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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Sturz des Fide-tsugu. Die spanischen Gesandtschaften.
nicht gesonnen, den gehofften Thron dem spät geborenen Sohne
des Taiko-sama herauszugeben; es musste also zum Bruche kommen.
Die beiden Fürsten standen einander mit ihren Höfen eine Zeit lang
unter glänzenden Festlichkeiten misstrauisch gegenüber, da liess
der Kaiser plötzlich den Palast seines Neffen umzingeln und ihn
selbst mit seiner Umgebung nach einem festen Bergkloster schleppen.
Fide-tsugu erhielt den Befehl sich mit seinem Gefolge zu entleiben,
seine Familie und sein ganzer Hof wurden hingerichtet, seine Bauten
verbrannt und der Erde gleich gemacht. Die Jesuiten, welche Zeugen
dieses Blutbades waren, geben die grässlichsten Schilderungen von
den verübten Grausamkeiten und rühmen die heroische Anhänglich-
keit der Hofleute an ihren gefallenen Herrn. --

Die Lage der Jesuiten blieb bis zum Tode des Kaisers im
Wesentlichen dieselbe: er duldete sie, damit die portugiesischen
Kaufleute das Land nicht verlassen möchten. Aber sein Argwohn
gegen das Christenthum nahm zu, noch von Nangoya aus befahl
er die Entwaffnung aller japanischen Christen auf Kiusiu. Dort
empfing Taiko-sama auch die beiden ersten Gesandtschaften des
Gouverneurs der Philippinen, über deren Auftreten und Empfang
wenig Licht verbreitet ist. Die einzigen Berichte sind, so viel
bekannt, die der Jesuiten, welche kaum genau unterrichtet gewesen
sein mögen. Sie erzählen, dass zwar die spanischen Gesandten sich
mit Würde benommen und jenes Unterwerfung fordernde Schreiben
des Taiko-sama als unmöglich von ihm ausgehend, als eine Fäl-
schung zurückgewiesen hätten, dass aber mehrere die Gesandtschaft
begleitende Franciscanermönche ihm den Eid der Treue leisteten,
um die Erlaubniss der Niederlassung in Japan zu erhalten. Der
Kaiser behandelte nach diesen Berichten die Spanier mit grosser
Wegwerfung, und verlangte nochmals die Huldigung des Gouver-
neurs der Philippinen. Er wiederholte diese Forderung auch einer
zweiten Gesandtschaft gegenüber, welche 1593 nach Nangoya kam
-- die erste war auf der Rückreise in einem Orkan untergegan-
gen. Zum offenen Bruche kam es nicht: die Spanier bedienten
sich, den Jesuiten misstrauend, zum Dolmetschen eines Japaners,
der in Manila ihre Sprache gelernt hatte; dieser übersetzte ungetreu
nach beiden Seiten und brachte die grösste Verwirrung in die Be-
ziehungen.

Die Franciscaner erhielten 1594 noch eine Verstärkung von
mehreren Ordensbrüdern und bauten Kirchen und Klöster in Miako,

Sturz des Fide-tsugu. Die spanischen Gesandtschaften.
nicht gesonnen, den gehofften Thron dem spät geborenen Sohne
des Taïko-sama herauszugeben; es musste also zum Bruche kommen.
Die beiden Fürsten standen einander mit ihren Höfen eine Zeit lang
unter glänzenden Festlichkeiten misstrauisch gegenüber, da liess
der Kaiser plötzlich den Palast seines Neffen umzingeln und ihn
selbst mit seiner Umgebung nach einem festen Bergkloster schleppen.
Fide-tsugu erhielt den Befehl sich mit seinem Gefolge zu entleiben,
seine Familie und sein ganzer Hof wurden hingerichtet, seine Bauten
verbrannt und der Erde gleich gemacht. Die Jesuiten, welche Zeugen
dieses Blutbades waren, geben die grässlichsten Schilderungen von
den verübten Grausamkeiten und rühmen die heroische Anhänglich-
keit der Hofleute an ihren gefallenen Herrn. —

Die Lage der Jesuiten blieb bis zum Tode des Kaisers im
Wesentlichen dieselbe: er duldete sie, damit die portugiesischen
Kaufleute das Land nicht verlassen möchten. Aber sein Argwohn
gegen das Christenthum nahm zu, noch von Naṅgoya aus befahl
er die Entwaffnung aller japanischen Christen auf Kiusiu. Dort
empfing Taïko-sama auch die beiden ersten Gesandtschaften des
Gouverneurs der Philippinen, über deren Auftreten und Empfang
wenig Licht verbreitet ist. Die einzigen Berichte sind, so viel
bekannt, die der Jesuiten, welche kaum genau unterrichtet gewesen
sein mögen. Sie erzählen, dass zwar die spanischen Gesandten sich
mit Würde benommen und jenes Unterwerfung fordernde Schreiben
des Taïko-sama als unmöglich von ihm ausgehend, als eine Fäl-
schung zurückgewiesen hätten, dass aber mehrere die Gesandtschaft
begleitende Franciscanermönche ihm den Eid der Treue leisteten,
um die Erlaubniss der Niederlassung in Japan zu erhalten. Der
Kaiser behandelte nach diesen Berichten die Spanier mit grosser
Wegwerfung, und verlangte nochmals die Huldigung des Gouver-
neurs der Philippinen. Er wiederholte diese Forderung auch einer
zweiten Gesandtschaft gegenüber, welche 1593 nach Naṅgoya kam
— die erste war auf der Rückreise in einem Orkan untergegan-
gen. Zum offenen Bruche kam es nicht: die Spanier bedienten
sich, den Jesuiten misstrauend, zum Dolmetschen eines Japaners,
der in Manila ihre Sprache gelernt hatte; dieser übersetzte ungetreu
nach beiden Seiten und brachte die grösste Verwirrung in die Be-
ziehungen.

Die Franciscaner erhielten 1594 noch eine Verstärkung von
mehreren Ordensbrüdern und bauten Kirchen und Klöster in Miako,

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[69/0099] Sturz des Fide-tsugu. Die spanischen Gesandtschaften. nicht gesonnen, den gehofften Thron dem spät geborenen Sohne des Taïko-sama herauszugeben; es musste also zum Bruche kommen. Die beiden Fürsten standen einander mit ihren Höfen eine Zeit lang unter glänzenden Festlichkeiten misstrauisch gegenüber, da liess der Kaiser plötzlich den Palast seines Neffen umzingeln und ihn selbst mit seiner Umgebung nach einem festen Bergkloster schleppen. Fide-tsugu erhielt den Befehl sich mit seinem Gefolge zu entleiben, seine Familie und sein ganzer Hof wurden hingerichtet, seine Bauten verbrannt und der Erde gleich gemacht. Die Jesuiten, welche Zeugen dieses Blutbades waren, geben die grässlichsten Schilderungen von den verübten Grausamkeiten und rühmen die heroische Anhänglich- keit der Hofleute an ihren gefallenen Herrn. — Die Lage der Jesuiten blieb bis zum Tode des Kaisers im Wesentlichen dieselbe: er duldete sie, damit die portugiesischen Kaufleute das Land nicht verlassen möchten. Aber sein Argwohn gegen das Christenthum nahm zu, noch von Naṅgoya aus befahl er die Entwaffnung aller japanischen Christen auf Kiusiu. Dort empfing Taïko-sama auch die beiden ersten Gesandtschaften des Gouverneurs der Philippinen, über deren Auftreten und Empfang wenig Licht verbreitet ist. Die einzigen Berichte sind, so viel bekannt, die der Jesuiten, welche kaum genau unterrichtet gewesen sein mögen. Sie erzählen, dass zwar die spanischen Gesandten sich mit Würde benommen und jenes Unterwerfung fordernde Schreiben des Taïko-sama als unmöglich von ihm ausgehend, als eine Fäl- schung zurückgewiesen hätten, dass aber mehrere die Gesandtschaft begleitende Franciscanermönche ihm den Eid der Treue leisteten, um die Erlaubniss der Niederlassung in Japan zu erhalten. Der Kaiser behandelte nach diesen Berichten die Spanier mit grosser Wegwerfung, und verlangte nochmals die Huldigung des Gouver- neurs der Philippinen. Er wiederholte diese Forderung auch einer zweiten Gesandtschaft gegenüber, welche 1593 nach Naṅgoya kam — die erste war auf der Rückreise in einem Orkan untergegan- gen. Zum offenen Bruche kam es nicht: die Spanier bedienten sich, den Jesuiten misstrauend, zum Dolmetschen eines Japaners, der in Manila ihre Sprache gelernt hatte; dieser übersetzte ungetreu nach beiden Seiten und brachte die grösste Verwirrung in die Be- ziehungen. Die Franciscaner erhielten 1594 noch eine Verstärkung von mehreren Ordensbrüdern und bauten Kirchen und Klöster in Miako,

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/99>, abgerufen am 22.11.2024.