aus Japan nach Holland, und von da, weil er der Mode des Jahrhunderts

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/94>, abgerufen am 27.04.2024.