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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Minerale. -- Isolirung.
führen den Küsten die Bewohner fast aller Zonen zu, an einigen
Stellen wird auch die Perlenmuschel gefischt. -- Als Hausthiere
findet man Hunde, Katzen, Pferde, Rindvieh, viele Enten- und
Hühnerarten. Esel giebt es nicht, und die Schaafzucht einzuführen
hat man vergebens versucht.

Ueberaus reich ist Japan an werthvollen Mineralen, seine
Bergwerke liefern Gold, Silber, Zinn, Blei- und Eisenerze, vor allen
aber goldreiches Kupfer in grosser Menge -- es soll das feinste und
geschmeidigste der Welt sein. Edelsteine scheinen nicht gewonnen
zu werden -- der Japaner achtet sie nicht -- wohl aber herrliche
Bergkrystalle. Steinkohlen finden sich an vielen Orten, und Schwefel
liefern die zahlreichen Vulcane und Solfataren.

So reich und glücklich von der Natur ausgestattet liegen
die japanischen Inseln fern und einsam in einem der unwirthbarsten
Meere der Welt. Wirbelorkane, die gewaltigsten die man kennt,
durchwühlen die japanischen Meere fast zu allen Jahreszeiten, Nebel
und Regengüsse verhüllen die klippenreichen Küsten, wechselnde
Winde und heftige Strömungen machen alle Berechnungen des vor-
sichtigen Schiffers zu nichte. Die Natur selbst scheint das schöne
Land zur Isolirung bestimmt zu haben. Die Japaner haben sich
durch eigne Kraft zu einer bedeutenden Stufe der Gesittung empor-
geschwungen und sind niemals einem anderen Volke unterthan
gewesen. Sie haben sich die koreanischen Reiche unterworfen und
von da die Elemente der chinesischen Bildung in ihr eigenes Land
verpflanzt, aber in freier und eigenthümlicher Weise verarbeitet.
Nur in diesen Feldzügen und ausser Landes haben Massenberührungen
der Japaner mit anderen Völkern stattgefunden, im übrigen wurde
der Verkehr immer nur durch Einzelne vermittelt, durch Gesandt-
schaften von und nach China, durch buddistische Reformatoren,
durch japanische Priester und Edelleute, die sich des Studiums wegen
nach dem Festlande begaben. Niemals erlitt die Entwickelung der
Cultur und des staatlichen Lebens eine gewaltsame Unterbrechung
von aussen. Kublai-Khan war der einzige, der jemals ernstliche
Anstrengungen zur Eroberung des Reiches gemacht hat: seine Flotten
versanken im Meere und die ausgeschifften Truppen fielen unter dem
Schwerte der Japaner. Die Europäer wurden im sechszehnten Jahr-
hundert mit offenen Armen aufgenommen, die lernbegierigen Japaner
griffen mit Lust nach den neuen Ideen und Elementen der Bildung,
das Christenthum fand Eingang bei allen Ständen. Sobald aber

Minerale. — Isolirung.
führen den Küsten die Bewohner fast aller Zonen zu, an einigen
Stellen wird auch die Perlenmuschel gefischt. — Als Hausthiere
findet man Hunde, Katzen, Pferde, Rindvieh, viele Enten- und
Hühnerarten. Esel giebt es nicht, und die Schaafzucht einzuführen
hat man vergebens versucht.

Ueberaus reich ist Japan an werthvollen Mineralen, seine
Bergwerke liefern Gold, Silber, Zinn, Blei- und Eisenerze, vor allen
aber goldreiches Kupfer in grosser Menge — es soll das feinste und
geschmeidigste der Welt sein. Edelsteine scheinen nicht gewonnen
zu werden — der Japaner achtet sie nicht — wohl aber herrliche
Bergkrystalle. Steinkohlen finden sich an vielen Orten, und Schwefel
liefern die zahlreichen Vulcane und Solfataren.

So reich und glücklich von der Natur ausgestattet liegen
die japanischen Inseln fern und einsam in einem der unwirthbarsten
Meere der Welt. Wirbelorkane, die gewaltigsten die man kennt,
durchwühlen die japanischen Meere fast zu allen Jahreszeiten, Nebel
und Regengüsse verhüllen die klippenreichen Küsten, wechselnde
Winde und heftige Strömungen machen alle Berechnungen des vor-
sichtigen Schiffers zu nichte. Die Natur selbst scheint das schöne
Land zur Isolirung bestimmt zu haben. Die Japaner haben sich
durch eigne Kraft zu einer bedeutenden Stufe der Gesittung empor-
geschwungen und sind niemals einem anderen Volke unterthan
gewesen. Sie haben sich die koreanischen Reiche unterworfen und
von da die Elemente der chinesischen Bildung in ihr eigenes Land
verpflanzt, aber in freier und eigenthümlicher Weise verarbeitet.
Nur in diesen Feldzügen und ausser Landes haben Massenberührungen
der Japaner mit anderen Völkern stattgefunden, im übrigen wurde
der Verkehr immer nur durch Einzelne vermittelt, durch Gesandt-
schaften von und nach China, durch buddistische Reformatoren,
durch japanische Priester und Edelleute, die sich des Studiums wegen
nach dem Festlande begaben. Niemals erlitt die Entwickelung der
Cultur und des staatlichen Lebens eine gewaltsame Unterbrechung
von aussen. Kublai-Khan war der einzige, der jemals ernstliche
Anstrengungen zur Eroberung des Reiches gemacht hat: seine Flotten
versanken im Meere und die ausgeschifften Truppen fielen unter dem
Schwerte der Japaner. Die Europäer wurden im sechszehnten Jahr-
hundert mit offenen Armen aufgenommen, die lernbegierigen Japaner
griffen mit Lust nach den neuen Ideen und Elementen der Bildung,
das Christenthum fand Eingang bei allen Ständen. Sobald aber

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[10/0040] Minerale. — Isolirung. führen den Küsten die Bewohner fast aller Zonen zu, an einigen Stellen wird auch die Perlenmuschel gefischt. — Als Hausthiere findet man Hunde, Katzen, Pferde, Rindvieh, viele Enten- und Hühnerarten. Esel giebt es nicht, und die Schaafzucht einzuführen hat man vergebens versucht. Ueberaus reich ist Japan an werthvollen Mineralen, seine Bergwerke liefern Gold, Silber, Zinn, Blei- und Eisenerze, vor allen aber goldreiches Kupfer in grosser Menge — es soll das feinste und geschmeidigste der Welt sein. Edelsteine scheinen nicht gewonnen zu werden — der Japaner achtet sie nicht — wohl aber herrliche Bergkrystalle. Steinkohlen finden sich an vielen Orten, und Schwefel liefern die zahlreichen Vulcane und Solfataren. So reich und glücklich von der Natur ausgestattet liegen die japanischen Inseln fern und einsam in einem der unwirthbarsten Meere der Welt. Wirbelorkane, die gewaltigsten die man kennt, durchwühlen die japanischen Meere fast zu allen Jahreszeiten, Nebel und Regengüsse verhüllen die klippenreichen Küsten, wechselnde Winde und heftige Strömungen machen alle Berechnungen des vor- sichtigen Schiffers zu nichte. Die Natur selbst scheint das schöne Land zur Isolirung bestimmt zu haben. Die Japaner haben sich durch eigne Kraft zu einer bedeutenden Stufe der Gesittung empor- geschwungen und sind niemals einem anderen Volke unterthan gewesen. Sie haben sich die koreanischen Reiche unterworfen und von da die Elemente der chinesischen Bildung in ihr eigenes Land verpflanzt, aber in freier und eigenthümlicher Weise verarbeitet. Nur in diesen Feldzügen und ausser Landes haben Massenberührungen der Japaner mit anderen Völkern stattgefunden, im übrigen wurde der Verkehr immer nur durch Einzelne vermittelt, durch Gesandt- schaften von und nach China, durch buddistische Reformatoren, durch japanische Priester und Edelleute, die sich des Studiums wegen nach dem Festlande begaben. Niemals erlitt die Entwickelung der Cultur und des staatlichen Lebens eine gewaltsame Unterbrechung von aussen. Kublai-Khan war der einzige, der jemals ernstliche Anstrengungen zur Eroberung des Reiches gemacht hat: seine Flotten versanken im Meere und die ausgeschifften Truppen fielen unter dem Schwerte der Japaner. Die Europäer wurden im sechszehnten Jahr- hundert mit offenen Armen aufgenommen, die lernbegierigen Japaner griffen mit Lust nach den neuen Ideen und Elementen der Bildung, das Christenthum fand Eingang bei allen Ständen. Sobald aber

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/40>, abgerufen am 23.04.2024.