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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Rückkehr der japanischen Gesandten. Anh. II.
sogleich erklären, dass aus der Entfernung des Geschwaders die
grösste Gefahr für die Niederlassung entstände; die Fremden möch-
ten sie räumen; die Gebäude und das zurückgelassene Eigenthum
werde die Regierung schützen. Man wollte offenbar die günstige
Gelegenheit ergreifen und hätte die Ansiedler schwerlich wieder auf-
genommen. -- Der englische Gesandte trug nach dieser Mittheilung
Bedenken, das Protocoll zu unterzeichnen; Herr Leon Roches aber,
welcher die ganze Zeit zur Action gedrängt hatte, erklärte dem
Reichsrath mit Nachdruck, dass, wenn in Abwesenheit des Geschwa-
ders auch nur ein Schuss gegen Yokuhama fiele, Yeddo und Osaka
dem Boden gleich gemacht werden sollten. Takemoto brachte
darauf die beruhigende Erklärung, dass für die Niederlassung nichts
zu fürchten sei; das Protocoll wurde unterzeichnet und die Abfahrt
des Geschwaders auf den 20. August anberaumt.

Am 19. traf ein englischer Postdampfer in Yokuhama ein und
brachte zur allgemeinen Ueberraschung das Personal der japanischen
Gesandtschaft mit, die nach dem ursprünglichen Plan geraume Zeit
in Europa verweilen sollte. Der französische Geschäftsträger erhielt
zugleich vom Tuilerien-Cabinet die Abschrift einer Convention, welche,
von den Japanern in Paris unterzeichnet, unverzüglich und ohne
Ratification als integrirender Theil des Vertrages von 1858 in Kraft
treten sollte. Im ersten Artikel derselben verpflichten sich die Ja-
paner, für den in der Strasse von Simonoseki auf den Kien-tsan
verübten Angriff eine Geldbusse von 140,000 Dollars zu zahlen,
wovon 40,000 vom Fürsten von Nangato eingetrieben werden sollen.
Der zweite Artikel verspricht, dass binnen drei Monaten alle Hin-
dernisse aus dem Wege geräumt sein sollen, welche gegenwärtig
die Strasse von Simonoseki sperren; dass von da an die Meerenge
auf immer dem Fremdenverkehr offen bleiben, und eventuell gegen
Störung desselben von der japanischen Regierung in Gemeinschaft
mit dem französischen Geschwader eingeschritten werden soll. Die
übrigen Bestimmungen handeln von Zoll-Ermässigungen und Er-
leichterungen des Handels. -- Angesichts dieser Urkunde musste
nun der französische Geschäftsträger seine Theilnahme an den
Operationen für den Augenblick versagen; man schob in Folge dessen
die Abfahrt des Geschwaders auf, um das Verhalten des Reichs-
rathes abzuwarten.

Die japanischen Gesandten waren vom Tuilerien-Cabinet mit
Zuvorkommenheit empfangen worden und hatten, um sich dessen

Rückkehr der japanischen Gesandten. Anh. II.
sogleich erklären, dass aus der Entfernung des Geschwaders die
grösste Gefahr für die Niederlassung entstände; die Fremden möch-
ten sie räumen; die Gebäude und das zurückgelassene Eigenthum
werde die Regierung schützen. Man wollte offenbar die günstige
Gelegenheit ergreifen und hätte die Ansiedler schwerlich wieder auf-
genommen. — Der englische Gesandte trug nach dieser Mittheilung
Bedenken, das Protocoll zu unterzeichnen; Herr Léon Roches aber,
welcher die ganze Zeit zur Action gedrängt hatte, erklärte dem
Reichsrath mit Nachdruck, dass, wenn in Abwesenheit des Geschwa-
ders auch nur ein Schuss gegen Yokuhama fiele, Yeddo und Osaka
dem Boden gleich gemacht werden sollten. Takemoto brachte
darauf die beruhigende Erklärung, dass für die Niederlassung nichts
zu fürchten sei; das Protocoll wurde unterzeichnet und die Abfahrt
des Geschwaders auf den 20. August anberaumt.

Am 19. traf ein englischer Postdampfer in Yokuhama ein und
brachte zur allgemeinen Ueberraschung das Personal der japanischen
Gesandtschaft mit, die nach dem ursprünglichen Plan geraume Zeit
in Europa verweilen sollte. Der französische Geschäftsträger erhielt
zugleich vom Tuilerien-Cabinet die Abschrift einer Convention, welche,
von den Japanern in Paris unterzeichnet, unverzüglich und ohne
Ratification als integrirender Theil des Vertrages von 1858 in Kraft
treten sollte. Im ersten Artikel derselben verpflichten sich die Ja-
paner, für den in der Strasse von Simonoseki auf den Kien-tšaṅ
verübten Angriff eine Geldbusse von 140,000 Dollars zu zahlen,
wovon 40,000 vom Fürsten von Naṅgato eingetrieben werden sollen.
Der zweite Artikel verspricht, dass binnen drei Monaten alle Hin-
dernisse aus dem Wege geräumt sein sollen, welche gegenwärtig
die Strasse von Simonoseki sperren; dass von da an die Meerenge
auf immer dem Fremdenverkehr offen bleiben, und eventuell gegen
Störung desselben von der japanischen Regierung in Gemeinschaft
mit dem französischen Geschwader eingeschritten werden soll. Die
übrigen Bestimmungen handeln von Zoll-Ermässigungen und Er-
leichterungen des Handels. — Angesichts dieser Urkunde musste
nun der französische Geschäftsträger seine Theilnahme an den
Operationen für den Augenblick versagen; man schob in Folge dessen
die Abfahrt des Geschwaders auf, um das Verhalten des Reichs-
rathes abzuwarten.

Die japanischen Gesandten waren vom Tuilerien-Cabinet mit
Zuvorkommenheit empfangen worden und hatten, um sich dessen

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[334/0354] Rückkehr der japanischen Gesandten. Anh. II. sogleich erklären, dass aus der Entfernung des Geschwaders die grösste Gefahr für die Niederlassung entstände; die Fremden möch- ten sie räumen; die Gebäude und das zurückgelassene Eigenthum werde die Regierung schützen. Man wollte offenbar die günstige Gelegenheit ergreifen und hätte die Ansiedler schwerlich wieder auf- genommen. — Der englische Gesandte trug nach dieser Mittheilung Bedenken, das Protocoll zu unterzeichnen; Herr Léon Roches aber, welcher die ganze Zeit zur Action gedrängt hatte, erklärte dem Reichsrath mit Nachdruck, dass, wenn in Abwesenheit des Geschwa- ders auch nur ein Schuss gegen Yokuhama fiele, Yeddo und Osaka dem Boden gleich gemacht werden sollten. Takemoto brachte darauf die beruhigende Erklärung, dass für die Niederlassung nichts zu fürchten sei; das Protocoll wurde unterzeichnet und die Abfahrt des Geschwaders auf den 20. August anberaumt. Am 19. traf ein englischer Postdampfer in Yokuhama ein und brachte zur allgemeinen Ueberraschung das Personal der japanischen Gesandtschaft mit, die nach dem ursprünglichen Plan geraume Zeit in Europa verweilen sollte. Der französische Geschäftsträger erhielt zugleich vom Tuilerien-Cabinet die Abschrift einer Convention, welche, von den Japanern in Paris unterzeichnet, unverzüglich und ohne Ratification als integrirender Theil des Vertrages von 1858 in Kraft treten sollte. Im ersten Artikel derselben verpflichten sich die Ja- paner, für den in der Strasse von Simonoseki auf den Kien-tšaṅ verübten Angriff eine Geldbusse von 140,000 Dollars zu zahlen, wovon 40,000 vom Fürsten von Naṅgato eingetrieben werden sollen. Der zweite Artikel verspricht, dass binnen drei Monaten alle Hin- dernisse aus dem Wege geräumt sein sollen, welche gegenwärtig die Strasse von Simonoseki sperren; dass von da an die Meerenge auf immer dem Fremdenverkehr offen bleiben, und eventuell gegen Störung desselben von der japanischen Regierung in Gemeinschaft mit dem französischen Geschwader eingeschritten werden soll. Die übrigen Bestimmungen handeln von Zoll-Ermässigungen und Er- leichterungen des Handels. — Angesichts dieser Urkunde musste nun der französische Geschäftsträger seine Theilnahme an den Operationen für den Augenblick versagen; man schob in Folge dessen die Abfahrt des Geschwaders auf, um das Verhalten des Reichs- rathes abzuwarten. Die japanischen Gesandten waren vom Tuilerien-Cabinet mit Zuvorkommenheit empfangen worden und hatten, um sich dessen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/354>, abgerufen am 21.05.2024.