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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Kastanien-Seidenwürmer. Ländlicher Grundbesitz. VII.
erwiesen ist, dass der Yama-mayu die Blätter aller bei uns wachsen-
den Eichenarten annimmt und sich gesund dabei entwickelt, so ist
die Zucht nur Aufgabe der Acclimatisation. Eine Eigenthümlichkeit der
Species besteht darin, dass sie im Ei, nicht wie andere Arten der-
selben Gattung, im Cocon überwintert. Da nun in Japan der Winter
nur kurz ist, so findet der Wurm bei seinem Auskriechen die Nah-
rung dort fertig bereitet, während man sie bei uns für die ersten
Wochen in Treibhäusern künstlich erzeugen muss. Eine andere
Schwierigkeit für die in Japan übliche Zucht im Freien ist der Schutz
der Raupen gegen Vögel und Insecten. Glückt die Acclimatisation,
so könnte nach angestellten Berechnungen eine kräftige Eiche jährlich
vier bis fünf Pfund Rohseide liefern.

Fortune berichtet noch von einem anderen japanischen Seiden-
wurm, welcher von den Blättern der Castanea japonica lebt. Die
Raupe war über vier Zoll lang, lebhaft grün, unten weiss gefärbt
und dicht mit weissen Haaren besetzt. Man lässt sie nicht zum
Einspinnen kommen, sondern schlitzt sie lebendig auf und zieht zwei
Bündelchen heraus, die nachdem sie in eine sauere Lösung getaucht
und dadurch von dem umgebenden Schleim befreit sind, jedes einen
Faden von funfzig Fuss Länge liefern. Fortune glaubte, dass sie
vorzüglich zu Angelschnüren und dergleichen benutzt werden, erfuhr
aber von den Eingeborenen, dass man auch Kleiderstoffe daraus
webt. Näheres ist darüber nicht bekannt geworden.

Von den Verhältnissen des ländlichen Grundbesitzes ist im
einleitenden Abschnitt schon vorübergehend die Rede gewesen;
Genaues weiss man darüber nur wenig. Wie die übrige Gesetz-
gebung, so scheint sich auch das Eigenthumsrecht in den einzelnen
Landschaften verschieden entwickelt zu haben; so soll es in einigen
Gegenden Grundbesitzer geben die nicht zur Adelsclasse gehören,
in den meisten aber ist der Boden wohl Eigenthum der Daimio's
oder des Taikun. Nach historischem Recht kann der Mikado als
Eigenthümer des ganzen Reiches gelten; die Fürsten halten ihren
Besitz von seinem Stellvertreter, dem Taikun, erblich zu Lehen,
ihre Streitkräfte werden als Contingente der kaiserlichen Armee
angesehen. In ähnlicher Weise mögen die Vasallen der Daimio's
Theile von deren Territorien erblich zu Lehen besitzen, und der
Hofadel Länderein in den Provinzen des Taikun. Der Landmann
ist wieder gewissermaassen erblicher Pächter; er muss jährlich einen
bestimmten Antheil der Aernte an seinen Grundherrn abgeben.

Kastanien-Seidenwürmer. Ländlicher Grundbesitz. VII.
erwiesen ist, dass der Yama-mayu die Blätter aller bei uns wachsen-
den Eichenarten annimmt und sich gesund dabei entwickelt, so ist
die Zucht nur Aufgabe der Acclimatisation. Eine Eigenthümlichkeit der
Species besteht darin, dass sie im Ei, nicht wie andere Arten der-
selben Gattung, im Cocon überwintert. Da nun in Japan der Winter
nur kurz ist, so findet der Wurm bei seinem Auskriechen die Nah-
rung dort fertig bereitet, während man sie bei uns für die ersten
Wochen in Treibhäusern künstlich erzeugen muss. Eine andere
Schwierigkeit für die in Japan übliche Zucht im Freien ist der Schutz
der Raupen gegen Vögel und Insecten. Glückt die Acclimatisation,
so könnte nach angestellten Berechnungen eine kräftige Eiche jährlich
vier bis fünf Pfund Rohseide liefern.

Fortune berichtet noch von einem anderen japanischen Seiden-
wurm, welcher von den Blättern der Castanea japonica lebt. Die
Raupe war über vier Zoll lang, lebhaft grün, unten weiss gefärbt
und dicht mit weissen Haaren besetzt. Man lässt sie nicht zum
Einspinnen kommen, sondern schlitzt sie lebendig auf und zieht zwei
Bündelchen heraus, die nachdem sie in eine sauere Lösung getaucht
und dadurch von dem umgebenden Schleim befreit sind, jedes einen
Faden von funfzig Fuss Länge liefern. Fortune glaubte, dass sie
vorzüglich zu Angelschnüren und dergleichen benutzt werden, erfuhr
aber von den Eingeborenen, dass man auch Kleiderstoffe daraus
webt. Näheres ist darüber nicht bekannt geworden.

Von den Verhältnissen des ländlichen Grundbesitzes ist im
einleitenden Abschnitt schon vorübergehend die Rede gewesen;
Genaues weiss man darüber nur wenig. Wie die übrige Gesetz-
gebung, so scheint sich auch das Eigenthumsrecht in den einzelnen
Landschaften verschieden entwickelt zu haben; so soll es in einigen
Gegenden Grundbesitzer geben die nicht zur Adelsclasse gehören,
in den meisten aber ist der Boden wohl Eigenthum der Daïmio’s
oder des Taïkūn. Nach historischem Recht kann der Mikado als
Eigenthümer des ganzen Reiches gelten; die Fürsten halten ihren
Besitz von seinem Stellvertreter, dem Taïkūn, erblich zu Lehen,
ihre Streitkräfte werden als Contingente der kaiserlichen Armee
angesehen. In ähnlicher Weise mögen die Vasallen der Daïmio’s
Theile von deren Territorien erblich zu Lehen besitzen, und der
Hofadel Länderein in den Provinzen des Taïkūn. Der Landmann
ist wieder gewissermaassen erblicher Pächter; er muss jährlich einen
bestimmten Antheil der Aernte an seinen Grundherrn abgeben.

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[86/0106] Kastanien-Seidenwürmer. Ländlicher Grundbesitz. VII. erwiesen ist, dass der Yama-mayu die Blätter aller bei uns wachsen- den Eichenarten annimmt und sich gesund dabei entwickelt, so ist die Zucht nur Aufgabe der Acclimatisation. Eine Eigenthümlichkeit der Species besteht darin, dass sie im Ei, nicht wie andere Arten der- selben Gattung, im Cocon überwintert. Da nun in Japan der Winter nur kurz ist, so findet der Wurm bei seinem Auskriechen die Nah- rung dort fertig bereitet, während man sie bei uns für die ersten Wochen in Treibhäusern künstlich erzeugen muss. Eine andere Schwierigkeit für die in Japan übliche Zucht im Freien ist der Schutz der Raupen gegen Vögel und Insecten. Glückt die Acclimatisation, so könnte nach angestellten Berechnungen eine kräftige Eiche jährlich vier bis fünf Pfund Rohseide liefern. Fortune berichtet noch von einem anderen japanischen Seiden- wurm, welcher von den Blättern der Castanea japonica lebt. Die Raupe war über vier Zoll lang, lebhaft grün, unten weiss gefärbt und dicht mit weissen Haaren besetzt. Man lässt sie nicht zum Einspinnen kommen, sondern schlitzt sie lebendig auf und zieht zwei Bündelchen heraus, die nachdem sie in eine sauere Lösung getaucht und dadurch von dem umgebenden Schleim befreit sind, jedes einen Faden von funfzig Fuss Länge liefern. Fortune glaubte, dass sie vorzüglich zu Angelschnüren und dergleichen benutzt werden, erfuhr aber von den Eingeborenen, dass man auch Kleiderstoffe daraus webt. Näheres ist darüber nicht bekannt geworden. Von den Verhältnissen des ländlichen Grundbesitzes ist im einleitenden Abschnitt schon vorübergehend die Rede gewesen; Genaues weiss man darüber nur wenig. Wie die übrige Gesetz- gebung, so scheint sich auch das Eigenthumsrecht in den einzelnen Landschaften verschieden entwickelt zu haben; so soll es in einigen Gegenden Grundbesitzer geben die nicht zur Adelsclasse gehören, in den meisten aber ist der Boden wohl Eigenthum der Daïmio’s oder des Taïkūn. Nach historischem Recht kann der Mikado als Eigenthümer des ganzen Reiches gelten; die Fürsten halten ihren Besitz von seinem Stellvertreter, dem Taïkūn, erblich zu Lehen, ihre Streitkräfte werden als Contingente der kaiserlichen Armee angesehen. In ähnlicher Weise mögen die Vasallen der Daïmio’s Theile von deren Territorien erblich zu Lehen besitzen, und der Hofadel Länderein in den Provinzen des Taïkūn. Der Landmann ist wieder gewissermaassen erblicher Pächter; er muss jährlich einen bestimmten Antheil der Aernte an seinen Grundherrn abgeben.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/106>, abgerufen am 22.11.2024.