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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Differenzen der Diplomaten. X.
als eine bevorzugte gelten müsse. Dieser habe den ersten Handels-
vertrag geschlossen und so viel länger als alle anderen in Japan
gelebt, habe auch als Vertreter der amerikanischen Regierung
vielleicht andere Grundsätze zu befolgen, als die Gesandten der
europäischen Mächte; seine Sicherheit werde durch die Abreise der
anderen Diplomaten nicht compromittirt werden; sein Zurückbleiben
nehme der Maassregel nichts von ihrer Bedeutung, mildere aber
vielleicht die davon zu befürchtende Aufregung; Jeder möge die
Ueberzeugung des Anderen ehren und so handeln, wie es ihm seine
Ansichten und die Interressen seiner Regierung vorschrieben.

Es gelang dem Grafen die etwas aufgeregten Gemüther zu
beschwichtigen; Herr Alcock aber, der Urheber des beabsichtigten
Schrittes, blieb bei seiner Meinung und berief die Gesandten zu
einer zweiten Conferenz am 21. Januar, welcher Herr Harris nicht
beiwohnte. Der englische Gesandte drückte hier nochmals sein tiefes
Bedauern über die Trennung des amerikanischen Minister-Residenten
von seinen Amtsgenossen aus, welche die Wirkung ihrer Maass-
nahmen in dieser wichtigen und schweren Krise lähmen werde. Das
Auftreten desselben müsse die japanische Regierung ermuthigen, dem
auf sie zu übenden Drucke zu widerstehen, zum Nachtheil Amerika's
nicht weniger als aller anderen Mächte. Herr Alcock gab ferner
mit Nachdruck zu erkennen, wie die von ihm und seinen Collegen
beabsichtigten Schritte keinen anderen Zweck hätten, als einen
Wechsel herbeizuführen, der ihre Stellung haltbar mache und einen
Bruch abwende, welchem sonst die Verhältnisse mit zunehmender
Gewalt entgegentrieben. Er verfasste endlich ein Protocoll der bei-
den Sitzungen, worin alles auf die gegenwärtige Lage und die sie
bedingenden Zustände des Landes Bezügliche, soweit man sich
Kenntniss davon verschaffen konnte, sehr ausführlich niedergelegt
war, und sandte dasselbe den Theilnehmern der Conferenzen, auch
Herrn Harris zur Unterschrift. Dieser verweigerte die seinige mit
der Bemerkung, dass er zur zweiten Besprechung nicht eingeladen,
also auch nicht dabei gegenwärtig gewesen sei. Der englische Ge-
sandte hatte ihn zugleich um eine schriftliche motivirte Darlegung
seiner Ansichten ersucht, um sie dem Protocolle und den Zusatz-
erklärungen der anderen Gesandten beizufügen und seiner Regierung
einzusenden. In der darauf erfolgten Note des Herrn Harris heisst
es: "Die japanische Regierung hat die diplomatischen Vertreter seit
dem Tage ihrer Ankunft in dieser Stadt vor den bestehenden Ge-

Differenzen der Diplomaten. X.
als eine bevorzugte gelten müsse. Dieser habe den ersten Handels-
vertrag geschlossen und so viel länger als alle anderen in Japan
gelebt, habe auch als Vertreter der amerikanischen Regierung
vielleicht andere Grundsätze zu befolgen, als die Gesandten der
europäischen Mächte; seine Sicherheit werde durch die Abreise der
anderen Diplomaten nicht compromittirt werden; sein Zurückbleiben
nehme der Maassregel nichts von ihrer Bedeutung, mildere aber
vielleicht die davon zu befürchtende Aufregung; Jeder möge die
Ueberzeugung des Anderen ehren und so handeln, wie es ihm seine
Ansichten und die Interressen seiner Regierung vorschrieben.

Es gelang dem Grafen die etwas aufgeregten Gemüther zu
beschwichtigen; Herr Alcock aber, der Urheber des beabsichtigten
Schrittes, blieb bei seiner Meinung und berief die Gesandten zu
einer zweiten Conferenz am 21. Januar, welcher Herr Harris nicht
beiwohnte. Der englische Gesandte drückte hier nochmals sein tiefes
Bedauern über die Trennung des amerikanischen Minister-Residenten
von seinen Amtsgenossen aus, welche die Wirkung ihrer Maass-
nahmen in dieser wichtigen und schweren Krise lähmen werde. Das
Auftreten desselben müsse die japanische Regierung ermuthigen, dem
auf sie zu übenden Drucke zu widerstehen, zum Nachtheil Amerika’s
nicht weniger als aller anderen Mächte. Herr Alcock gab ferner
mit Nachdruck zu erkennen, wie die von ihm und seinen Collegen
beabsichtigten Schritte keinen anderen Zweck hätten, als einen
Wechsel herbeizuführen, der ihre Stellung haltbar mache und einen
Bruch abwende, welchem sonst die Verhältnisse mit zunehmender
Gewalt entgegentrieben. Er verfasste endlich ein Protocoll der bei-
den Sitzungen, worin alles auf die gegenwärtige Lage und die sie
bedingenden Zustände des Landes Bezügliche, soweit man sich
Kenntniss davon verschaffen konnte, sehr ausführlich niedergelegt
war, und sandte dasselbe den Theilnehmern der Conferenzen, auch
Herrn Harris zur Unterschrift. Dieser verweigerte die seinige mit
der Bemerkung, dass er zur zweiten Besprechung nicht eingeladen,
also auch nicht dabei gegenwärtig gewesen sei. Der englische Ge-
sandte hatte ihn zugleich um eine schriftliche motivirte Darlegung
seiner Ansichten ersucht, um sie dem Protocolle und den Zusatz-
erklärungen der anderen Gesandten beizufügen und seiner Regierung
einzusenden. In der darauf erfolgten Note des Herrn Harris heisst
es: »Die japanische Regierung hat die diplomatischen Vertreter seit
dem Tage ihrer Ankunft in dieser Stadt vor den bestehenden Ge-

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[170/0190] Differenzen der Diplomaten. X. als eine bevorzugte gelten müsse. Dieser habe den ersten Handels- vertrag geschlossen und so viel länger als alle anderen in Japan gelebt, habe auch als Vertreter der amerikanischen Regierung vielleicht andere Grundsätze zu befolgen, als die Gesandten der europäischen Mächte; seine Sicherheit werde durch die Abreise der anderen Diplomaten nicht compromittirt werden; sein Zurückbleiben nehme der Maassregel nichts von ihrer Bedeutung, mildere aber vielleicht die davon zu befürchtende Aufregung; Jeder möge die Ueberzeugung des Anderen ehren und so handeln, wie es ihm seine Ansichten und die Interressen seiner Regierung vorschrieben. Es gelang dem Grafen die etwas aufgeregten Gemüther zu beschwichtigen; Herr Alcock aber, der Urheber des beabsichtigten Schrittes, blieb bei seiner Meinung und berief die Gesandten zu einer zweiten Conferenz am 21. Januar, welcher Herr Harris nicht beiwohnte. Der englische Gesandte drückte hier nochmals sein tiefes Bedauern über die Trennung des amerikanischen Minister-Residenten von seinen Amtsgenossen aus, welche die Wirkung ihrer Maass- nahmen in dieser wichtigen und schweren Krise lähmen werde. Das Auftreten desselben müsse die japanische Regierung ermuthigen, dem auf sie zu übenden Drucke zu widerstehen, zum Nachtheil Amerika’s nicht weniger als aller anderen Mächte. Herr Alcock gab ferner mit Nachdruck zu erkennen, wie die von ihm und seinen Collegen beabsichtigten Schritte keinen anderen Zweck hätten, als einen Wechsel herbeizuführen, der ihre Stellung haltbar mache und einen Bruch abwende, welchem sonst die Verhältnisse mit zunehmender Gewalt entgegentrieben. Er verfasste endlich ein Protocoll der bei- den Sitzungen, worin alles auf die gegenwärtige Lage und die sie bedingenden Zustände des Landes Bezügliche, soweit man sich Kenntniss davon verschaffen konnte, sehr ausführlich niedergelegt war, und sandte dasselbe den Theilnehmern der Conferenzen, auch Herrn Harris zur Unterschrift. Dieser verweigerte die seinige mit der Bemerkung, dass er zur zweiten Besprechung nicht eingeladen, also auch nicht dabei gegenwärtig gewesen sei. Der englische Ge- sandte hatte ihn zugleich um eine schriftliche motivirte Darlegung seiner Ansichten ersucht, um sie dem Protocolle und den Zusatz- erklärungen der anderen Gesandten beizufügen und seiner Regierung einzusenden. In der darauf erfolgten Note des Herrn Harris heisst es: »Die japanische Regierung hat die diplomatischen Vertreter seit dem Tage ihrer Ankunft in dieser Stadt vor den bestehenden Ge-

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/190>, abgerufen am 23.11.2024.