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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Heuskens Tod. X.
Arm und dem Oberkörper durchgegangen, hatte aber auf beiden
Seiten das Fleisch nur leicht geritzt. Der Körper war so steif und
schwer, dass wir ihn kaum regieren, und den Obertheil nothdürftig
bekleiden konnten. Er verlangte darauf etwas Wein und dankte
in schwachen Lauten den Umstehenden; wir legten ihn in das ge-
wärmte Bett und wandten ihn auf die linke Seite, worauf er einzu-
schlafen schien.

Dr. Lucius hatte dem Verwundeten Hoffnung eingesprochen
und nannte gegen uns die Verletzung auch nur unbedingt lebens-
gefährlich, um das Wort "tödtlich" nicht im Zimmer des Leidenden
laut werden zu lassen. Er blieb mit dem Abbe Girard bei dem
Kranken, während die übrigen Mitglieder unserer Legation nach
Akabane zurückkehrten, um dem Gesandten Rechenschaft zu geben
und die Wachenden später abzulösen. Herr Heine kehrte gleich
mit den Nachtkleidern für sich und Dr. Lucius nach der amerika-
nischen Gesandtschaft zurück und kam noch zeitig genug, um
Heusken sterben zu sehen. Dieser wurde gegen Mitternacht unruhig,
verlangte mehr Wein, und bat man möchte ihn aufrichten. Der
Abbe Girard reichte dem Scheidenden die Sterbesacramente; der Athem
ward röchelnd und stockte; -- er schlief ohne Zeichen des Schmerzes
hinüber. Herr Harris weinte bitterlich bei der Leiche; Dr. Lucius
blieb die Nacht dort, um ihm nahe zu sein.

Der Arzt sprach sich dahin aus, dass die Hiebwunde im
Unterleib unter allen Umständen den Tod herbeiführen musste, das
schnelle Hinscheiden aber nur durch den furchtbaren Blutverlust
verursacht sei. Von dem Augenblick der Verwundung bis zur
Leistung der ärztlichen Hülfe vergingen sicher fast anderthalb Stun-
den; Heusken hatte den grössten Theil dieser Zeit auf der Strasse
gelegen und sich verblutet. Er schlummerte in Folge dessen sanft
hinüber, während sonst nach ärztlichem Gutachten heftige Entzün-
dung eintreten musste, an welcher er nach einigen Tagen wahr-
scheinlich unter grässlichen Schmerzen gestorben wäre.

Der Thatbestand des Angriffs konnte nicht mit Sicherheit
festgestellt werden. Heusken ritt mit drei Yakuninen nach halb
neun auf dem gewöhnlichen Wege in kurzem Trab nach Hause; er
trug ausser einer starken Hetzpeitsche niemals Waffen. Ein Yakunin
ritt voraus, zwei dicht hinter ihm; nebenher liefen die vier Betto's
mit Laternen, deren auch die Yakunine hatten. Der Angriff erfolgte
etwa halbwegs zwischen beiden Gesandtschaften an einer Stelle wo

Heuskens Tod. X.
Arm und dem Oberkörper durchgegangen, hatte aber auf beiden
Seiten das Fleisch nur leicht geritzt. Der Körper war so steif und
schwer, dass wir ihn kaum regieren, und den Obertheil nothdürftig
bekleiden konnten. Er verlangte darauf etwas Wein und dankte
in schwachen Lauten den Umstehenden; wir legten ihn in das ge-
wärmte Bett und wandten ihn auf die linke Seite, worauf er einzu-
schlafen schien.

Dr. Lucius hatte dem Verwundeten Hoffnung eingesprochen
und nannte gegen uns die Verletzung auch nur unbedingt lebens-
gefährlich, um das Wort »tödtlich« nicht im Zimmer des Leidenden
laut werden zu lassen. Er blieb mit dem Abbé Girard bei dem
Kranken, während die übrigen Mitglieder unserer Legation nach
Akabane zurückkehrten, um dem Gesandten Rechenschaft zu geben
und die Wachenden später abzulösen. Herr Heine kehrte gleich
mit den Nachtkleidern für sich und Dr. Lucius nach der amerika-
nischen Gesandtschaft zurück und kam noch zeitig genug, um
Heusken sterben zu sehen. Dieser wurde gegen Mitternacht unruhig,
verlangte mehr Wein, und bat man möchte ihn aufrichten. Der
Abbé Girard reichte dem Scheidenden die Sterbesacramente; der Athem
ward röchelnd und stockte; — er schlief ohne Zeichen des Schmerzes
hinüber. Herr Harris weinte bitterlich bei der Leiche; Dr. Lucius
blieb die Nacht dort, um ihm nahe zu sein.

Der Arzt sprach sich dahin aus, dass die Hiebwunde im
Unterleib unter allen Umständen den Tod herbeiführen musste, das
schnelle Hinscheiden aber nur durch den furchtbaren Blutverlust
verursacht sei. Von dem Augenblick der Verwundung bis zur
Leistung der ärztlichen Hülfe vergingen sicher fast anderthalb Stun-
den; Heusken hatte den grössten Theil dieser Zeit auf der Strasse
gelegen und sich verblutet. Er schlummerte in Folge dessen sanft
hinüber, während sonst nach ärztlichem Gutachten heftige Entzün-
dung eintreten musste, an welcher er nach einigen Tagen wahr-
scheinlich unter grässlichen Schmerzen gestorben wäre.

Der Thatbestand des Angriffs konnte nicht mit Sicherheit
festgestellt werden. Heusken ritt mit drei Yakuninen nach halb
neun auf dem gewöhnlichen Wege in kurzem Trab nach Hause; er
trug ausser einer starken Hetzpeitsche niemals Waffen. Ein Yakunin
ritt voraus, zwei dicht hinter ihm; nebenher liefen die vier Betto’s
mit Laternen, deren auch die Yakunine hatten. Der Angriff erfolgte
etwa halbwegs zwischen beiden Gesandtschaften an einer Stelle wo

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[150/0170] Heuskens Tod. X. Arm und dem Oberkörper durchgegangen, hatte aber auf beiden Seiten das Fleisch nur leicht geritzt. Der Körper war so steif und schwer, dass wir ihn kaum regieren, und den Obertheil nothdürftig bekleiden konnten. Er verlangte darauf etwas Wein und dankte in schwachen Lauten den Umstehenden; wir legten ihn in das ge- wärmte Bett und wandten ihn auf die linke Seite, worauf er einzu- schlafen schien. Dr. Lucius hatte dem Verwundeten Hoffnung eingesprochen und nannte gegen uns die Verletzung auch nur unbedingt lebens- gefährlich, um das Wort »tödtlich« nicht im Zimmer des Leidenden laut werden zu lassen. Er blieb mit dem Abbé Girard bei dem Kranken, während die übrigen Mitglieder unserer Legation nach Akabane zurückkehrten, um dem Gesandten Rechenschaft zu geben und die Wachenden später abzulösen. Herr Heine kehrte gleich mit den Nachtkleidern für sich und Dr. Lucius nach der amerika- nischen Gesandtschaft zurück und kam noch zeitig genug, um Heusken sterben zu sehen. Dieser wurde gegen Mitternacht unruhig, verlangte mehr Wein, und bat man möchte ihn aufrichten. Der Abbé Girard reichte dem Scheidenden die Sterbesacramente; der Athem ward röchelnd und stockte; — er schlief ohne Zeichen des Schmerzes hinüber. Herr Harris weinte bitterlich bei der Leiche; Dr. Lucius blieb die Nacht dort, um ihm nahe zu sein. Der Arzt sprach sich dahin aus, dass die Hiebwunde im Unterleib unter allen Umständen den Tod herbeiführen musste, das schnelle Hinscheiden aber nur durch den furchtbaren Blutverlust verursacht sei. Von dem Augenblick der Verwundung bis zur Leistung der ärztlichen Hülfe vergingen sicher fast anderthalb Stun- den; Heusken hatte den grössten Theil dieser Zeit auf der Strasse gelegen und sich verblutet. Er schlummerte in Folge dessen sanft hinüber, während sonst nach ärztlichem Gutachten heftige Entzün- dung eintreten musste, an welcher er nach einigen Tagen wahr- scheinlich unter grässlichen Schmerzen gestorben wäre. Der Thatbestand des Angriffs konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Heusken ritt mit drei Yakuninen nach halb neun auf dem gewöhnlichen Wege in kurzem Trab nach Hause; er trug ausser einer starken Hetzpeitsche niemals Waffen. Ein Yakunin ritt voraus, zwei dicht hinter ihm; nebenher liefen die vier Betto’s mit Laternen, deren auch die Yakunine hatten. Der Angriff erfolgte etwa halbwegs zwischen beiden Gesandtschaften an einer Stelle wo

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/170>, abgerufen am 24.11.2024.