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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Handel der Holländer. XI.
zu verehren. Der Kronleuchter kommt an, wird aber, wahrscheinlich
aus Missverständniss, nicht jenem Minister, sondern dem Kaiser
selbst mit den Geschenken der Holländer überreicht. Von da an
hätte Mino-sama's Rachsucht nicht geruht ihnen alle möglichen
Vexationen zu bereiten. Er wusste 1672 einen ihm ergebenen Ver-
wandten zum Statthalter von Nangasaki zu erheben, von welchem
die Einführung des Taxationshandels ausging; und als zwölf Jahre
später ein Edict des Tsuna-yosi (er regierte seit 1680) den Hollän-
dern ihre alten Handelsfreiheiten wiedergab, soll er es gewesen sein,
der die Beschränkung der Einfuhr auf die Summe von 300,000 Taels
durchsetzte.

Der ungeheure Vortheil, welchen der Taxationshandel wäh-
rend seines zwölfjährigen Bestehens allen Beamten und Dolmetschern
von Nangasaki gebracht hatte, war die Quelle der Entsittlichung
für alle Zukunft; wie aber die Japaner an diese Periode, so gedach-
ten die Niederländer der früheren goldenen Zeiten und strebten
ängstlich, ihre Einkünfte auf die alte Höhe zu bringen. Für beide
Theile war das nur durch den Schleichhandel möglich. -- Wie
gross der Gewinn des Einzelnen in jener Zeit gewesen sein muss
beweist die Angabe, dass ein Handelsvorsteher dieses Amt nur
zweimal ein Jahr lang zu bekleiden brauchte, um sich mit einem
grossartigen Vermögen zurückzuziehen. Zu Thunberg's Zeit, fast
hundert Jahre später, wird wehmüthig geklagt, dass schon eine
vier- bis fünfjährige Amtsdauer dazu gehöre um ein ausreichendes
Vermögen mit nach Hause zu nehmen. -- Der Gewinn der Com-
pagnie an der Umprägung des ausgeführten Goldes betrug noch
1670 und 1671 über eine Million Gulden, und man nahm doch nur
soweit Gold in Zahlung als nicht Kupfer zu erhalten war. Von
dieser Zeit an wurden die Vortheile immer geringer: nachdem die
Japaner einmal erfahren hatten, welchen Druck der Handel der
Holländer ertragen konnte, hörten sie nicht auf mit Beschränkungen
und scheinen es wirklich dahin gebracht zu haben, dass die Com-
pagnie
gegen Ende des Jahrhunderts Schaden an ihren Geschäften
hatte. Aber die Factoreibeamten zogen aus ihren Privatoperationen,
die fast nur auf Schleichwegen gingen, noch immer ungeheueren
Vortheil und hintertrieben beharrlich das Vorhaben der Direction,
Desima ganz aufzugeben. Die dortigen Vorsteher scheinen über ein
Jahrhundert lang die ostindische Compagnie systematisch betrogen
zu haben; sie verletzten täglich die Monopolrechte, zu deren Auf-

Handel der Holländer. XI.
zu verehren. Der Kronleuchter kommt an, wird aber, wahrscheinlich
aus Missverständniss, nicht jenem Minister, sondern dem Kaiser
selbst mit den Geschenken der Holländer überreicht. Von da an
hätte Mino-sama’s Rachsucht nicht geruht ihnen alle möglichen
Vexationen zu bereiten. Er wusste 1672 einen ihm ergebenen Ver-
wandten zum Statthalter von Naṅgasaki zu erheben, von welchem
die Einführung des Taxationshandels ausging; und als zwölf Jahre
später ein Edict des Tsuna-yosi (er regierte seit 1680) den Hollän-
dern ihre alten Handelsfreiheiten wiedergab, soll er es gewesen sein,
der die Beschränkung der Einfuhr auf die Summe von 300,000 Taels
durchsetzte.

Der ungeheure Vortheil, welchen der Taxationshandel wäh-
rend seines zwölfjährigen Bestehens allen Beamten und Dolmetschern
von Naṅgasaki gebracht hatte, war die Quelle der Entsittlichung
für alle Zukunft; wie aber die Japaner an diese Periode, so gedach-
ten die Niederländer der früheren goldenen Zeiten und strebten
ängstlich, ihre Einkünfte auf die alte Höhe zu bringen. Für beide
Theile war das nur durch den Schleichhandel möglich. — Wie
gross der Gewinn des Einzelnen in jener Zeit gewesen sein muss
beweist die Angabe, dass ein Handelsvorsteher dieses Amt nur
zweimal ein Jahr lang zu bekleiden brauchte, um sich mit einem
grossartigen Vermögen zurückzuziehen. Zu Thunberg’s Zeit, fast
hundert Jahre später, wird wehmüthig geklagt, dass schon eine
vier- bis fünfjährige Amtsdauer dazu gehöre um ein ausreichendes
Vermögen mit nach Hause zu nehmen. — Der Gewinn der Com-
pagnie an der Umprägung des ausgeführten Goldes betrug noch
1670 und 1671 über eine Million Gulden, und man nahm doch nur
soweit Gold in Zahlung als nicht Kupfer zu erhalten war. Von
dieser Zeit an wurden die Vortheile immer geringer: nachdem die
Japaner einmal erfahren hatten, welchen Druck der Handel der
Holländer ertragen konnte, hörten sie nicht auf mit Beschränkungen
und scheinen es wirklich dahin gebracht zu haben, dass die Com-
pagnie
gegen Ende des Jahrhunderts Schaden an ihren Geschäften
hatte. Aber die Factoreibeamten zogen aus ihren Privatoperationen,
die fast nur auf Schleichwegen gingen, noch immer ungeheueren
Vortheil und hintertrieben beharrlich das Vorhaben der Direction,
Desima ganz aufzugeben. Die dortigen Vorsteher scheinen über ein
Jahrhundert lang die ostindische Compagnie systematisch betrogen
zu haben; sie verletzten täglich die Monopolrechte, zu deren Auf-

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[208/0228] Handel der Holländer. XI. zu verehren. Der Kronleuchter kommt an, wird aber, wahrscheinlich aus Missverständniss, nicht jenem Minister, sondern dem Kaiser selbst mit den Geschenken der Holländer überreicht. Von da an hätte Mino-sama’s Rachsucht nicht geruht ihnen alle möglichen Vexationen zu bereiten. Er wusste 1672 einen ihm ergebenen Ver- wandten zum Statthalter von Naṅgasaki zu erheben, von welchem die Einführung des Taxationshandels ausging; und als zwölf Jahre später ein Edict des Tsuna-yosi (er regierte seit 1680) den Hollän- dern ihre alten Handelsfreiheiten wiedergab, soll er es gewesen sein, der die Beschränkung der Einfuhr auf die Summe von 300,000 Taels durchsetzte. Der ungeheure Vortheil, welchen der Taxationshandel wäh- rend seines zwölfjährigen Bestehens allen Beamten und Dolmetschern von Naṅgasaki gebracht hatte, war die Quelle der Entsittlichung für alle Zukunft; wie aber die Japaner an diese Periode, so gedach- ten die Niederländer der früheren goldenen Zeiten und strebten ängstlich, ihre Einkünfte auf die alte Höhe zu bringen. Für beide Theile war das nur durch den Schleichhandel möglich. — Wie gross der Gewinn des Einzelnen in jener Zeit gewesen sein muss beweist die Angabe, dass ein Handelsvorsteher dieses Amt nur zweimal ein Jahr lang zu bekleiden brauchte, um sich mit einem grossartigen Vermögen zurückzuziehen. Zu Thunberg’s Zeit, fast hundert Jahre später, wird wehmüthig geklagt, dass schon eine vier- bis fünfjährige Amtsdauer dazu gehöre um ein ausreichendes Vermögen mit nach Hause zu nehmen. — Der Gewinn der Com- pagnie an der Umprägung des ausgeführten Goldes betrug noch 1670 und 1671 über eine Million Gulden, und man nahm doch nur soweit Gold in Zahlung als nicht Kupfer zu erhalten war. Von dieser Zeit an wurden die Vortheile immer geringer: nachdem die Japaner einmal erfahren hatten, welchen Druck der Handel der Holländer ertragen konnte, hörten sie nicht auf mit Beschränkungen und scheinen es wirklich dahin gebracht zu haben, dass die Com- pagnie gegen Ende des Jahrhunderts Schaden an ihren Geschäften hatte. Aber die Factoreibeamten zogen aus ihren Privatoperationen, die fast nur auf Schleichwegen gingen, noch immer ungeheueren Vortheil und hintertrieben beharrlich das Vorhaben der Direction, Desima ganz aufzugeben. Die dortigen Vorsteher scheinen über ein Jahrhundert lang die ostindische Compagnie systematisch betrogen zu haben; sie verletzten täglich die Monopolrechte, zu deren Auf-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/228>, abgerufen am 28.09.2024.