[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Annehmlichkeiten des Seelebens. XI. trotzdem eingedrungene Wasser rauschte und fluthete dort beständigauf und nieder, und zuweilen stürzte eine brausende See durch die Verdeckluken herab. Auch in den Batteriekammern waren die Pforten geschlossen, aber am Boden wogte mehrere Zoll hoch die Wasserfluth; alle losen Gegenstände stürzten sich fühllos kopfüber in dieses Bad und polterten, mit dem Wellenschlage lustig hin- und herschwimmend, tactmässig an die Cajütenwände. Man musste den ganzen Tag Licht brennen und nahm seine Wasserstiefeln mit zur Koje; -- der Ausdruck "zu Bett", wird auf See mit Recht ver- lacht. Wer irgend konnte schwang sich Morgens von seinem Lager gleich auf den festgeschraubten Cajütentisch und suchte dort Toilette zu machen, das Wasser schwappte ihm aus dem Waschbecken von selbst in das Gesicht; wer sich beim Anziehen nicht festklam- merte machte unfreiwillig die wunderlichsten Reverenzen und equi- libristische Kunststücke. Die Küchenfeuer konnten fast die ganze Zeit nicht angezündet noch die Tafeln gedeckt werden; man nährte sich aus der Hand von Schiffszwieback und kalter Küche, so weit sie vorhanden, und trank aus der Flasche. Liess der Wind auf Augenblicke nach, so wurde wohl Caffee gekocht; wem es dann gelang eine Tasse des warmen belebenden Saftes unzerbrochen und unvergossen in sein Innerstes zu befördern, der konnte von Glück und Geschicklichkeit reden. Auf Deck ist man bei solchem Wetter beständigen Staub- und Sturzbädern ausgesetzt und kann sich des grossartigen Schauspiels nicht allzulange freuen; die inneren Schiffs- räume sind feucht, dumpfig und dunkel, und man verwünscht von ganzem Herzen alle Seereisen. 4. Febr.Den 4. Februar trat Besserung ein; der Wind wurde flauer Annehmlichkeiten des Seelebens. XI. trotzdem eingedrungene Wasser rauschte und fluthete dort beständigauf und nieder, und zuweilen stürzte eine brausende See durch die Verdeckluken herab. Auch in den Batteriekammern waren die Pforten geschlossen, aber am Boden wogte mehrere Zoll hoch die Wasserfluth; alle losen Gegenstände stürzten sich fühllos kopfüber in dieses Bad und polterten, mit dem Wellenschlage lustig hin- und herschwimmend, tactmässig an die Cajütenwände. Man musste den ganzen Tag Licht brennen und nahm seine Wasserstiefeln mit zur Koje; — der Ausdruck »zu Bett«, wird auf See mit Recht ver- lacht. Wer irgend konnte schwang sich Morgens von seinem Lager gleich auf den festgeschraubten Cajütentisch und suchte dort Toilette zu machen, das Wasser schwappte ihm aus dem Waschbecken von selbst in das Gesicht; wer sich beim Anziehen nicht festklam- merte machte unfreiwillig die wunderlichsten Reverenzen und equi- libristische Kunststücke. Die Küchenfeuer konnten fast die ganze Zeit nicht angezündet noch die Tafeln gedeckt werden; man nährte sich aus der Hand von Schiffszwieback und kalter Küche, so weit sie vorhanden, und trank aus der Flasche. Liess der Wind auf Augenblicke nach, so wurde wohl Caffee gekocht; wem es dann gelang eine Tasse des warmen belebenden Saftes unzerbrochen und unvergossen in sein Innerstes zu befördern, der konnte von Glück und Geschicklichkeit reden. Auf Deck ist man bei solchem Wetter beständigen Staub- und Sturzbädern ausgesetzt und kann sich des grossartigen Schauspiels nicht allzulange freuen; die inneren Schiffs- räume sind feucht, dumpfig und dunkel, und man verwünscht von ganzem Herzen alle Seereisen. 4. Febr.Den 4. Februar trat Besserung ein; der Wind wurde flauer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0202" n="182"/><fw place="top" type="header">Annehmlichkeiten des Seelebens. XI.</fw><lb/> trotzdem eingedrungene Wasser rauschte und fluthete dort beständig<lb/> auf und nieder, und zuweilen stürzte eine brausende See durch die<lb/> Verdeckluken herab. Auch in den Batteriekammern waren die<lb/> Pforten geschlossen, aber am Boden wogte mehrere Zoll hoch die<lb/> Wasserfluth; alle losen Gegenstände stürzten sich fühllos kopfüber<lb/> in dieses Bad und polterten, mit dem Wellenschlage lustig hin-<lb/> und herschwimmend, tactmässig an die Cajütenwände. 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Liess der Wind auf<lb/> Augenblicke nach, so wurde wohl Caffee gekocht; wem es dann<lb/> gelang eine Tasse des warmen belebenden Saftes unzerbrochen und<lb/> unvergossen in sein Innerstes zu befördern, der konnte von Glück<lb/> und Geschicklichkeit reden. Auf Deck ist man bei solchem Wetter<lb/> beständigen Staub- und Sturzbädern ausgesetzt und kann sich des<lb/> grossartigen Schauspiels nicht allzulange freuen; die inneren Schiffs-<lb/> räume sind feucht, dumpfig und dunkel, und man verwünscht von<lb/> ganzem Herzen alle Seereisen.</p><lb/> <p><note place="left">4. Febr.</note>Den 4. Februar trat Besserung ein; der Wind wurde flauer<lb/> und etwas nördlicher, die Dünung schwächer, so dass die Geschütz-<lb/> pforten geöffnet werden konnten. Die Schiffsräume trockneten und<lb/> wir hatten wieder Tageslicht in der Batterie. Am nordwestlichen<lb/> Horizont zeigte sich eine Felseninsel, wahrscheinlich <placeName>South-Island</placeName>.<lb/> — Wir fuhren Morgens an einer Klippengruppe vorüber, die in den<lb/> Karten zwar unter dem Namen »<placeName>Rocky Islet</placeName>« verzeichnet war, aber<lb/> ohne sichere Ortsbestimmung. Sie lag genau auf der Linie unseres<lb/> Courses, und wir durften unser Glück rühmen die Stelle bei Tage<lb/> zu passiren; bei Nacht konnten die Schiffe mit der Strömung, welche<lb/> grade darauf los trieb, leicht auf die Felsen rennen. — Es war ein<lb/> sonderbarer Anblick, voll unheimlicher Naturschönheit: die Klippen<lb/> liegen theils unter Wasser, theils berühren sie die Oberfläche oder<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [182/0202]
Annehmlichkeiten des Seelebens. XI.
trotzdem eingedrungene Wasser rauschte und fluthete dort beständig
auf und nieder, und zuweilen stürzte eine brausende See durch die
Verdeckluken herab. Auch in den Batteriekammern waren die
Pforten geschlossen, aber am Boden wogte mehrere Zoll hoch die
Wasserfluth; alle losen Gegenstände stürzten sich fühllos kopfüber
in dieses Bad und polterten, mit dem Wellenschlage lustig hin-
und herschwimmend, tactmässig an die Cajütenwände. Man musste
den ganzen Tag Licht brennen und nahm seine Wasserstiefeln mit
zur Koje; — der Ausdruck »zu Bett«, wird auf See mit Recht ver-
lacht. Wer irgend konnte schwang sich Morgens von seinem Lager
gleich auf den festgeschraubten Cajütentisch und suchte dort Toilette
zu machen, das Wasser schwappte ihm aus dem Waschbecken
von selbst in das Gesicht; wer sich beim Anziehen nicht festklam-
merte machte unfreiwillig die wunderlichsten Reverenzen und equi-
libristische Kunststücke. Die Küchenfeuer konnten fast die ganze
Zeit nicht angezündet noch die Tafeln gedeckt werden; man nährte
sich aus der Hand von Schiffszwieback und kalter Küche, so weit
sie vorhanden, und trank aus der Flasche. Liess der Wind auf
Augenblicke nach, so wurde wohl Caffee gekocht; wem es dann
gelang eine Tasse des warmen belebenden Saftes unzerbrochen und
unvergossen in sein Innerstes zu befördern, der konnte von Glück
und Geschicklichkeit reden. Auf Deck ist man bei solchem Wetter
beständigen Staub- und Sturzbädern ausgesetzt und kann sich des
grossartigen Schauspiels nicht allzulange freuen; die inneren Schiffs-
räume sind feucht, dumpfig und dunkel, und man verwünscht von
ganzem Herzen alle Seereisen.
Den 4. Februar trat Besserung ein; der Wind wurde flauer
und etwas nördlicher, die Dünung schwächer, so dass die Geschütz-
pforten geöffnet werden konnten. Die Schiffsräume trockneten und
wir hatten wieder Tageslicht in der Batterie. Am nordwestlichen
Horizont zeigte sich eine Felseninsel, wahrscheinlich South-Island.
— Wir fuhren Morgens an einer Klippengruppe vorüber, die in den
Karten zwar unter dem Namen »Rocky Islet« verzeichnet war, aber
ohne sichere Ortsbestimmung. Sie lag genau auf der Linie unseres
Courses, und wir durften unser Glück rühmen die Stelle bei Tage
zu passiren; bei Nacht konnten die Schiffe mit der Strömung, welche
grade darauf los trieb, leicht auf die Felsen rennen. — Es war ein
sonderbarer Anblick, voll unheimlicher Naturschönheit: die Klippen
liegen theils unter Wasser, theils berühren sie die Oberfläche oder
4. Febr.
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