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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Anh. II. Austausch der Ratifications-Instrumente.
liebsten die Sache in grösster Heimlichkeit abgemacht. -- Fürst
Suva Inaba-no-kami hielt noch eine kurze Anrede über die Freund-
schaft der Japaner für Preussen und die politischen Verwickelungen
seines Heimathlandes, welche eine vorübergehende Schliessung
des Hafens von Yokuhama nothwendig machten, bat auch den
General-Consul um seine Fürsprache für günstige Aufnahme der
Gesandtschaft, welche diese Maassregel bei den europäischen
Höfen durchzusetzen bezweckte. Herr von Rehfues erklärte ihm
deutlich, dass dazu keine Aussicht sei, versprach aber im übrigen
freundschaftlichen Empfang. Die Bevollmächtigten überreichten
zum Abschied noch einige Körbe mit Hühnern, Enten und Ge-
müsen "statt des Gastmahles, das sie bei solchen Gelegenheiten zu
geben pflegten." Nachdem sie sich entfernt, zog der Commandant
der Gazelle seine kleine Besatzung aus dem Tempel von Sakaidzi
zurück und führte noch am Abend das Schiff nach der Rhede von
Yokuhama. -- Der General-Consul und der Legations-Secretär
von Radowitz kehrten nach kurzem Aufenthalt daselbst mit der
Corvette über Nangasaki nach China zurück.

Die Beharrlichkeit und Energie, mit welcher die preussischen
Diplomaten die Ausführung ihres Auftrages unter den misslichsten
Verhältnissen durchsetzten, fand bei allen Europäern in Japan
und China, wo man die Schwierigkeit der Aufgabe zu beurtheilen
wusste, die höchste Anerkennung, und brachte den Japanern grosse
Achtung vor der Haltung und Willenskraft der Preussen bei. Die
Regierung von Yeddo stellte in der That ihrem Vorhaben den
äussersten Widerstand bis zur Gränze der offenen Gewalt entgegen.
Grosses Verdienst um den Erfolg hat sich, wie gesagt, der Consul
von Brandt erworben, dessen Kenntniss von der Sprache und den
Verhältnissen des Landes, vom Charakter und der politischen Tactik
der japanischen Regierungsbeamten Herrn von Rehfues wesentlich
unterstützen musste. Seine Stellung in Yokuhama ist äusserst
schwierig. Während Frankreich, England, Holland und Amerika
durch General-Consuln und diplomatische Agenten vertreten
werden, hat Preussen nur einen Consul daselbst. Und doch ist die
deutsche Handelsmarine, deren Interessen er wahrzunehmen hat,
notorisch die dritte der Welt. Der preussische Handel überwiegt
schon jetzt in Japan zwar nicht denjenigen der Niederländer, welcher
in Folge der alten Verbindung mit diesem Lande und wegen der
nahgelegenen ostindischen Besitzungen dort speciell eine grosse Aus-

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Anh. II. Austausch der Ratifications-Instrumente.
liebsten die Sache in grösster Heimlichkeit abgemacht. — Fürst
Suva Inaba-no-kami hielt noch eine kurze Anrede über die Freund-
schaft der Japaner für Preussen und die politischen Verwickelungen
seines Heimathlandes, welche eine vorübergehende Schliessung
des Hafens von Yokuhama nothwendig machten, bat auch den
General-Consul um seine Fürsprache für günstige Aufnahme der
Gesandtschaft, welche diese Maassregel bei den europäischen
Höfen durchzusetzen bezweckte. Herr von Rehfues erklärte ihm
deutlich, dass dazu keine Aussicht sei, versprach aber im übrigen
freundschaftlichen Empfang. Die Bevollmächtigten überreichten
zum Abschied noch einige Körbe mit Hühnern, Enten und Ge-
müsen »statt des Gastmahles, das sie bei solchen Gelegenheiten zu
geben pflegten.« Nachdem sie sich entfernt, zog der Commandant
der Gazelle seine kleine Besatzung aus dem Tempel von Sakaïdži
zurück und führte noch am Abend das Schiff nach der Rhede von
Yokuhama. — Der General-Consul und der Legations-Secretär
von Radowitz kehrten nach kurzem Aufenthalt daselbst mit der
Corvette über Naṅgasaki nach China zurück.

Die Beharrlichkeit und Energie, mit welcher die preussischen
Diplomaten die Ausführung ihres Auftrages unter den misslichsten
Verhältnissen durchsetzten, fand bei allen Europäern in Japan
und China, wo man die Schwierigkeit der Aufgabe zu beurtheilen
wusste, die höchste Anerkennung, und brachte den Japanern grosse
Achtung vor der Haltung und Willenskraft der Preussen bei. Die
Regierung von Yeddo stellte in der That ihrem Vorhaben den
äussersten Widerstand bis zur Gränze der offenen Gewalt entgegen.
Grosses Verdienst um den Erfolg hat sich, wie gesagt, der Consul
von Brandt erworben, dessen Kenntniss von der Sprache und den
Verhältnissen des Landes, vom Charakter und der politischen Tactik
der japanischen Regierungsbeamten Herrn von Rehfues wesentlich
unterstützen musste. Seine Stellung in Yokuhama ist äusserst
schwierig. Während Frankreich, England, Holland und Amerika
durch General-Consuln und diplomatische Agenten vertreten
werden, hat Preussen nur einen Consul daselbst. Und doch ist die
deutsche Handelsmarine, deren Interessen er wahrzunehmen hat,
notorisch die dritte der Welt. Der preussische Handel überwiegt
schon jetzt in Japan zwar nicht denjenigen der Niederländer, welcher
in Folge der alten Verbindung mit diesem Lande und wegen der
nahgelegenen ostindischen Besitzungen dort speciell eine grosse Aus-

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[323/0343] Anh. II. Austausch der Ratifications-Instrumente. liebsten die Sache in grösster Heimlichkeit abgemacht. — Fürst Suva Inaba-no-kami hielt noch eine kurze Anrede über die Freund- schaft der Japaner für Preussen und die politischen Verwickelungen seines Heimathlandes, welche eine vorübergehende Schliessung des Hafens von Yokuhama nothwendig machten, bat auch den General-Consul um seine Fürsprache für günstige Aufnahme der Gesandtschaft, welche diese Maassregel bei den europäischen Höfen durchzusetzen bezweckte. Herr von Rehfues erklärte ihm deutlich, dass dazu keine Aussicht sei, versprach aber im übrigen freundschaftlichen Empfang. Die Bevollmächtigten überreichten zum Abschied noch einige Körbe mit Hühnern, Enten und Ge- müsen »statt des Gastmahles, das sie bei solchen Gelegenheiten zu geben pflegten.« Nachdem sie sich entfernt, zog der Commandant der Gazelle seine kleine Besatzung aus dem Tempel von Sakaïdži zurück und führte noch am Abend das Schiff nach der Rhede von Yokuhama. — Der General-Consul und der Legations-Secretär von Radowitz kehrten nach kurzem Aufenthalt daselbst mit der Corvette über Naṅgasaki nach China zurück. Die Beharrlichkeit und Energie, mit welcher die preussischen Diplomaten die Ausführung ihres Auftrages unter den misslichsten Verhältnissen durchsetzten, fand bei allen Europäern in Japan und China, wo man die Schwierigkeit der Aufgabe zu beurtheilen wusste, die höchste Anerkennung, und brachte den Japanern grosse Achtung vor der Haltung und Willenskraft der Preussen bei. Die Regierung von Yeddo stellte in der That ihrem Vorhaben den äussersten Widerstand bis zur Gränze der offenen Gewalt entgegen. Grosses Verdienst um den Erfolg hat sich, wie gesagt, der Consul von Brandt erworben, dessen Kenntniss von der Sprache und den Verhältnissen des Landes, vom Charakter und der politischen Tactik der japanischen Regierungsbeamten Herrn von Rehfues wesentlich unterstützen musste. Seine Stellung in Yokuhama ist äusserst schwierig. Während Frankreich, England, Holland und Amerika durch General-Consuln und diplomatische Agenten vertreten werden, hat Preussen nur einen Consul daselbst. Und doch ist die deutsche Handelsmarine, deren Interessen er wahrzunehmen hat, notorisch die dritte der Welt. Der preussische Handel überwiegt schon jetzt in Japan zwar nicht denjenigen der Niederländer, welcher in Folge der alten Verbindung mit diesem Lande und wegen der nahgelegenen ostindischen Besitzungen dort speciell eine grosse Aus- 21*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/343>, abgerufen am 22.05.2024.