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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Anh. II. Schreiben des Fürsten von Nangato.

Die Befehle des Kaisers von Japan und die des Taikun
sind verschieden. Weil ich gehorsam den Befehlen des
Kaisers 24) hier in Simonoseki auf fremde Schiffe feuerte,
bin ich ein Rebell genannt worden. Da es schien, dass
ich im Widerspruch mit den kaiserlichen Befehlen han-
delte, kam eine Botschaft von den fremden Nationen, um
mir dies mitzutheilen und mich zur Einstellung dieser
Feindseligkeiten aufzufordern. Da die Sache sich so ver-
hielt, so begab sich Nangato-no-kami (der Erbprinz)
zu Pferde nach Kioto, um des Kaisers Willensmeinung zu
erforschen. Bevor er aber dahin gelangte, brach eine
Empörung in Kioto aus, und es blieb ihm nichts übrig als
unverrichteter Sache heimzukehren. Drei Tage darauf
hörte ich, dass eueres berühmten Landes Schiffe nach
Himesima gekommen seien, und ich schickte daher mit
einem Boote einen Gesandten, um euch mitzutheilen, dass
es mir gleichgültig sei ob ihr durch die Strasse passirtet
oder nicht. Während er unterwegs war, verliesset ihr aber
Himesima, und der Gesandte kehrte hierher zurück, mit der
Absicht euch von Simonoseki aus aufzusuchen. Inzwischen
war viel Zeit vergangen und die Feindseligkeiten kamen
zum Ausbruch. Es schmerzt mich, dass ich den Krieg
nicht verhindern konnte; ich habe die Fremden nie ge-
hasst. Ich sehe dieses als eine grosse Heimsuchung für
Tausende von Menschen an. Nehmt diese Sache in Ueber-
legung. Mein Minister Moori Idzumo und seine Genossen
werden euch die Einzelnheiten mittheilen.

Am neunten Tage des achten Monats im ersten Jahre
Genzi (9. September 1864).

Matsdaira Daisen-no-daibu.

Schon am Morgen des 9. September wurden die auf Cap
Kusi-saki
und einigen anderen Puncten noch vorhandenen Geschütze
ausgeliefert; die japanischen Soldaten halfen eifrig bei der Einschiffung
und konnten ihre Freude nicht verbergen, dass das Schiessen vor-
bei wäre. Die erbeuteten Kanonen, im Ganzen über siebzig, wurden
an die Schiffe vertheilt; nur wenige waren aus der Fremde, die
meisten, wie die Inschriften bewiesen, japanischer Arbeit, bronzene
Rohre von jedem Kaliber. -- Die Admiräle expedirten den Tancrede

24) Kaiser bedeutet hier Mikado. Kioto ist Miako.
Anh. II. Schreiben des Fürsten von Naṅgato.

Die Befehle des Kaisers von Japan und die des Taïkūn
sind verschieden. Weil ich gehorsam den Befehlen des
Kaisers 24) hier in Simonoseki auf fremde Schiffe feuerte,
bin ich ein Rebell genannt worden. Da es schien, dass
ich im Widerspruch mit den kaiserlichen Befehlen han-
delte, kam eine Botschaft von den fremden Nationen, um
mir dies mitzutheilen und mich zur Einstellung dieser
Feindseligkeiten aufzufordern. Da die Sache sich so ver-
hielt, so begab sich Naṅgato-no-kami (der Erbprinz)
zu Pferde nach Kioto, um des Kaisers Willensmeinung zu
erforschen. Bevor er aber dahin gelangte, brach eine
Empörung in Kioto aus, und es blieb ihm nichts übrig als
unverrichteter Sache heimzukehren. Drei Tage darauf
hörte ich, dass eueres berühmten Landes Schiffe nach
Himesima gekommen seien, und ich schickte daher mit
einem Boote einen Gesandten, um euch mitzutheilen, dass
es mir gleichgültig sei ob ihr durch die Strasse passirtet
oder nicht. Während er unterwegs war, verliesset ihr aber
Himesima, und der Gesandte kehrte hierher zurück, mit der
Absicht euch von Simonoseki aus aufzusuchen. Inzwischen
war viel Zeit vergangen und die Feindseligkeiten kamen
zum Ausbruch. Es schmerzt mich, dass ich den Krieg
nicht verhindern konnte; ich habe die Fremden nie ge-
hasst. Ich sehe dieses als eine grosse Heimsuchung für
Tausende von Menschen an. Nehmt diese Sache in Ueber-
legung. Mein Minister Moori Idzumo und seine Genossen
werden euch die Einzelnheiten mittheilen.

Am neunten Tage des achten Monats im ersten Jahre
Genži (9. September 1864).

Matsdaïra Daïsen-no-daïbu.

Schon am Morgen des 9. September wurden die auf Cap
Kusi-saki
und einigen anderen Puncten noch vorhandenen Geschütze
ausgeliefert; die japanischen Soldaten halfen eifrig bei der Einschiffung
und konnten ihre Freude nicht verbergen, dass das Schiessen vor-
bei wäre. Die erbeuteten Kanonen, im Ganzen über siebzig, wurden
an die Schiffe vertheilt; nur wenige waren aus der Fremde, die
meisten, wie die Inschriften bewiesen, japanischer Arbeit, bronzene
Rohre von jedem Kaliber. — Die Admiräle expedirten den Tancrède

24) Kaiser bedeutet hier Mikado. Kioto ist Miako.
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[343/0363] Anh. II. Schreiben des Fürsten von Naṅgato. Die Befehle des Kaisers von Japan und die des Taïkūn sind verschieden. Weil ich gehorsam den Befehlen des Kaisers 24) hier in Simonoseki auf fremde Schiffe feuerte, bin ich ein Rebell genannt worden. Da es schien, dass ich im Widerspruch mit den kaiserlichen Befehlen han- delte, kam eine Botschaft von den fremden Nationen, um mir dies mitzutheilen und mich zur Einstellung dieser Feindseligkeiten aufzufordern. Da die Sache sich so ver- hielt, so begab sich Naṅgato-no-kami (der Erbprinz) zu Pferde nach Kioto, um des Kaisers Willensmeinung zu erforschen. Bevor er aber dahin gelangte, brach eine Empörung in Kioto aus, und es blieb ihm nichts übrig als unverrichteter Sache heimzukehren. Drei Tage darauf hörte ich, dass eueres berühmten Landes Schiffe nach Himesima gekommen seien, und ich schickte daher mit einem Boote einen Gesandten, um euch mitzutheilen, dass es mir gleichgültig sei ob ihr durch die Strasse passirtet oder nicht. Während er unterwegs war, verliesset ihr aber Himesima, und der Gesandte kehrte hierher zurück, mit der Absicht euch von Simonoseki aus aufzusuchen. Inzwischen war viel Zeit vergangen und die Feindseligkeiten kamen zum Ausbruch. Es schmerzt mich, dass ich den Krieg nicht verhindern konnte; ich habe die Fremden nie ge- hasst. Ich sehe dieses als eine grosse Heimsuchung für Tausende von Menschen an. Nehmt diese Sache in Ueber- legung. Mein Minister Moori Idzumo und seine Genossen werden euch die Einzelnheiten mittheilen. Am neunten Tage des achten Monats im ersten Jahre Genži (9. September 1864). Matsdaïra Daïsen-no-daïbu. Schon am Morgen des 9. September wurden die auf Cap Kusi-saki und einigen anderen Puncten noch vorhandenen Geschütze ausgeliefert; die japanischen Soldaten halfen eifrig bei der Einschiffung und konnten ihre Freude nicht verbergen, dass das Schiessen vor- bei wäre. Die erbeuteten Kanonen, im Ganzen über siebzig, wurden an die Schiffe vertheilt; nur wenige waren aus der Fremde, die meisten, wie die Inschriften bewiesen, japanischer Arbeit, bronzene Rohre von jedem Kaliber. — Die Admiräle expedirten den Tancrède 24) Kaiser bedeutet hier Mikado. Kioto ist Miako.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/363>, abgerufen am 21.05.2024.