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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Bronzeguss. V.
sentimentaler Gebehrde im Mondschein tanzt; ein Drachen zwischen
Wolken, eine schöne Zauberin tragend; Schatzgräber einen Kasten
öffnend, aus dem humoristische Gespenster aufsteigen; eine Reihe
tanzender Kinder; ein Blumenstrauss; ein Ritter im Waffenschmuck;
Schwalben über die bewegte See fliegend; ein Hahnenkampf, wobei
der eine als Dämon erscheint; eine Gruppe von Fischen; ein Angeler
am Wasser im Regen u. s. w. Der zuletzt genannte Gegenstand
scheint unglaublich für eine Metallarbeit, und doch ist die Dar-
stellung wahr, charakteristisch und anziehend. Die japanische
Kunst hat den grossen Vorzug, Charakteristik und Verständniss
niemals der minutiösen äusseren Wahrheit zu opfern, während
unsere modernen Darstellungen oft so richtig sind, dass man sie
kaum erkennt.

Von ausnehmender Vortrefflichkeit sind ferner die Arbeiten
der Japaner in ciselirtem Bronzeguss, und auch unter diesen beson-
ders die älteren. Vor Allem werden Thiere dargestellt, in den
kleineren Stücken vorzüglich Schildkröten, Fische, Eidechsen,
Schlangen, Grillen, Käfer und andere Insecten auf Blättern und
Schilf; an den grösseren Arbeiten kommen Reiher, Drachen, Tiger,
ein phantastischer Fasan und mythische Löwen vor. Die Formen
der Gefässe sind sehr ansprechend und mannichfach, und erinnern
oft an altgriechische Muster. Zuweilen ist die Verzierung gravirt
oder in silbernem Umriss eingelegt, gewöhnlich aber von erhabener
Arbeit; der Guss ist rein, die Ciselirung breit und frei, und wahr-
haft künstlerisch. Aus den meisten älteren Werken spricht grosse
Kraft und Eigenthümlichkeit der Conception, Bewusstsein des
Gewollten, Klarheit der Anordnung, Verständniss der Natur und
Sinn für Maass und schönes Verhältniss. Die Zeichnung ist oft
seltsam energisch und kühn. -- Bei dem grossen Absatz, den die
unverhältnissmässig wohlfeilen Bronzen gleich bei Eröffnung der
Häfen fanden, haben die japanischen Händler eine Menge fabrik-
mässig gearbeiteter Sachen auf den Markt gebracht; die Magazine
von Yokuhama waren voll solcher werthlosen Gegenstände, welche
begierig gekauft und in Masse nach Europa verschifft wurden.
Diese dürfen nicht als Maasstab japanischer Kunst gelten. Die
guten Sachen sind hier wie überall nicht in Menge vorhanden, wenn
auch in diesem Zweige unverhältnissmässig häufiger als in allen
anderen Ländern. Das Beste ist ohne Zweifel in Sammlungen und
auf den Sitzen des Lehnsadels versteckt, denn die Japaner legen

Bronzeguss. V.
sentimentaler Gebehrde im Mondschein tanzt; ein Drachen zwischen
Wolken, eine schöne Zauberin tragend; Schatzgräber einen Kasten
öffnend, aus dem humoristische Gespenster aufsteigen; eine Reihe
tanzender Kinder; ein Blumenstrauss; ein Ritter im Waffenschmuck;
Schwalben über die bewegte See fliegend; ein Hahnenkampf, wobei
der eine als Dämon erscheint; eine Gruppe von Fischen; ein Angeler
am Wasser im Regen u. s. w. Der zuletzt genannte Gegenstand
scheint unglaublich für eine Metallarbeit, und doch ist die Dar-
stellung wahr, charakteristisch und anziehend. Die japanische
Kunst hat den grossen Vorzug, Charakteristik und Verständniss
niemals der minutiösen äusseren Wahrheit zu opfern, während
unsere modernen Darstellungen oft so richtig sind, dass man sie
kaum erkennt.

Von ausnehmender Vortrefflichkeit sind ferner die Arbeiten
der Japaner in ciselirtem Bronzeguss, und auch unter diesen beson-
ders die älteren. Vor Allem werden Thiere dargestellt, in den
kleineren Stücken vorzüglich Schildkröten, Fische, Eidechsen,
Schlangen, Grillen, Käfer und andere Insecten auf Blättern und
Schilf; an den grösseren Arbeiten kommen Reiher, Drachen, Tiger,
ein phantastischer Fasan und mythische Löwen vor. Die Formen
der Gefässe sind sehr ansprechend und mannichfach, und erinnern
oft an altgriechische Muster. Zuweilen ist die Verzierung gravirt
oder in silbernem Umriss eingelegt, gewöhnlich aber von erhabener
Arbeit; der Guss ist rein, die Ciselirung breit und frei, und wahr-
haft künstlerisch. Aus den meisten älteren Werken spricht grosse
Kraft und Eigenthümlichkeit der Conception, Bewusstsein des
Gewollten, Klarheit der Anordnung, Verständniss der Natur und
Sinn für Maass und schönes Verhältniss. Die Zeichnung ist oft
seltsam energisch und kühn. — Bei dem grossen Absatz, den die
unverhältnissmässig wohlfeilen Bronzen gleich bei Eröffnung der
Häfen fanden, haben die japanischen Händler eine Menge fabrik-
mässig gearbeiteter Sachen auf den Markt gebracht; die Magazine
von Yokuhama waren voll solcher werthlosen Gegenstände, welche
begierig gekauft und in Masse nach Europa verschifft wurden.
Diese dürfen nicht als Maasstab japanischer Kunst gelten. Die
guten Sachen sind hier wie überall nicht in Menge vorhanden, wenn
auch in diesem Zweige unverhältnissmässig häufiger als in allen
anderen Ländern. Das Beste ist ohne Zweifel in Sammlungen und
auf den Sitzen des Lehnsadels versteckt, denn die Japaner legen

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[308/0338] Bronzeguss. V. sentimentaler Gebehrde im Mondschein tanzt; ein Drachen zwischen Wolken, eine schöne Zauberin tragend; Schatzgräber einen Kasten öffnend, aus dem humoristische Gespenster aufsteigen; eine Reihe tanzender Kinder; ein Blumenstrauss; ein Ritter im Waffenschmuck; Schwalben über die bewegte See fliegend; ein Hahnenkampf, wobei der eine als Dämon erscheint; eine Gruppe von Fischen; ein Angeler am Wasser im Regen u. s. w. Der zuletzt genannte Gegenstand scheint unglaublich für eine Metallarbeit, und doch ist die Dar- stellung wahr, charakteristisch und anziehend. Die japanische Kunst hat den grossen Vorzug, Charakteristik und Verständniss niemals der minutiösen äusseren Wahrheit zu opfern, während unsere modernen Darstellungen oft so richtig sind, dass man sie kaum erkennt. Von ausnehmender Vortrefflichkeit sind ferner die Arbeiten der Japaner in ciselirtem Bronzeguss, und auch unter diesen beson- ders die älteren. Vor Allem werden Thiere dargestellt, in den kleineren Stücken vorzüglich Schildkröten, Fische, Eidechsen, Schlangen, Grillen, Käfer und andere Insecten auf Blättern und Schilf; an den grösseren Arbeiten kommen Reiher, Drachen, Tiger, ein phantastischer Fasan und mythische Löwen vor. Die Formen der Gefässe sind sehr ansprechend und mannichfach, und erinnern oft an altgriechische Muster. Zuweilen ist die Verzierung gravirt oder in silbernem Umriss eingelegt, gewöhnlich aber von erhabener Arbeit; der Guss ist rein, die Ciselirung breit und frei, und wahr- haft künstlerisch. Aus den meisten älteren Werken spricht grosse Kraft und Eigenthümlichkeit der Conception, Bewusstsein des Gewollten, Klarheit der Anordnung, Verständniss der Natur und Sinn für Maass und schönes Verhältniss. Die Zeichnung ist oft seltsam energisch und kühn. — Bei dem grossen Absatz, den die unverhältnissmässig wohlfeilen Bronzen gleich bei Eröffnung der Häfen fanden, haben die japanischen Händler eine Menge fabrik- mässig gearbeiteter Sachen auf den Markt gebracht; die Magazine von Yokuhama waren voll solcher werthlosen Gegenstände, welche begierig gekauft und in Masse nach Europa verschifft wurden. Diese dürfen nicht als Maasstab japanischer Kunst gelten. Die guten Sachen sind hier wie überall nicht in Menge vorhanden, wenn auch in diesem Zweige unverhältnissmässig häufiger als in allen anderen Ländern. Das Beste ist ohne Zweifel in Sammlungen und auf den Sitzen des Lehnsadels versteckt, denn die Japaner legen

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/338>, abgerufen am 23.11.2024.