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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Anh. II. Zahlung der Geldbusse. Schliessung der Häfen angezeigt.
wünschten, da die Beziehungen zur englischen Gesandtschaft ab-
gebrochen wären, das Geld in seine Hände niederzulegen. Herr
von Bellecourt bot ihnen seine Vermittelung an und suchte noch
in der Nacht Herrn Neale auf, der sich zur Empfangnahme bereit
erklärte, wenn neben den 100,000 Pfund Sterling für Richardson
auch die seit einem Jahre beanspruchten 10,000 für die ermordeten
Schildwachen auf einmal abgetragen würden. Er stellte die Frist
bis sieben Uhr Morgens; die Zahlung begann aber schon vor Sonnen-
aufgang und wurde mit 440,000 mexicanischen Dollars ohne weitere
Zögerung richtig geleistet. Das in dem Ultimatum geforderte Ent-
schuldigungsschreiben des Reichsrathes ging nach einigen Tagen
ebenfalls ein, und so war jeder Anlass zum Kriege gegen die Re-
gierung von Yeddo beseitigt. Die conservative Parthei hatte also
die Oberhand behalten; sie scheint immer noch die mächtigere, aber
in thatenlose Lethargie versunken gewesen zu sein, und sich in
diesem wie in vielen anderen Fällen erst im Augenblick der unmittel-
baren Gefahr zu entschiedenem Auftreten ermannt zu haben.

In Yokuhama war nach kurzer Zeit wieder Alles beim Alten,
obgleich die Minister des Taikun noch am 24. Juni, dem Tage der
Indemnitäts-Zahlung, den Vertretern des Auslandes amtlich notifi-
cirten, dass sie zur Schliessung aller Häfen und Ausweisung der
Fremden beauftragt seien. Mündlich und vertraulich liessen sie ihnen
mittheilen, es sei damit nicht ernst gemeint; die Regierung könne
nur den Befehlen des Mikado nicht länger offenen Widerstand leisten
und müsse scheinbar gehorchen; sie wolle durch Scheinverhand-
lungen mit den Fremden Zeit gewinnen, um der inneren Zerwürf-
nisse Meister zu werden. Dem Vernehmen nach wünschte der
Minister Ongasavara Dzuzio-no-kami, welcher sowohl die Zahlung
durchgesetzt, als das Verbannungsdecret unterzeichnet hatte, damals
sogar ein offenes Bündniss mit den Vertragsmächten gegen den
Mikado, drang damit aber nicht durch. Die Diplomaten konnten
bei der unverbesserlichen Geheimnisskrämerei der Japaner zu keiner
klaren Anschauung gelangen. Unter dem Volke lief das Gerücht
um, die Fremden würden das Land binnen fünf Monaten verlassen;
und es ist wahrscheinlich, dass die Regierung die Nachricht solches
angeblichen Resultates ihrer Verhandlungen mit den Vertretern des
Westens aussprengte, um der Gegenparthei jeden Vorwand zu neuen
Anklagen am Hofe von Miako zu nehmen. Ein später bekannt ge-
wordenes Schreiben des Fürsten von Nangato bestätigt diese Ver-

Anh. II. Zahlung der Geldbusse. Schliessung der Häfen angezeigt.
wünschten, da die Beziehungen zur englischen Gesandtschaft ab-
gebrochen wären, das Geld in seine Hände niederzulegen. Herr
von Bellecourt bot ihnen seine Vermittelung an und suchte noch
in der Nacht Herrn Neale auf, der sich zur Empfangnahme bereit
erklärte, wenn neben den 100,000 Pfund Sterling für Richardson
auch die seit einem Jahre beanspruchten 10,000 für die ermordeten
Schildwachen auf einmal abgetragen würden. Er stellte die Frist
bis sieben Uhr Morgens; die Zahlung begann aber schon vor Sonnen-
aufgang und wurde mit 440,000 mexicanischen Dollars ohne weitere
Zögerung richtig geleistet. Das in dem Ultimatum geforderte Ent-
schuldigungsschreiben des Reichsrathes ging nach einigen Tagen
ebenfalls ein, und so war jeder Anlass zum Kriege gegen die Re-
gierung von Yeddo beseitigt. Die conservative Parthei hatte also
die Oberhand behalten; sie scheint immer noch die mächtigere, aber
in thatenlose Lethargie versunken gewesen zu sein, und sich in
diesem wie in vielen anderen Fällen erst im Augenblick der unmittel-
baren Gefahr zu entschiedenem Auftreten ermannt zu haben.

In Yokuhama war nach kurzer Zeit wieder Alles beim Alten,
obgleich die Minister des Taïkūn noch am 24. Juni, dem Tage der
Indemnitäts-Zahlung, den Vertretern des Auslandes amtlich notifi-
cirten, dass sie zur Schliessung aller Häfen und Ausweisung der
Fremden beauftragt seien. Mündlich und vertraulich liessen sie ihnen
mittheilen, es sei damit nicht ernst gemeint; die Regierung könne
nur den Befehlen des Mikado nicht länger offenen Widerstand leisten
und müsse scheinbar gehorchen; sie wolle durch Scheinverhand-
lungen mit den Fremden Zeit gewinnen, um der inneren Zerwürf-
nisse Meister zu werden. Dem Vernehmen nach wünschte der
Minister Ongasavara Dzuzio-no-kami, welcher sowohl die Zahlung
durchgesetzt, als das Verbannungsdecret unterzeichnet hatte, damals
sogar ein offenes Bündniss mit den Vertragsmächten gegen den
Mikado, drang damit aber nicht durch. Die Diplomaten konnten
bei der unverbesserlichen Geheimnisskrämerei der Japaner zu keiner
klaren Anschauung gelangen. Unter dem Volke lief das Gerücht
um, die Fremden würden das Land binnen fünf Monaten verlassen;
und es ist wahrscheinlich, dass die Regierung die Nachricht solches
angeblichen Resultates ihrer Verhandlungen mit den Vertretern des
Westens aussprengte, um der Gegenparthei jeden Vorwand zu neuen
Anklagen am Hofe von Miako zu nehmen. Ein später bekannt ge-
wordenes Schreiben des Fürsten von Naṅgato bestätigt diese Ver-

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[285/0305] Anh. II. Zahlung der Geldbusse. Schliessung der Häfen angezeigt. wünschten, da die Beziehungen zur englischen Gesandtschaft ab- gebrochen wären, das Geld in seine Hände niederzulegen. Herr von Bellecourt bot ihnen seine Vermittelung an und suchte noch in der Nacht Herrn Neale auf, der sich zur Empfangnahme bereit erklärte, wenn neben den 100,000 Pfund Sterling für Richardson auch die seit einem Jahre beanspruchten 10,000 für die ermordeten Schildwachen auf einmal abgetragen würden. Er stellte die Frist bis sieben Uhr Morgens; die Zahlung begann aber schon vor Sonnen- aufgang und wurde mit 440,000 mexicanischen Dollars ohne weitere Zögerung richtig geleistet. Das in dem Ultimatum geforderte Ent- schuldigungsschreiben des Reichsrathes ging nach einigen Tagen ebenfalls ein, und so war jeder Anlass zum Kriege gegen die Re- gierung von Yeddo beseitigt. Die conservative Parthei hatte also die Oberhand behalten; sie scheint immer noch die mächtigere, aber in thatenlose Lethargie versunken gewesen zu sein, und sich in diesem wie in vielen anderen Fällen erst im Augenblick der unmittel- baren Gefahr zu entschiedenem Auftreten ermannt zu haben. In Yokuhama war nach kurzer Zeit wieder Alles beim Alten, obgleich die Minister des Taïkūn noch am 24. Juni, dem Tage der Indemnitäts-Zahlung, den Vertretern des Auslandes amtlich notifi- cirten, dass sie zur Schliessung aller Häfen und Ausweisung der Fremden beauftragt seien. Mündlich und vertraulich liessen sie ihnen mittheilen, es sei damit nicht ernst gemeint; die Regierung könne nur den Befehlen des Mikado nicht länger offenen Widerstand leisten und müsse scheinbar gehorchen; sie wolle durch Scheinverhand- lungen mit den Fremden Zeit gewinnen, um der inneren Zerwürf- nisse Meister zu werden. Dem Vernehmen nach wünschte der Minister Ongasavara Dzuzio-no-kami, welcher sowohl die Zahlung durchgesetzt, als das Verbannungsdecret unterzeichnet hatte, damals sogar ein offenes Bündniss mit den Vertragsmächten gegen den Mikado, drang damit aber nicht durch. Die Diplomaten konnten bei der unverbesserlichen Geheimnisskrämerei der Japaner zu keiner klaren Anschauung gelangen. Unter dem Volke lief das Gerücht um, die Fremden würden das Land binnen fünf Monaten verlassen; und es ist wahrscheinlich, dass die Regierung die Nachricht solches angeblichen Resultates ihrer Verhandlungen mit den Vertretern des Westens aussprengte, um der Gegenparthei jeden Vorwand zu neuen Anklagen am Hofe von Miako zu nehmen. Ein später bekannt ge- wordenes Schreiben des Fürsten von Naṅgato bestätigt diese Ver-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/305>, abgerufen am 25.11.2024.