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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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VII. Reisbau.
zu Anfang Juni abgeärntet, darauf der ganze Acker umgestürzt,
geebnet und das durch die Stoppeln gedüngte Land von neuem
mit Reis bestellt, der im Herbst eine zweite Aernte bringt. -- Bei
einmaliger Aernte beginnt die Bestellung im April; die Felder werden
meistens umgegraben, selten umgepflügt. Der Boden ist durch die
atmosphärischen Niederschläge und künstliche Berieselung tief durch-
weicht, oft überschwemmt, und die Arbeit sehr beschwerlich; beim
Pflügen stecken Thiere und Menschen bis an die Brust in Schlamm
und Wasser. -- Frauen und Kinder schneiden unterdess auf Rainen
und Abhängen Gras und Kräuter, die, in grünem Zustand auf die
Aecker gebracht und dem Schlammboden vermengt, in kurzer Zeit
faulen; die Oberfläche wird geebnet und schon nach vierzehn Tagen
ist jede Spur des grünen Düngers verschwunden. Während der
Zeit hat man in den Ecken der Felder kleine Saatbeete angelegt,
die, sorgfälltig umgegraben, gedüngt und mit einem niedrigen Damm
umgeben, nach Erfordern besonders überrieselt werden können.
Man taucht die Körner in flüssigen Dünger und säet sie sehr dicht;
die jungen Pflänzchen spriessen schon nach drei bis vier Tagen
aus dem Boden und wachsen bei der warmen feuchten Luft mit
unglaublicher Schnelligkeit. Anfang Juni beginnt bei Yeddo die
Umpflanzung: der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflänzchen unter den
linken Arm und zerstreut sie, den Bedarf genau abmessend, auf das
drei Zoll hoch mit Wasser bedeckte Feld; andere stecken sie dort
reihenweise in den schlammigen Boden. Eine Schaar Kraniche und
Reiher pflegt den Arbeitern zu folgen und die Würmer aufzulesen.
Anfang Juli ist die Umpflanzung fertig und die Aecker bedürfen
dann ausser regelmässiger Bewässerung keiner weiteren Pflege, als
dass der Boden zuweilen aufgelockert und das Unkraut zwischen
den Reihen gejätet werde. Nur auf wenigen, ungünstig gelegenen
Feldern wird der Reis gesäet; solcher bringt aber gegen den
gepflanzten nur geringe Erträge. Die Aernte ist im November.
Wir hatten auf unseren Ritten oft Gelegenheit das Abstreifen der
Körner zu beobachten: auf einer zwei bis drei Fuss hohen Holz-
wand ist eine harkenartige Reihe dichtstehender Zinken befestigt,
der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflanzen und zieht sie durch diesen
Rechen; jenseits fallen die Körner nieder, diesseits das Stroh. Die
Reiskörner müssen nun noch von den Hülsen befreit werden: das
geschieht in grossen nach unten verjüngten Holzmörsern, in welche
umgekehrt kegelförmige, abgestumpfte Holzhämmer, von Menschen

5*

VII. Reisbau.
zu Anfang Juni abgeärntet, darauf der ganze Acker umgestürzt,
geebnet und das durch die Stoppeln gedüngte Land von neuem
mit Reis bestellt, der im Herbst eine zweite Aernte bringt. — Bei
einmaliger Aernte beginnt die Bestellung im April; die Felder werden
meistens umgegraben, selten umgepflügt. Der Boden ist durch die
atmosphärischen Niederschläge und künstliche Berieselung tief durch-
weicht, oft überschwemmt, und die Arbeit sehr beschwerlich; beim
Pflügen stecken Thiere und Menschen bis an die Brust in Schlamm
und Wasser. — Frauen und Kinder schneiden unterdess auf Rainen
und Abhängen Gras und Kräuter, die, in grünem Zustand auf die
Aecker gebracht und dem Schlammboden vermengt, in kurzer Zeit
faulen; die Oberfläche wird geebnet und schon nach vierzehn Tagen
ist jede Spur des grünen Düngers verschwunden. Während der
Zeit hat man in den Ecken der Felder kleine Saatbeete angelegt,
die, sorgfälltig umgegraben, gedüngt und mit einem niedrigen Damm
umgeben, nach Erfordern besonders überrieselt werden können.
Man taucht die Körner in flüssigen Dünger und säet sie sehr dicht;
die jungen Pflänzchen spriessen schon nach drei bis vier Tagen
aus dem Boden und wachsen bei der warmen feuchten Luft mit
unglaublicher Schnelligkeit. Anfang Juni beginnt bei Yeddo die
Umpflanzung: der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflänzchen unter den
linken Arm und zerstreut sie, den Bedarf genau abmessend, auf das
drei Zoll hoch mit Wasser bedeckte Feld; andere stecken sie dort
reihenweise in den schlammigen Boden. Eine Schaar Kraniche und
Reiher pflegt den Arbeitern zu folgen und die Würmer aufzulesen.
Anfang Juli ist die Umpflanzung fertig und die Aecker bedürfen
dann ausser regelmässiger Bewässerung keiner weiteren Pflege, als
dass der Boden zuweilen aufgelockert und das Unkraut zwischen
den Reihen gejätet werde. Nur auf wenigen, ungünstig gelegenen
Feldern wird der Reis gesäet; solcher bringt aber gegen den
gepflanzten nur geringe Erträge. Die Aernte ist im November.
Wir hatten auf unseren Ritten oft Gelegenheit das Abstreifen der
Körner zu beobachten: auf einer zwei bis drei Fuss hohen Holz-
wand ist eine harkenartige Reihe dichtstehender Zinken befestigt,
der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflanzen und zieht sie durch diesen
Rechen; jenseits fallen die Körner nieder, diesseits das Stroh. Die
Reiskörner müssen nun noch von den Hülsen befreit werden: das
geschieht in grossen nach unten verjüngten Holzmörsern, in welche
umgekehrt kegelförmige, abgestumpfte Holzhämmer, von Menschen

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[67/0087] VII. Reisbau. zu Anfang Juni abgeärntet, darauf der ganze Acker umgestürzt, geebnet und das durch die Stoppeln gedüngte Land von neuem mit Reis bestellt, der im Herbst eine zweite Aernte bringt. — Bei einmaliger Aernte beginnt die Bestellung im April; die Felder werden meistens umgegraben, selten umgepflügt. Der Boden ist durch die atmosphärischen Niederschläge und künstliche Berieselung tief durch- weicht, oft überschwemmt, und die Arbeit sehr beschwerlich; beim Pflügen stecken Thiere und Menschen bis an die Brust in Schlamm und Wasser. — Frauen und Kinder schneiden unterdess auf Rainen und Abhängen Gras und Kräuter, die, in grünem Zustand auf die Aecker gebracht und dem Schlammboden vermengt, in kurzer Zeit faulen; die Oberfläche wird geebnet und schon nach vierzehn Tagen ist jede Spur des grünen Düngers verschwunden. Während der Zeit hat man in den Ecken der Felder kleine Saatbeete angelegt, die, sorgfälltig umgegraben, gedüngt und mit einem niedrigen Damm umgeben, nach Erfordern besonders überrieselt werden können. Man taucht die Körner in flüssigen Dünger und säet sie sehr dicht; die jungen Pflänzchen spriessen schon nach drei bis vier Tagen aus dem Boden und wachsen bei der warmen feuchten Luft mit unglaublicher Schnelligkeit. Anfang Juni beginnt bei Yeddo die Umpflanzung: der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflänzchen unter den linken Arm und zerstreut sie, den Bedarf genau abmessend, auf das drei Zoll hoch mit Wasser bedeckte Feld; andere stecken sie dort reihenweise in den schlammigen Boden. Eine Schaar Kraniche und Reiher pflegt den Arbeitern zu folgen und die Würmer aufzulesen. Anfang Juli ist die Umpflanzung fertig und die Aecker bedürfen dann ausser regelmässiger Bewässerung keiner weiteren Pflege, als dass der Boden zuweilen aufgelockert und das Unkraut zwischen den Reihen gejätet werde. Nur auf wenigen, ungünstig gelegenen Feldern wird der Reis gesäet; solcher bringt aber gegen den gepflanzten nur geringe Erträge. Die Aernte ist im November. Wir hatten auf unseren Ritten oft Gelegenheit das Abstreifen der Körner zu beobachten: auf einer zwei bis drei Fuss hohen Holz- wand ist eine harkenartige Reihe dichtstehender Zinken befestigt, der Arbeiter nimmt ein Bündel Pflanzen und zieht sie durch diesen Rechen; jenseits fallen die Körner nieder, diesseits das Stroh. Die Reiskörner müssen nun noch von den Hülsen befreit werden: das geschieht in grossen nach unten verjüngten Holzmörsern, in welche umgekehrt kegelförmige, abgestumpfte Holzhämmer, von Menschen 5*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/87>, abgerufen am 27.04.2024.