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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die Itsibu-Manie in Yokuhama. IV.
und Werthe von einem Dollar auch für den einheimischen Verkehr
ausgegeben, so konnte sich Niemand beklagen; gegen die Ent-
werthung des Silbers aber für die Fremden allein verwahrten
sich die Gesandten. Die Regierung des Taikun fügte sich ihren
Vorstellungen nach kurzem Widerstreben, zog die neue Silbermünze
ein, und wechselte nun den ausländischen Kaufleuten ihre Dollars
gegen gleiches Gewicht in landesüblichen Itsibu's. Von diesem
Augenblick an aber konnten die Fremden das gemünzte japanische
Gold um ein Drittheil seines Werthes kaufen und zogen natürlich
dieses Geschäft jedem anderen vor. Der Kobang, über 6 Thaler
werth, war für 4 Itsibu, weniger als 2 Thaler, zu haben. Die
Kaufleute in Yokuhama, meist Repräsentanten der grössten deutschen,
englischen und amerikanischen Handelsfirmen in China, schafften
mexikanische Dollars in grossen Massen herbei, um sie in Itsibu's
umzusetzen und Kobang's zu kaufen; eine Operation, die sich bei
der Nähe von China mit derselben Summe sechs- bis siebenmal
jährlich wiederholen liess. Der enorme Gewinn verdrehte ihnen die
Köpfe, eine Art wahnsinnigen Schwindels bemächtigte sich fast aller
Ausländer in Yokuhama; sie bestürmten das Zollhaus mit Ungestüm,
die Beamten wussten sich kaum zu retten. Da der Zudrang immer
grösser wurde, so befahl die Regierung, nur eine bestimmte Summe
täglich zu wechseln und nach der Kopfzahl und dem Maasse der
Forderungen zu repartiren. Nun liefen lange Listen von erdichteten
Namen, grossentheils mit höhnender Bedeutung ein; Jeder forderte,
um bei der Vertheilung recht gut bedacht zu werden, immer mehr
als der Andere, Summen, die in Wirklichkeit gar nicht existiren,
geschweige denn geliefert werden konnten. Ein Deutscher bat
höflich, ihm 250 Millionen Dollars umzutauschen, Andere, Engländer
und Amerikaner, nannten Zifferreihen von zwanzig Stellen, die
abzuzählen kein Menschenleben ausreicht. Viele dieser Forderungen
wurden von Drohungen begleitet, man klagte über Bevorzugung
von Einzelnen und es kam zu den ärgerlichsten Auftritten. Aber
nicht nur waren die Eingaben an das Zollamt gefälscht, in so fern
sie Personen und Summen nannten die gar nicht existirten, sondern
die ganze Transaction war ungesetzlich: denn die Eingeborenen
durften nach den Landesgesetzen bei strenger Strafe kein Gold an
Fremde verkaufen, und die Verschiffung musste nach den Ver-
trägen den japanischen Zollbehörden angezeigt werden, was die
Ausländer in allen Fällen unterliessen. Es war ein doppelter

Die Itsibu-Manie in Yokuhama. IV.
und Werthe von einem Dollar auch für den einheimischen Verkehr
ausgegeben, so konnte sich Niemand beklagen; gegen die Ent-
werthung des Silbers aber für die Fremden allein verwahrten
sich die Gesandten. Die Regierung des Taïkūn fügte sich ihren
Vorstellungen nach kurzem Widerstreben, zog die neue Silbermünze
ein, und wechselte nun den ausländischen Kaufleuten ihre Dollars
gegen gleiches Gewicht in landesüblichen Itsibu’s. Von diesem
Augenblick an aber konnten die Fremden das gemünzte japanische
Gold um ein Drittheil seines Werthes kaufen und zogen natürlich
dieses Geschäft jedem anderen vor. Der Kobaṅg, über 6 Thaler
werth, war für 4 Itsibu, weniger als 2 Thaler, zu haben. Die
Kaufleute in Yokuhama, meist Repräsentanten der grössten deutschen,
englischen und amerikanischen Handelsfirmen in China, schafften
mexikanische Dollars in grossen Massen herbei, um sie in Itsibu’s
umzusetzen und Kobaṅg’s zu kaufen; eine Operation, die sich bei
der Nähe von China mit derselben Summe sechs- bis siebenmal
jährlich wiederholen liess. Der enorme Gewinn verdrehte ihnen die
Köpfe, eine Art wahnsinnigen Schwindels bemächtigte sich fast aller
Ausländer in Yokuhama; sie bestürmten das Zollhaus mit Ungestüm,
die Beamten wussten sich kaum zu retten. Da der Zudrang immer
grösser wurde, so befahl die Regierung, nur eine bestimmte Summe
täglich zu wechseln und nach der Kopfzahl und dem Maasse der
Forderungen zu repartiren. Nun liefen lange Listen von erdichteten
Namen, grossentheils mit höhnender Bedeutung ein; Jeder forderte,
um bei der Vertheilung recht gut bedacht zu werden, immer mehr
als der Andere, Summen, die in Wirklichkeit gar nicht existiren,
geschweige denn geliefert werden konnten. Ein Deutscher bat
höflich, ihm 250 Millionen Dollars umzutauschen, Andere, Engländer
und Amerikaner, nannten Zifferreihen von zwanzig Stellen, die
abzuzählen kein Menschenleben ausreicht. Viele dieser Forderungen
wurden von Drohungen begleitet, man klagte über Bevorzugung
von Einzelnen und es kam zu den ärgerlichsten Auftritten. Aber
nicht nur waren die Eingaben an das Zollamt gefälscht, in so fern
sie Personen und Summen nannten die gar nicht existirten, sondern
die ganze Transaction war ungesetzlich: denn die Eingeborenen
durften nach den Landesgesetzen bei strenger Strafe kein Gold an
Fremde verkaufen, und die Verschiffung musste nach den Ver-
trägen den japanischen Zollbehörden angezeigt werden, was die
Ausländer in allen Fällen unterliessen. Es war ein doppelter

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[280/0310] Die Itsibu-Manie in Yokuhama. IV. und Werthe von einem Dollar auch für den einheimischen Verkehr ausgegeben, so konnte sich Niemand beklagen; gegen die Ent- werthung des Silbers aber für die Fremden allein verwahrten sich die Gesandten. Die Regierung des Taïkūn fügte sich ihren Vorstellungen nach kurzem Widerstreben, zog die neue Silbermünze ein, und wechselte nun den ausländischen Kaufleuten ihre Dollars gegen gleiches Gewicht in landesüblichen Itsibu’s. Von diesem Augenblick an aber konnten die Fremden das gemünzte japanische Gold um ein Drittheil seines Werthes kaufen und zogen natürlich dieses Geschäft jedem anderen vor. Der Kobaṅg, über 6 Thaler werth, war für 4 Itsibu, weniger als 2 Thaler, zu haben. Die Kaufleute in Yokuhama, meist Repräsentanten der grössten deutschen, englischen und amerikanischen Handelsfirmen in China, schafften mexikanische Dollars in grossen Massen herbei, um sie in Itsibu’s umzusetzen und Kobaṅg’s zu kaufen; eine Operation, die sich bei der Nähe von China mit derselben Summe sechs- bis siebenmal jährlich wiederholen liess. Der enorme Gewinn verdrehte ihnen die Köpfe, eine Art wahnsinnigen Schwindels bemächtigte sich fast aller Ausländer in Yokuhama; sie bestürmten das Zollhaus mit Ungestüm, die Beamten wussten sich kaum zu retten. Da der Zudrang immer grösser wurde, so befahl die Regierung, nur eine bestimmte Summe täglich zu wechseln und nach der Kopfzahl und dem Maasse der Forderungen zu repartiren. Nun liefen lange Listen von erdichteten Namen, grossentheils mit höhnender Bedeutung ein; Jeder forderte, um bei der Vertheilung recht gut bedacht zu werden, immer mehr als der Andere, Summen, die in Wirklichkeit gar nicht existiren, geschweige denn geliefert werden konnten. Ein Deutscher bat höflich, ihm 250 Millionen Dollars umzutauschen, Andere, Engländer und Amerikaner, nannten Zifferreihen von zwanzig Stellen, die abzuzählen kein Menschenleben ausreicht. Viele dieser Forderungen wurden von Drohungen begleitet, man klagte über Bevorzugung von Einzelnen und es kam zu den ärgerlichsten Auftritten. Aber nicht nur waren die Eingaben an das Zollamt gefälscht, in so fern sie Personen und Summen nannten die gar nicht existirten, sondern die ganze Transaction war ungesetzlich: denn die Eingeborenen durften nach den Landesgesetzen bei strenger Strafe kein Gold an Fremde verkaufen, und die Verschiffung musste nach den Ver- trägen den japanischen Zollbehörden angezeigt werden, was die Ausländer in allen Fällen unterliessen. Es war ein doppelter

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/310>, abgerufen am 22.11.2024.