[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.V. Trödelbuden. Kleine Metallarbeiten. daran keine neidische Glasscheibe. Der Laden nimmt meist dieganze Front des schmalen Hauses ein, der Estrich, auf dem der Besitzer kauert, ist zugleich Ladentisch. Die Waare wird, wie bei uns in den Schaufenstern, zur Seite und im Grunde auf Gestellen ausgelegt, oder hängt an Schnüren von der Decke herab. -- Bei grösseren Handlungen dehnt sich das Waarenlager durch weitläufige Gelasse nach den Hintergebäuden aus. -- In den Trödelbuden findet man alte Lack- und Bronzesachen und allen möglichen Hausrath, ferner besonders schöne Metallverzierungen zu Brief- und Tabaks- taschen und Knöpfe zum Festhalten der letzteren. Der japanische Luxus beschränkt sich auf wenige Gegenstände, darunter stehen die Zierrathen der Rauchgeräthe in erster Reihe; man sieht sie bei den Trödlern in unglaublicher Menge und Mannichfaltigkeit und von der kunstreichsten Arbeit, vor allen die Taschenhalter. Bald sind es breite Knöpfe von Horn, Holz, Elfenbein oder Metall, in Relief geschnitzt, mit kunstvoller Lackarbeit, getrieben, ciselirt, emaillirt, bald Thier- und Menschengestalten oder Gruppen da- von en ronde bosse geschnitten, viele, namentlich unter den älte- ren, von der allervortrefflichsten Zeichnung und Ausführung. Die meisten Darstellungen sind humoristisch und von erstaunlicher Lebendigkeit, dabei mit tiefem Verständniss der Natur bald breit und skizzenhaft hingeworfen, bald mit vollendeter Meisterschaft bis in das Kleinste fertig gemacht. Die Metallarbeiten sitzen oft als runde Schilde in Knöpfen von Elfenbein oder hartem Holz, andere bilden die Schlösser der Brief- und Tabakstaschen; sie werden aus verschiedenen Legirungen gefertigt, deren Haupt- bestandtheil immer Kupfer zu sein scheint. Oft sind in einem Schloss oder Knopf von kaum einem Quadratzoll Oberfläche drei bis vier farbige Legirungen in getriebener, ciselirter, eingelegter und tiefgeschnittener Arbeit mit ausgesuchtem Verständniss zu einem Ganzen verschmolzen; die Farbencontraste bilden dabei einen wesent- lichen Reiz. Der Geschmack und die Kunstfertigkeit der Japaner in diesen kleinen Arbeiten ist unübertroffen. Auch hier walten neben rein ornamentalen Mustern die humoristischen Sujets vor; ausserdem sieht man Thiere, fabelhaft phantastische Drachen, Ungeheuer und Gespenster, Blumen und Blätter, Darstellungen aus dem täglichen Leben und tausenderlei Anderes. Beispielsweise mögen hier einige beliebte Gegenstände genannt werden: der Hase als Apotheker, vor einem Mörser den mächtigen Stössel rührend; ein Kater, der mit 20*
V. Trödelbuden. Kleine Metallarbeiten. daran keine neidische Glasscheibe. Der Laden nimmt meist dieganze Front des schmalen Hauses ein, der Estrich, auf dem der Besitzer kauert, ist zugleich Ladentisch. Die Waare wird, wie bei uns in den Schaufenstern, zur Seite und im Grunde auf Gestellen ausgelegt, oder hängt an Schnüren von der Decke herab. — Bei grösseren Handlungen dehnt sich das Waarenlager durch weitläufige Gelasse nach den Hintergebäuden aus. — In den Trödelbuden findet man alte Lack- und Bronzesachen und allen möglichen Hausrath, ferner besonders schöne Metallverzierungen zu Brief- und Tabaks- taschen und Knöpfe zum Festhalten der letzteren. Der japanische Luxus beschränkt sich auf wenige Gegenstände, darunter stehen die Zierrathen der Rauchgeräthe in erster Reihe; man sieht sie bei den Trödlern in unglaublicher Menge und Mannichfaltigkeit und von der kunstreichsten Arbeit, vor allen die Taschenhalter. Bald sind es breite Knöpfe von Horn, Holz, Elfenbein oder Metall, in Relief geschnitzt, mit kunstvoller Lackarbeit, getrieben, ciselirt, emaillirt, bald Thier- und Menschengestalten oder Gruppen da- von en ronde bosse geschnitten, viele, namentlich unter den älte- ren, von der allervortrefflichsten Zeichnung und Ausführung. Die meisten Darstellungen sind humoristisch und von erstaunlicher Lebendigkeit, dabei mit tiefem Verständniss der Natur bald breit und skizzenhaft hingeworfen, bald mit vollendeter Meisterschaft bis in das Kleinste fertig gemacht. Die Metallarbeiten sitzen oft als runde Schilde in Knöpfen von Elfenbein oder hartem Holz, andere bilden die Schlösser der Brief- und Tabakstaschen; sie werden aus verschiedenen Legirungen gefertigt, deren Haupt- bestandtheil immer Kupfer zu sein scheint. Oft sind in einem Schloss oder Knopf von kaum einem Quadratzoll Oberfläche drei bis vier farbige Legirungen in getriebener, ciselirter, eingelegter und tiefgeschnittener Arbeit mit ausgesuchtem Verständniss zu einem Ganzen verschmolzen; die Farbencontraste bilden dabei einen wesent- lichen Reiz. Der Geschmack und die Kunstfertigkeit der Japaner in diesen kleinen Arbeiten ist unübertroffen. Auch hier walten neben rein ornamentalen Mustern die humoristischen Sujets vor; ausserdem sieht man Thiere, fabelhaft phantastische Drachen, Ungeheuer und Gespenster, Blumen und Blätter, Darstellungen aus dem täglichen Leben und tausenderlei Anderes. Beispielsweise mögen hier einige beliebte Gegenstände genannt werden: der Hase als Apotheker, vor einem Mörser den mächtigen Stössel rührend; ein Kater, der mit 20*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0337" n="307"/><fw place="top" type="header">V. Trödelbuden. Kleine Metallarbeiten.</fw><lb/> daran keine neidische Glasscheibe. Der Laden nimmt meist die<lb/> ganze Front des schmalen Hauses ein, der Estrich, auf dem der<lb/> Besitzer kauert, ist zugleich Ladentisch. Die Waare wird, wie bei<lb/> uns in den Schaufenstern, zur Seite und im Grunde auf Gestellen<lb/> ausgelegt, oder hängt an Schnüren von der Decke herab. — Bei<lb/> grösseren Handlungen dehnt sich das Waarenlager durch weitläufige<lb/> Gelasse nach den Hintergebäuden aus. — In den Trödelbuden findet<lb/> man alte Lack- und Bronzesachen und allen möglichen Hausrath,<lb/> ferner besonders schöne Metallverzierungen zu Brief- und Tabaks-<lb/> taschen und Knöpfe zum Festhalten der letzteren. Der japanische<lb/> Luxus beschränkt sich auf wenige Gegenstände, darunter stehen<lb/> die Zierrathen der Rauchgeräthe in erster Reihe; man sieht sie<lb/> bei den Trödlern in unglaublicher Menge und Mannichfaltigkeit<lb/> und von der kunstreichsten Arbeit, vor allen die Taschenhalter.<lb/> Bald sind es breite Knöpfe von Horn, Holz, Elfenbein oder Metall,<lb/> in Relief geschnitzt, mit kunstvoller Lackarbeit, getrieben, ciselirt,<lb/> emaillirt, bald Thier- und Menschengestalten oder Gruppen da-<lb/> von en ronde bosse geschnitten, viele, namentlich unter den älte-<lb/> ren, von der allervortrefflichsten Zeichnung und Ausführung. Die<lb/> meisten Darstellungen sind humoristisch und von erstaunlicher<lb/> Lebendigkeit, dabei mit tiefem Verständniss der Natur bald breit<lb/> und skizzenhaft hingeworfen, bald mit vollendeter Meisterschaft<lb/> bis in das Kleinste fertig gemacht. Die Metallarbeiten sitzen oft<lb/> als runde Schilde in Knöpfen von Elfenbein oder hartem Holz,<lb/> andere bilden die Schlösser der Brief- und Tabakstaschen; sie<lb/> werden aus verschiedenen Legirungen gefertigt, deren Haupt-<lb/> bestandtheil immer Kupfer zu sein scheint. Oft sind in einem<lb/> Schloss oder Knopf von kaum einem Quadratzoll Oberfläche drei<lb/> bis vier farbige Legirungen in getriebener, ciselirter, eingelegter<lb/> und tiefgeschnittener Arbeit mit ausgesuchtem Verständniss zu einem<lb/> Ganzen verschmolzen; die Farbencontraste bilden dabei einen wesent-<lb/> lichen Reiz. Der Geschmack und die Kunstfertigkeit der Japaner<lb/> in diesen kleinen Arbeiten ist unübertroffen. Auch hier walten neben<lb/> rein ornamentalen Mustern die humoristischen Sujets vor; ausserdem<lb/> sieht man Thiere, fabelhaft phantastische Drachen, Ungeheuer und<lb/> Gespenster, Blumen und Blätter, Darstellungen aus dem täglichen<lb/> Leben und tausenderlei Anderes. Beispielsweise mögen hier einige<lb/> beliebte Gegenstände genannt werden: der Hase als Apotheker, vor<lb/> einem Mörser den mächtigen Stössel rührend; ein Kater, der mit<lb/> <fw place="bottom" type="sig">20*</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307/0337]
V. Trödelbuden. Kleine Metallarbeiten.
daran keine neidische Glasscheibe. Der Laden nimmt meist die
ganze Front des schmalen Hauses ein, der Estrich, auf dem der
Besitzer kauert, ist zugleich Ladentisch. Die Waare wird, wie bei
uns in den Schaufenstern, zur Seite und im Grunde auf Gestellen
ausgelegt, oder hängt an Schnüren von der Decke herab. — Bei
grösseren Handlungen dehnt sich das Waarenlager durch weitläufige
Gelasse nach den Hintergebäuden aus. — In den Trödelbuden findet
man alte Lack- und Bronzesachen und allen möglichen Hausrath,
ferner besonders schöne Metallverzierungen zu Brief- und Tabaks-
taschen und Knöpfe zum Festhalten der letzteren. Der japanische
Luxus beschränkt sich auf wenige Gegenstände, darunter stehen
die Zierrathen der Rauchgeräthe in erster Reihe; man sieht sie
bei den Trödlern in unglaublicher Menge und Mannichfaltigkeit
und von der kunstreichsten Arbeit, vor allen die Taschenhalter.
Bald sind es breite Knöpfe von Horn, Holz, Elfenbein oder Metall,
in Relief geschnitzt, mit kunstvoller Lackarbeit, getrieben, ciselirt,
emaillirt, bald Thier- und Menschengestalten oder Gruppen da-
von en ronde bosse geschnitten, viele, namentlich unter den älte-
ren, von der allervortrefflichsten Zeichnung und Ausführung. Die
meisten Darstellungen sind humoristisch und von erstaunlicher
Lebendigkeit, dabei mit tiefem Verständniss der Natur bald breit
und skizzenhaft hingeworfen, bald mit vollendeter Meisterschaft
bis in das Kleinste fertig gemacht. Die Metallarbeiten sitzen oft
als runde Schilde in Knöpfen von Elfenbein oder hartem Holz,
andere bilden die Schlösser der Brief- und Tabakstaschen; sie
werden aus verschiedenen Legirungen gefertigt, deren Haupt-
bestandtheil immer Kupfer zu sein scheint. Oft sind in einem
Schloss oder Knopf von kaum einem Quadratzoll Oberfläche drei
bis vier farbige Legirungen in getriebener, ciselirter, eingelegter
und tiefgeschnittener Arbeit mit ausgesuchtem Verständniss zu einem
Ganzen verschmolzen; die Farbencontraste bilden dabei einen wesent-
lichen Reiz. Der Geschmack und die Kunstfertigkeit der Japaner
in diesen kleinen Arbeiten ist unübertroffen. Auch hier walten neben
rein ornamentalen Mustern die humoristischen Sujets vor; ausserdem
sieht man Thiere, fabelhaft phantastische Drachen, Ungeheuer und
Gespenster, Blumen und Blätter, Darstellungen aus dem täglichen
Leben und tausenderlei Anderes. Beispielsweise mögen hier einige
beliebte Gegenstände genannt werden: der Hase als Apotheker, vor
einem Mörser den mächtigen Stössel rührend; ein Kater, der mit
20*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |