IV. Ausfuhr der Scheidemünze. Umtauschung europ. und amerikan. Münzen.
die etwas grösseren kupfernen Vier-Seni-Stücke und die Tempo's auf Strohschnuren gereiht.
In diesem System verhielt sich der Werth des Silbers zum Golde wie 1 zu 5, während in der ganzen übrigen Welt diese Metalle etwa wie 1 zu 15 stehen. Der Korang dieser Zeit wiegt 123 Gran und hat über 6 Thaler Metallwerth. Ein Itsibu, ein viertel Kobang, enthält aber nur für 14 Sgr. 1,4 Pf. Silber. Die Differenz mit dem Kupfer, Eisen und der Bronze war ebenfalls sehr erheblich. So lange die Ausfuhr der Scheidemünze erlaubt war, wechselten die Fremden ihr Silber in Tempo's und Seni's um; letz- tere sehen den chinesischen Kas (Sapeken) ganz gleich und werden dafür angenommen. Man erhielt aber in Japan für einen Dollar gegen 4800 Seni, und konnte in China für 800 bis 1000 dieser Stücke einen Dollar kaufen. Diesem Handel wurde durch das in alle neueren Verträge aufgenommene Verbot der Ausfuhr von Scheidemünze rechtlich ein Ende gemacht; heimlich soll er noch heut im Schwange sein.
Aus diesen neuen Verträgen (seit 1858) erwuchsen aber weit grössere Uebelstände. Die japanische Regierung hatte sich darin unbegreiflicher Weise zu einem Artikel verstanden, nach welchem fremde Gold- und Silber-Münzen in Japan Cours haben und Gewicht um Gewicht gegen einheimische gewechselt werden sollten; sie selbst verpflichtete sich, während des ersten Jahres nach Eröffnung der Häfen die Umtauschung zu bewerkstelligen. Man musste sich des Missverhältnisses in dem Werthe der Metalle doch nach den in früheren Jahrhunderten an den Holländern ge- machten Erfahrungen bewusst sein, glaubte aber offenbar, den anderen Fremden, wie früher den Holländern gegenüber, den Werth der Münzen nach Belieben feststellen zu können. In diesem Wahne liess die Regierung Silberstücke prägen, die einen halben mexika- nischen Dollar (an Werth etwa 1 Th. 14 Sgr.) wogen, aber das Gepräge eines Nisu oder halben Itsibu hatten, und wechselte den Fremden ihre Dollars in dieser Münze. Sie erhielten also für einen Dollar einen eben so viel wiegenden Itsibu, während von den im Lande coursirenden Itsibu's erst drei einen Dollar wiegen. Dadurch wurden alle Producte für die Fremden um 200 Procent vertheuert, denn der japanische Kaufmann nahm die neue Münze nur für den ihr aufgeprägten Werth, einen Nisu. Hätte die Regierung damals ihre ganze Silbermünze eingezogen und neue Itsibu's zum Gewicht
IV. Ausfuhr der Scheidemünze. Umtauschung europ. und amerikan. Münzen.
die etwas grösseren kupfernen Vier-Seni-Stücke und die Tempo’s auf Strohschnuren gereiht.
In diesem System verhielt sich der Werth des Silbers zum Golde wie 1 zu 5, während in der ganzen übrigen Welt diese Metalle etwa wie 1 zu 15 stehen. Der Koraṅg dieser Zeit wiegt 123 Gran und hat über 6 Thaler Metallwerth. Ein Itsibu, ein viertel Kobaṅg, enthält aber nur für 14 Sgr. 1,4 Pf. Silber. Die Differenz mit dem Kupfer, Eisen und der Bronze war ebenfalls sehr erheblich. So lange die Ausfuhr der Scheidemünze erlaubt war, wechselten die Fremden ihr Silber in Tempo’s und Seni’s um; letz- tere sehen den chinesischen Kaš (Sapeken) ganz gleich und werden dafür angenommen. Man erhielt aber in Japan für einen Dollar gegen 4800 Seni, und konnte in China für 800 bis 1000 dieser Stücke einen Dollar kaufen. Diesem Handel wurde durch das in alle neueren Verträge aufgenommene Verbot der Ausfuhr von Scheidemünze rechtlich ein Ende gemacht; heimlich soll er noch heut im Schwange sein.
Aus diesen neuen Verträgen (seit 1858) erwuchsen aber weit grössere Uebelstände. Die japanische Regierung hatte sich darin unbegreiflicher Weise zu einem Artikel verstanden, nach welchem fremde Gold- und Silber-Münzen in Japan Cours haben und Gewicht um Gewicht gegen einheimische gewechselt werden sollten; sie selbst verpflichtete sich, während des ersten Jahres nach Eröffnung der Häfen die Umtauschung zu bewerkstelligen. Man musste sich des Missverhältnisses in dem Werthe der Metalle doch nach den in früheren Jahrhunderten an den Holländern ge- machten Erfahrungen bewusst sein, glaubte aber offenbar, den anderen Fremden, wie früher den Holländern gegenüber, den Werth der Münzen nach Belieben feststellen zu können. In diesem Wahne liess die Regierung Silberstücke prägen, die einen halben mexika- nischen Dollar (an Werth etwa 1 Th. 14 Sgr.) wogen, aber das Gepräge eines Nišu oder halben Itsibu hatten, und wechselte den Fremden ihre Dollars in dieser Münze. Sie erhielten also für einen Dollar einen eben so viel wiegenden Itsibu, während von den im Lande coursirenden Itsibu’s erst drei einen Dollar wiegen. Dadurch wurden alle Producte für die Fremden um 200 Procent vertheuert, denn der japanische Kaufmann nahm die neue Münze nur für den ihr aufgeprägten Werth, einen Nišu. Hätte die Regierung damals ihre ganze Silbermünze eingezogen und neue Itsibu’s zum Gewicht
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IV. Ausfuhr der Scheidemünze. Umtauschung europ. und amerikan. Münzen.
die etwas grösseren kupfernen Vier-Seni-Stücke und die Tempo’s
auf Strohschnuren gereiht.
In diesem System verhielt sich der Werth des Silbers zum
Golde wie 1 zu 5, während in der ganzen übrigen Welt diese
Metalle etwa wie 1 zu 15 stehen. Der Koraṅg dieser Zeit wiegt
123 Gran und hat über 6 Thaler Metallwerth. Ein Itsibu, ein
viertel Kobaṅg, enthält aber nur für 14 Sgr. 1,4 Pf. Silber. Die
Differenz mit dem Kupfer, Eisen und der Bronze war ebenfalls sehr
erheblich. So lange die Ausfuhr der Scheidemünze erlaubt war,
wechselten die Fremden ihr Silber in Tempo’s und Seni’s um; letz-
tere sehen den chinesischen Kaš (Sapeken) ganz gleich und werden
dafür angenommen. Man erhielt aber in Japan für einen Dollar
gegen 4800 Seni, und konnte in China für 800 bis 1000 dieser
Stücke einen Dollar kaufen. Diesem Handel wurde durch das in
alle neueren Verträge aufgenommene Verbot der Ausfuhr von
Scheidemünze rechtlich ein Ende gemacht; heimlich soll er noch
heut im Schwange sein.
Aus diesen neuen Verträgen (seit 1858) erwuchsen aber
weit grössere Uebelstände. Die japanische Regierung hatte sich
darin unbegreiflicher Weise zu einem Artikel verstanden, nach
welchem fremde Gold- und Silber-Münzen in Japan Cours haben
und Gewicht um Gewicht gegen einheimische gewechselt werden
sollten; sie selbst verpflichtete sich, während des ersten Jahres
nach Eröffnung der Häfen die Umtauschung zu bewerkstelligen.
Man musste sich des Missverhältnisses in dem Werthe der Metalle
doch nach den in früheren Jahrhunderten an den Holländern ge-
machten Erfahrungen bewusst sein, glaubte aber offenbar, den
anderen Fremden, wie früher den Holländern gegenüber, den Werth
der Münzen nach Belieben feststellen zu können. In diesem Wahne
liess die Regierung Silberstücke prägen, die einen halben mexika-
nischen Dollar (an Werth etwa 1 Th. 14 Sgr.) wogen, aber das
Gepräge eines Nišu oder halben Itsibu hatten, und wechselte den
Fremden ihre Dollars in dieser Münze. Sie erhielten also für einen
Dollar einen eben so viel wiegenden Itsibu, während von den im
Lande coursirenden Itsibu’s erst drei einen Dollar wiegen. Dadurch
wurden alle Producte für die Fremden um 200 Procent vertheuert,
denn der japanische Kaufmann nahm die neue Münze nur für den
ihr aufgeprägten Werth, einen Nišu. Hätte die Regierung damals
ihre ganze Silbermünze eingezogen und neue Itsibu’s zum Gewicht
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/309>, abgerufen am 25.11.2024.
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