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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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I. Die Malaien, Malabaren, Hindu's.
lassen, der dort europäische Tracht und Sitten angenommen, und
den Chinesen ganz abgestreift hatte, aber bei seiner Rückkehr nach
Singapore vom Vater gezwungen wurde, sich einen Zopf wachsen zu
lassen und die Tracht seines Landes wieder anzulegen. Wampoa bleibt
ein ächter Chinese und ein vortrefflicher Repräsentant seiner Nation --
die Europäer rühmen seine strenge Rechtlichkeit, Grossherzigkeit
und seinen Gemeinsinn.

Das Betragen der besseren Art Chinesen ist ruhig, ernst,
gemessen, anspruchslos und aufmerksam. Als Diener suchen sie
ihres Gleichen; sie merken ihren Herren und sogar deren Bekannten
schnell die Gewohnheiten ab, und sorgen schweigend und unge-
heissen für alle ihre Bedürfnisse. Ein ausgezeichnetes Beispiel
dieser Art war Atsong, welchen der Attache von Brandt in Singa-
pore
in Dienst nahm und während der ganzen Expedition bei sich
behielt; er wurde der Liebling der ganzen Reisegesellschaft und
vertrug sich besonders gut mit unseren Matrosen.

Die in Singapore lebenden Chinesen sind meist auf der Insel
Hainan gebürtig, und kehren dahin zurück, sobald sie ein kleines
Capital erworben haben. Die meisten lassen ihre Familien zu Hause,
daher denn in Singapore auf achtzehn männliche Chinesen nur eine
Frau kommt, während unter der malaiischen und indischen Bevölke-
rung auf je sechs Männer eine Frau gerechnet wird.

Die Malaien von Singapore und dem benachbarten Festlande
sind ein kleiner hässlicher Menschenschlag, träge und träumerisch;
sie leben meistens vom Fischfang. Die aus Vorder-Indien einge-
wanderten Malabaren und Hindu's dagegen sind meist schlanke
Gestalten von kräftigem Bau, edelen Gesichtszügen und schönem
Ebenmaass der Glieder -- bis auf den gänzlichen Fleischmangel der
Unterschenkel. Die Frauen sind nicht schön zu nennen, aber in
Kleidung und Stellungen so malerisch und anmuthig, dass man
nicht müde wird sie zu betrachten. Sie haben wogendes raben-
schwarzes Haar; die schwarzbraune glänzende Hautfarbe wird noch
gehoben durch viele Spangen von Gold oder Silber um den Hals,
um Arme und Beine. In dem einen Nasenflügel tragen fast alle
Malabarinnen einen kleinen in das Fleisch eingelassenen Goldknopf
mit einem bunten Stein, ein wahres Schönheitspflästerchen für ihre
Hautfarbe. Die Malabaren sind nach den Chinesen die gewerb-
fleissigsten aus der Bevölkerung; auch sie kommen nur vorüber-
gehend nach Singapore, und kehren in die Heimath zurück, sobald

I. Die Malaien, Malabaren, Hindu’s.
lassen, der dort europäische Tracht und Sitten angenommen, und
den Chinesen ganz abgestreift hatte, aber bei seiner Rückkehr nach
Singapore vom Vater gezwungen wurde, sich einen Zopf wachsen zu
lassen und die Tracht seines Landes wieder anzulegen. Wampoa bleibt
ein ächter Chinese und ein vortrefflicher Repräsentant seiner Nation —
die Europäer rühmen seine strenge Rechtlichkeit, Grossherzigkeit
und seinen Gemeinsinn.

Das Betragen der besseren Art Chinesen ist ruhig, ernst,
gemessen, anspruchslos und aufmerksam. Als Diener suchen sie
ihres Gleichen; sie merken ihren Herren und sogar deren Bekannten
schnell die Gewohnheiten ab, und sorgen schweigend und unge-
heissen für alle ihre Bedürfnisse. Ein ausgezeichnetes Beispiel
dieser Art war Atšong, welchen der Attaché von Brandt in Singa-
pore
in Dienst nahm und während der ganzen Expedition bei sich
behielt; er wurde der Liebling der ganzen Reisegesellschaft und
vertrug sich besonders gut mit unseren Matrosen.

Die in Singapore lebenden Chinesen sind meist auf der Insel
Haïnan gebürtig, und kehren dahin zurück, sobald sie ein kleines
Capital erworben haben. Die meisten lassen ihre Familien zu Hause,
daher denn in Singapore auf achtzehn männliche Chinesen nur eine
Frau kommt, während unter der malaiischen und indischen Bevölke-
rung auf je sechs Männer eine Frau gerechnet wird.

Die Malaien von Singapore und dem benachbarten Festlande
sind ein kleiner hässlicher Menschenschlag, träge und träumerisch;
sie leben meistens vom Fischfang. Die aus Vorder-Indien einge-
wanderten Malabaren und Hindu’s dagegen sind meist schlanke
Gestalten von kräftigem Bau, edelen Gesichtszügen und schönem
Ebenmaass der Glieder — bis auf den gänzlichen Fleischmangel der
Unterschenkel. Die Frauen sind nicht schön zu nennen, aber in
Kleidung und Stellungen so malerisch und anmuthig, dass man
nicht müde wird sie zu betrachten. Sie haben wogendes raben-
schwarzes Haar; die schwarzbraune glänzende Hautfarbe wird noch
gehoben durch viele Spangen von Gold oder Silber um den Hals,
um Arme und Beine. In dem einen Nasenflügel tragen fast alle
Malabarinnen einen kleinen in das Fleisch eingelassenen Goldknopf
mit einem bunten Stein, ein wahres Schönheitspflästerchen für ihre
Hautfarbe. Die Malabaren sind nach den Chinesen die gewerb-
fleissigsten aus der Bevölkerung; auch sie kommen nur vorüber-
gehend nach Singapore, und kehren in die Heimath zurück, sobald

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[199/0229] I. Die Malaien, Malabaren, Hindu’s. lassen, der dort europäische Tracht und Sitten angenommen, und den Chinesen ganz abgestreift hatte, aber bei seiner Rückkehr nach Singapore vom Vater gezwungen wurde, sich einen Zopf wachsen zu lassen und die Tracht seines Landes wieder anzulegen. Wampoa bleibt ein ächter Chinese und ein vortrefflicher Repräsentant seiner Nation — die Europäer rühmen seine strenge Rechtlichkeit, Grossherzigkeit und seinen Gemeinsinn. Das Betragen der besseren Art Chinesen ist ruhig, ernst, gemessen, anspruchslos und aufmerksam. Als Diener suchen sie ihres Gleichen; sie merken ihren Herren und sogar deren Bekannten schnell die Gewohnheiten ab, und sorgen schweigend und unge- heissen für alle ihre Bedürfnisse. Ein ausgezeichnetes Beispiel dieser Art war Atšong, welchen der Attaché von Brandt in Singa- pore in Dienst nahm und während der ganzen Expedition bei sich behielt; er wurde der Liebling der ganzen Reisegesellschaft und vertrug sich besonders gut mit unseren Matrosen. Die in Singapore lebenden Chinesen sind meist auf der Insel Haïnan gebürtig, und kehren dahin zurück, sobald sie ein kleines Capital erworben haben. Die meisten lassen ihre Familien zu Hause, daher denn in Singapore auf achtzehn männliche Chinesen nur eine Frau kommt, während unter der malaiischen und indischen Bevölke- rung auf je sechs Männer eine Frau gerechnet wird. Die Malaien von Singapore und dem benachbarten Festlande sind ein kleiner hässlicher Menschenschlag, träge und träumerisch; sie leben meistens vom Fischfang. Die aus Vorder-Indien einge- wanderten Malabaren und Hindu’s dagegen sind meist schlanke Gestalten von kräftigem Bau, edelen Gesichtszügen und schönem Ebenmaass der Glieder — bis auf den gänzlichen Fleischmangel der Unterschenkel. Die Frauen sind nicht schön zu nennen, aber in Kleidung und Stellungen so malerisch und anmuthig, dass man nicht müde wird sie zu betrachten. Sie haben wogendes raben- schwarzes Haar; die schwarzbraune glänzende Hautfarbe wird noch gehoben durch viele Spangen von Gold oder Silber um den Hals, um Arme und Beine. In dem einen Nasenflügel tragen fast alle Malabarinnen einen kleinen in das Fleisch eingelassenen Goldknopf mit einem bunten Stein, ein wahres Schönheitspflästerchen für ihre Hautfarbe. Die Malabaren sind nach den Chinesen die gewerb- fleissigsten aus der Bevölkerung; auch sie kommen nur vorüber- gehend nach Singapore, und kehren in die Heimath zurück, sobald

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/229>, abgerufen am 26.11.2024.