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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Schreiben des Fürsten von Nangato. Anh. II
zu schiessen; die Einstellung der Feindseligkeiten würde unter
seinen Vasallen die grösste Entrüstung hervorgerufen haben. -- Nun
seien Gesandte des Taikun gekommen mit dem Vorwurf, dass er
rücksichtslos die Schiffe angegriffen hätte, während die Verhand-
lungen in Yokuhama noch schwebten; er habe sich aber auf den
Befehl des Mikado berufen, die Feindseligkeiten am 24. Juni zu
eröffnen, und geglaubt, dass die Verhandlungen nur den Bruch
hätten einleiten sollen. Der Taikun habe damals seine Vorstellungen
nicht beantwortet, ihm aber durch den Fürsten von Mito ange-
kündigt, dass die Vertreibung der Fremden fest beschlossen und
ein neuer Termin dafür anberaumt sei; dass der Taikun den Fremden
die Ungültigkeit der ohne Zustimmung des Mikado geschlossenen
Verträge notificirt habe. Ein Fürst aus dem Hause des Erbkaisers
habe offen ausgesprochen, dass, wenn ein Theil der Daimio's die
Fremden begünstige, die Intriguen des Hofes von Yeddo an dieser
Spaltung schuld seien. -- Er -- Nangato -- habe den Mikado auf-
gefordert, eine Versammlung nach dem grossen Tempel des Kriegs-
gottes bei Miako zu berufen, die gewaltsame Vertreibung der
Fremden aus eigener Macht zu beschliessen und dazu gemessenen
Befehl zu ertheilen. Jener habe geantwortet, er wolle nach dem
Grabe des Dsinmu in der Landschaft Yamatto wallfahrten, dann
im Tempel des Kasunga beten und Kriegsrath halten, endlich
auch nach Isye gehen. Er und sein Sohn hätten ihm zu dieser
Reise eine militärische Bedeckung angeboten und nach Miako ge-
sandt. Dort sei aber am 30. October 1863 das Palastthor Takai-
Motsi
plötzlich von den Truppen des Taikun mit Artillerie besetzt,
seinen Leuten aber die Thorwache abgenommen worden. Diese
hätten ihre militärische Haltung bewahrt und sich in ihre Provinz
zurückgezogen, worauf er ihnen verboten habe, Miako und den
kaiserlichen Palast wieder zu betreten. Er habe nun Befehl er-
halten, gegen seine Leute die Untersuchung einzuleiten; diese be-
haupteten aber, ihren kriegerischen Eifer unterdrückt und die
Heiligkeit des Palastes respectirt zu haben. Er könne sie nicht
bestrafen, da sie nur ihre Pflicht gegen den Mikado zu thun und
zur Vertreibung der Fremden beizutragen gewünscht hätten. Er
habe nun ein Gesuch eingereicht, mit seinem Sohne zur Rechtfer-
tigung vor dem Mikado erscheinen zu dürfen.

So dunkel dieses Schreiben, -- theilweise wohl auch wegen
der mangelhaften Uebersetzung ist, so wirft es doch einiges Licht

Schreiben des Fürsten von Naṅgato. Anh. II
zu schiessen; die Einstellung der Feindseligkeiten würde unter
seinen Vasallen die grösste Entrüstung hervorgerufen haben. — Nun
seien Gesandte des Taïkūn gekommen mit dem Vorwurf, dass er
rücksichtslos die Schiffe angegriffen hätte, während die Verhand-
lungen in Yokuhama noch schwebten; er habe sich aber auf den
Befehl des Mikado berufen, die Feindseligkeiten am 24. Juni zu
eröffnen, und geglaubt, dass die Verhandlungen nur den Bruch
hätten einleiten sollen. Der Taïkūn habe damals seine Vorstellungen
nicht beantwortet, ihm aber durch den Fürsten von Mito ange-
kündigt, dass die Vertreibung der Fremden fest beschlossen und
ein neuer Termin dafür anberaumt sei; dass der Taïkūn den Fremden
die Ungültigkeit der ohne Zustimmung des Mikado geschlossenen
Verträge notificirt habe. Ein Fürst aus dem Hause des Erbkaisers
habe offen ausgesprochen, dass, wenn ein Theil der Daïmio’s die
Fremden begünstige, die Intriguen des Hofes von Yeddo an dieser
Spaltung schuld seien. — Er — Naṅgato — habe den Mikado auf-
gefordert, eine Versammlung nach dem grossen Tempel des Kriegs-
gottes bei Miako zu berufen, die gewaltsame Vertreibung der
Fremden aus eigener Macht zu beschliessen und dazu gemessenen
Befehl zu ertheilen. Jener habe geantwortet, er wolle nach dem
Grabe des Dsinmu in der Landschaft Yamatto wallfahrten, dann
im Tempel des Kasuṅga beten und Kriegsrath halten, endlich
auch nach Isye gehen. Er und sein Sohn hätten ihm zu dieser
Reise eine militärische Bedeckung angeboten und nach Miako ge-
sandt. Dort sei aber am 30. October 1863 das Palastthor Takaï-
Motši
plötzlich von den Truppen des Taïkūn mit Artillerie besetzt,
seinen Leuten aber die Thorwache abgenommen worden. Diese
hätten ihre militärische Haltung bewahrt und sich in ihre Provinz
zurückgezogen, worauf er ihnen verboten habe, Miako und den
kaiserlichen Palast wieder zu betreten. Er habe nun Befehl er-
halten, gegen seine Leute die Untersuchung einzuleiten; diese be-
haupteten aber, ihren kriegerischen Eifer unterdrückt und die
Heiligkeit des Palastes respectirt zu haben. Er könne sie nicht
bestrafen, da sie nur ihre Pflicht gegen den Mikado zu thun und
zur Vertreibung der Fremden beizutragen gewünscht hätten. Er
habe nun ein Gesuch eingereicht, mit seinem Sohne zur Rechtfer-
tigung vor dem Mikado erscheinen zu dürfen.

So dunkel dieses Schreiben, — theilweise wohl auch wegen
der mangelhaften Uebersetzung ist, so wirft es doch einiges Licht

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[346/0366] Schreiben des Fürsten von Naṅgato. Anh. II zu schiessen; die Einstellung der Feindseligkeiten würde unter seinen Vasallen die grösste Entrüstung hervorgerufen haben. — Nun seien Gesandte des Taïkūn gekommen mit dem Vorwurf, dass er rücksichtslos die Schiffe angegriffen hätte, während die Verhand- lungen in Yokuhama noch schwebten; er habe sich aber auf den Befehl des Mikado berufen, die Feindseligkeiten am 24. Juni zu eröffnen, und geglaubt, dass die Verhandlungen nur den Bruch hätten einleiten sollen. Der Taïkūn habe damals seine Vorstellungen nicht beantwortet, ihm aber durch den Fürsten von Mito ange- kündigt, dass die Vertreibung der Fremden fest beschlossen und ein neuer Termin dafür anberaumt sei; dass der Taïkūn den Fremden die Ungültigkeit der ohne Zustimmung des Mikado geschlossenen Verträge notificirt habe. Ein Fürst aus dem Hause des Erbkaisers habe offen ausgesprochen, dass, wenn ein Theil der Daïmio’s die Fremden begünstige, die Intriguen des Hofes von Yeddo an dieser Spaltung schuld seien. — Er — Naṅgato — habe den Mikado auf- gefordert, eine Versammlung nach dem grossen Tempel des Kriegs- gottes bei Miako zu berufen, die gewaltsame Vertreibung der Fremden aus eigener Macht zu beschliessen und dazu gemessenen Befehl zu ertheilen. Jener habe geantwortet, er wolle nach dem Grabe des Dsinmu in der Landschaft Yamatto wallfahrten, dann im Tempel des Kasuṅga beten und Kriegsrath halten, endlich auch nach Isye gehen. Er und sein Sohn hätten ihm zu dieser Reise eine militärische Bedeckung angeboten und nach Miako ge- sandt. Dort sei aber am 30. October 1863 das Palastthor Takaï- Motši plötzlich von den Truppen des Taïkūn mit Artillerie besetzt, seinen Leuten aber die Thorwache abgenommen worden. Diese hätten ihre militärische Haltung bewahrt und sich in ihre Provinz zurückgezogen, worauf er ihnen verboten habe, Miako und den kaiserlichen Palast wieder zu betreten. Er habe nun Befehl er- halten, gegen seine Leute die Untersuchung einzuleiten; diese be- haupteten aber, ihren kriegerischen Eifer unterdrückt und die Heiligkeit des Palastes respectirt zu haben. Er könne sie nicht bestrafen, da sie nur ihre Pflicht gegen den Mikado zu thun und zur Vertreibung der Fremden beizutragen gewünscht hätten. Er habe nun ein Gesuch eingereicht, mit seinem Sohne zur Rechtfer- tigung vor dem Mikado erscheinen zu dürfen. So dunkel dieses Schreiben, — theilweise wohl auch wegen der mangelhaften Uebersetzung ist, so wirft es doch einiges Licht

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/366>, abgerufen am 24.11.2024.