[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.Consularische Jurisdiction. VII. von hinten niedergerissen, das Gewehr ihm entwunden worden undhinter seinem Rücken in den Händen der Japaner losgegangen. Diese dagegen behaupteten einstimmig, dass er zielend auf den Yakunin losgedrückt habe, und darauf erst niedergeworfen und gebunden worden sei. -- Als bemerkenswerth ist zu erwähnen, dass Herr M. gleich nach seiner Abführung in das englische Consulat eine Eingabe an den Gesandten in Yeddo richtete, worin er, als schuldlos und ohne jede Provocation misshandelt, eine Entschädigung von dreissigtausend Dollars für die erduldeten Aengste, Beulen und Schrammen forderte. Herr Alcock sollte dieses Schmerzensgeld sofort von der japanischen Regierung eintreiben. -- Statt dessen ging natürlich der Process seinen Gang. Der Angeklagte war schon durch die eingestandenen Puncte, die gesetzwidrige Ausübung der Jagd, das Aufziehen der Hähne und das Zielen mit der Drohung zu schiessen, nach englischem Rechte schweren Strafen verfallen; er bestritt nur die Beschuldigung, wirklich losgedrückt zu haben. Die Japaner aber hielten alle Puncte ihrer Anklage aufrecht und beharrten auf der Erklärung, dass die gewaltsame Verhaftung nur Folge seines mörderischen Angriffs gewesen sei. -- Als es zum Urtheil kam gerieth der Richter, Capitän Vyse, mit den beiden Beisitzern, zwei englischen Kaufleuten aus Yokuhama, in Widerspruch. Letztere erklärten Herrn M. in allen Puncten für unschuldig, weil das Verbot zu jagen nur für ein temporäres gegolten habe, weil sie der Aussage des Angeklagten in allen Stücken glaubten, alle Japaner dagegen für meineidig hielten; selbst seine Drohung zu schiessen sei nicht ernstlich gemeint und nur ein erlaubter Versuch der Einschüchterung gewesen. Der Consul dagegen verurtheilte ihn zur Deportation -- d. h. Verbannung aus Japan -- und tausend Dollars Geldbusse. So ging denn das Urtheil zur Revision an den Gesandten, welcher die von Capitän Vyse dictirte Strafe zu milde fand und ihr eine drei- monatliche Gefängnisshaft hinzufügte, mit der Bestimmung, dass die Strafsumme von tausend Dollars dem verwundeten Yakunin ein- zuhändigen sei. Die von dem Consul erkannte Strafe wäre in Wirk- lichkeit gar keine gewesen, denn die Entfernung des Herrn M. aus Japan war für seine Sicherheit nothwendig, und was die Geldstrafe betrifft, so hatte eine Anzahl Kaufleute in Yokuhama der englischen Consularbehörde schon in höhnender Weise zu erkennen gegeben, dass sie die Summe zusammenschiessen würden. Sie waren über das Erkenntniss sehr erbittert, sprachen sich in einer Adresse an Consularische Jurisdiction. VII. von hinten niedergerissen, das Gewehr ihm entwunden worden undhinter seinem Rücken in den Händen der Japaner losgegangen. Diese dagegen behaupteten einstimmig, dass er zielend auf den Yakunin losgedrückt habe, und darauf erst niedergeworfen und gebunden worden sei. — Als bemerkenswerth ist zu erwähnen, dass Herr M. gleich nach seiner Abführung in das englische Consulat eine Eingabe an den Gesandten in Yeddo richtete, worin er, als schuldlos und ohne jede Provocation misshandelt, eine Entschädigung von dreissigtausend Dollars für die erduldeten Aengste, Beulen und Schrammen forderte. Herr Alcock sollte dieses Schmerzensgeld sofort von der japanischen Regierung eintreiben. — Statt dessen ging natürlich der Process seinen Gang. Der Angeklagte war schon durch die eingestandenen Puncte, die gesetzwidrige Ausübung der Jagd, das Aufziehen der Hähne und das Zielen mit der Drohung zu schiessen, nach englischem Rechte schweren Strafen verfallen; er bestritt nur die Beschuldigung, wirklich losgedrückt zu haben. Die Japaner aber hielten alle Puncte ihrer Anklage aufrecht und beharrten auf der Erklärung, dass die gewaltsame Verhaftung nur Folge seines mörderischen Angriffs gewesen sei. — Als es zum Urtheil kam gerieth der Richter, Capitän Vyse, mit den beiden Beisitzern, zwei englischen Kaufleuten aus Yokuhama, in Widerspruch. Letztere erklärten Herrn M. in allen Puncten für unschuldig, weil das Verbot zu jagen nur für ein temporäres gegolten habe, weil sie der Aussage des Angeklagten in allen Stücken glaubten, alle Japaner dagegen für meineidig hielten; selbst seine Drohung zu schiessen sei nicht ernstlich gemeint und nur ein erlaubter Versuch der Einschüchterung gewesen. Der Consul dagegen verurtheilte ihn zur Deportation — d. h. Verbannung aus Japan — und tausend Dollars Geldbusse. So ging denn das Urtheil zur Revision an den Gesandten, welcher die von Capitän Vyse dictirte Strafe zu milde fand und ihr eine drei- monatliche Gefängnisshaft hinzufügte, mit der Bestimmung, dass die Strafsumme von tausend Dollars dem verwundeten Yakunin ein- zuhändigen sei. Die von dem Consul erkannte Strafe wäre in Wirk- lichkeit gar keine gewesen, denn die Entfernung des Herrn M. aus Japan war für seine Sicherheit nothwendig, und was die Geldstrafe betrifft, so hatte eine Anzahl Kaufleute in Yokuhama der englischen Consularbehörde schon in höhnender Weise zu erkennen gegeben, dass sie die Summe zusammenschiessen würden. Sie waren über das Erkenntniss sehr erbittert, sprachen sich in einer Adresse an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0118" n="98"/><fw place="top" type="header">Consularische Jurisdiction. 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Consularische Jurisdiction. VII.
von hinten niedergerissen, das Gewehr ihm entwunden worden und
hinter seinem Rücken in den Händen der Japaner losgegangen.
Diese dagegen behaupteten einstimmig, dass er zielend auf den
Yakunin losgedrückt habe, und darauf erst niedergeworfen und
gebunden worden sei. — Als bemerkenswerth ist zu erwähnen, dass
Herr M. gleich nach seiner Abführung in das englische Consulat
eine Eingabe an den Gesandten in Yeddo richtete, worin er, als
schuldlos und ohne jede Provocation misshandelt, eine Entschädigung
von dreissigtausend Dollars für die erduldeten Aengste, Beulen und
Schrammen forderte. Herr Alcock sollte dieses Schmerzensgeld
sofort von der japanischen Regierung eintreiben. — Statt dessen
ging natürlich der Process seinen Gang. Der Angeklagte war schon
durch die eingestandenen Puncte, die gesetzwidrige Ausübung der
Jagd, das Aufziehen der Hähne und das Zielen mit der Drohung zu
schiessen, nach englischem Rechte schweren Strafen verfallen; er
bestritt nur die Beschuldigung, wirklich losgedrückt zu haben. Die
Japaner aber hielten alle Puncte ihrer Anklage aufrecht und beharrten
auf der Erklärung, dass die gewaltsame Verhaftung nur Folge seines
mörderischen Angriffs gewesen sei. — Als es zum Urtheil kam
gerieth der Richter, Capitän Vyse, mit den beiden Beisitzern, zwei
englischen Kaufleuten aus Yokuhama, in Widerspruch. Letztere
erklärten Herrn M. in allen Puncten für unschuldig, weil das Verbot
zu jagen nur für ein temporäres gegolten habe, weil sie der Aussage
des Angeklagten in allen Stücken glaubten, alle Japaner dagegen
für meineidig hielten; selbst seine Drohung zu schiessen sei nicht
ernstlich gemeint und nur ein erlaubter Versuch der Einschüchterung
gewesen. Der Consul dagegen verurtheilte ihn zur Deportation —
d. h. Verbannung aus Japan — und tausend Dollars Geldbusse. So
ging denn das Urtheil zur Revision an den Gesandten, welcher die
von Capitän Vyse dictirte Strafe zu milde fand und ihr eine drei-
monatliche Gefängnisshaft hinzufügte, mit der Bestimmung, dass die
Strafsumme von tausend Dollars dem verwundeten Yakunin ein-
zuhändigen sei. Die von dem Consul erkannte Strafe wäre in Wirk-
lichkeit gar keine gewesen, denn die Entfernung des Herrn M. aus
Japan war für seine Sicherheit nothwendig, und was die Geldstrafe
betrifft, so hatte eine Anzahl Kaufleute in Yokuhama der englischen
Consularbehörde schon in höhnender Weise zu erkennen gegeben,
dass sie die Summe zusammenschiessen würden. Sie waren über
das Erkenntniss sehr erbittert, sprachen sich in einer Adresse an
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