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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Ausführung und Verzierungen. V.
kleinen Trinkschalen, die Präsentirbretter und Rauchapparate, vor
Allem aber scheint ein schönes Schreibzeug die besondere Liebhaberei
des wohlhabenden Japaners zu sein; man sieht sie in der grössten
Mannichfaltigkeit, und durchgängig hübsch und geschmackvoll. In
der Mitte des flachen Kastens steht der steinerne Reibenapf mit
vergoldetem Rande, daneben oberhalb ein zwerghaft kleines Kännchen
von Silber oder ciselirter Bronze, mit haarfeiner Tülle -- um das
Wasser tropfenweise aufschütten zu können; zu beiden Seiten
längliche Abtheilungen für die Federpinsel. Der aufgestülpte Deckel
schliesst leicht und bequem, und zeigt gewöhnlich auf dunkelem
Grunde ein sorgfältig gearbeitetes Gemälde; das Innere ist Goldlack,
häufig mit Blumen, Blättern und Thieren gemustert. Solche werden
überhaupt vorzugsweise in Lackarbeit dargestellt, daneben sieht
man aber auch Figuristisches und Landschaften; -- der Fusiyama
mit glänzend silbernem Gipfel spielt hier eine grosse Rolle. Die
Japaner lieben in ihren Verzierungen das Willkührliche, Zufällige.
Regelmässig und symmetrisch sind nur ihre grösseren, ernsten, alle
Formen von Bedeutung, -- so unter kleineren Gegenständen die
Wappen, in denen selbst Thiere und Pflanzen wo möglich in den
Kreis, das Viereck geschmiegt sind. Alle Verzierung dagegen
soll interessant, lustig sein, und hier lassen sie der Phantasie und
Laune freies Spiel. So wird oft eine rechteckige Oberfläche durch
willkührlich gezogene schräge oder Zackenlinien in ganz unregel-
mässige, schiefwinklige Abschnitte getheilt, von denen der eine
Goldlack und der nebenstehende schwarz oder farbig ist. In irgend
einer Ecke scheint der Mond oder fliegt ein Zug Vögel, der sich
dann oft über die Kante weg auf eine der anstossenden Seitenflächen
fortsetzt. So reichen auch Gräser, Schilf, Bambus- und Baumzweige
häufig vom Deckel oder Boden auf die aufrechtstehenden Seiten
herüber. Regelmässige Muster sieht man selten, und dann sind
sie ganz unscheinbar und dienen als Grund.

Eine in Europa besonders beliebte Art der japanischen Lack-
arbeit, die mit Perlmutter eingelegte, wird im Lande selbst wenig
geschätzt; kostbar dagegen ist eine bei uns minder bekannte Art,
die auch in China vorkommt und dort Sutsau-Lack heisst. Dieser
wird, bald ganz roth, bald buntfarbig, in dicken Schichten auf
das Holz aufgetragen und dann mit der Hand geschnitzt. Es giebt
verschiedene Arten davon, auch solche, die gepresst statt geschnitzt,
und viel weniger kostbar sind.


Ausführung und Verzierungen. V.
kleinen Trinkschalen, die Präsentirbretter und Rauchapparate, vor
Allem aber scheint ein schönes Schreibzeug die besondere Liebhaberei
des wohlhabenden Japaners zu sein; man sieht sie in der grössten
Mannichfaltigkeit, und durchgängig hübsch und geschmackvoll. In
der Mitte des flachen Kastens steht der steinerne Reibenapf mit
vergoldetem Rande, daneben oberhalb ein zwerghaft kleines Kännchen
von Silber oder ciselirter Bronze, mit haarfeiner Tülle — um das
Wasser tropfenweise aufschütten zu können; zu beiden Seiten
längliche Abtheilungen für die Federpinsel. Der aufgestülpte Deckel
schliesst leicht und bequem, und zeigt gewöhnlich auf dunkelem
Grunde ein sorgfältig gearbeitetes Gemälde; das Innere ist Goldlack,
häufig mit Blumen, Blättern und Thieren gemustert. Solche werden
überhaupt vorzugsweise in Lackarbeit dargestellt, daneben sieht
man aber auch Figuristisches und Landschaften; — der Fusiyama
mit glänzend silbernem Gipfel spielt hier eine grosse Rolle. Die
Japaner lieben in ihren Verzierungen das Willkührliche, Zufällige.
Regelmässig und symmetrisch sind nur ihre grösseren, ernsten, alle
Formen von Bedeutung, — so unter kleineren Gegenständen die
Wappen, in denen selbst Thiere und Pflanzen wo möglich in den
Kreis, das Viereck geschmiegt sind. Alle Verzierung dagegen
soll interessant, lustig sein, und hier lassen sie der Phantasie und
Laune freies Spiel. So wird oft eine rechteckige Oberfläche durch
willkührlich gezogene schräge oder Zackenlinien in ganz unregel-
mässige, schiefwinklige Abschnitte getheilt, von denen der eine
Goldlack und der nebenstehende schwarz oder farbig ist. In irgend
einer Ecke scheint der Mond oder fliegt ein Zug Vögel, der sich
dann oft über die Kante weg auf eine der anstossenden Seitenflächen
fortsetzt. So reichen auch Gräser, Schilf, Bambus- und Baumzweige
häufig vom Deckel oder Boden auf die aufrechtstehenden Seiten
herüber. Regelmässige Muster sieht man selten, und dann sind
sie ganz unscheinbar und dienen als Grund.

Eine in Europa besonders beliebte Art der japanischen Lack-
arbeit, die mit Perlmutter eingelegte, wird im Lande selbst wenig
geschätzt; kostbar dagegen ist eine bei uns minder bekannte Art,
die auch in China vorkommt und dort Sutšau-Lack heisst. Dieser
wird, bald ganz roth, bald buntfarbig, in dicken Schichten auf
das Holz aufgetragen und dann mit der Hand geschnitzt. Es giebt
verschiedene Arten davon, auch solche, die gepresst statt geschnitzt,
und viel weniger kostbar sind.


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[318/0348] Ausführung und Verzierungen. V. kleinen Trinkschalen, die Präsentirbretter und Rauchapparate, vor Allem aber scheint ein schönes Schreibzeug die besondere Liebhaberei des wohlhabenden Japaners zu sein; man sieht sie in der grössten Mannichfaltigkeit, und durchgängig hübsch und geschmackvoll. In der Mitte des flachen Kastens steht der steinerne Reibenapf mit vergoldetem Rande, daneben oberhalb ein zwerghaft kleines Kännchen von Silber oder ciselirter Bronze, mit haarfeiner Tülle — um das Wasser tropfenweise aufschütten zu können; zu beiden Seiten längliche Abtheilungen für die Federpinsel. Der aufgestülpte Deckel schliesst leicht und bequem, und zeigt gewöhnlich auf dunkelem Grunde ein sorgfältig gearbeitetes Gemälde; das Innere ist Goldlack, häufig mit Blumen, Blättern und Thieren gemustert. Solche werden überhaupt vorzugsweise in Lackarbeit dargestellt, daneben sieht man aber auch Figuristisches und Landschaften; — der Fusiyama mit glänzend silbernem Gipfel spielt hier eine grosse Rolle. Die Japaner lieben in ihren Verzierungen das Willkührliche, Zufällige. Regelmässig und symmetrisch sind nur ihre grösseren, ernsten, alle Formen von Bedeutung, — so unter kleineren Gegenständen die Wappen, in denen selbst Thiere und Pflanzen wo möglich in den Kreis, das Viereck geschmiegt sind. Alle Verzierung dagegen soll interessant, lustig sein, und hier lassen sie der Phantasie und Laune freies Spiel. So wird oft eine rechteckige Oberfläche durch willkührlich gezogene schräge oder Zackenlinien in ganz unregel- mässige, schiefwinklige Abschnitte getheilt, von denen der eine Goldlack und der nebenstehende schwarz oder farbig ist. In irgend einer Ecke scheint der Mond oder fliegt ein Zug Vögel, der sich dann oft über die Kante weg auf eine der anstossenden Seitenflächen fortsetzt. So reichen auch Gräser, Schilf, Bambus- und Baumzweige häufig vom Deckel oder Boden auf die aufrechtstehenden Seiten herüber. Regelmässige Muster sieht man selten, und dann sind sie ganz unscheinbar und dienen als Grund. Eine in Europa besonders beliebte Art der japanischen Lack- arbeit, die mit Perlmutter eingelegte, wird im Lande selbst wenig geschätzt; kostbar dagegen ist eine bei uns minder bekannte Art, die auch in China vorkommt und dort Sutšau-Lack heisst. Dieser wird, bald ganz roth, bald buntfarbig, in dicken Schichten auf das Holz aufgetragen und dann mit der Hand geschnitzt. Es giebt verschiedene Arten davon, auch solche, die gepresst statt geschnitzt, und viel weniger kostbar sind.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/348>, abgerufen am 22.11.2024.