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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die europäischen Stadtviertel. I.
breite Esplanade mit Rasenplätzen und doppeltem Fahrwege hin,
wo man Abends zu Wagen oder zu Pferde die kühlende Seebrise
geniesst -- denn zu Fusse gehen ist für den Europäer ungesund
und unanständig. Von da laufen rechtwinklig grade Strassen aus,
die wieder von wenigen anderen breiten Hauptstrassen geschnitten
werden, und hinter diesen liegt, dem Strande parallel, der lang-
gestreckte Festungshügel. Die Strassen dieses Stadtviertels bilden
nur an wenigen Stellen zusammenhängende Häuserreihen; schlanke
Areca's und fedrige Cocospalmen, luftige Casuarinen, massige Brod-
bäume, Bananen und eine Fülle des üppigsten tropischen Laubes
ragen über die Gartenzäune. Auf den breiten Strassen ist wenig
Leben, faule Malaien lungern umher, der geschäftige Chinese zieht
rasch seines Weges -- die reicheren sieht man in eigenen oder in
Miethwagen daherfahren; -- bei den öffentlichen Gebäuden stehen
braune indische Polizeidiener in halb europäischer Uniform und mit
dem Truncheon bewaffnet, vor den Gast- und Privathäusern die zahl-
reiche Dienerschaft der Einwohner, meist Hindu's in weissem Muslin,
mit steifgefälteltem breitem Turban. Auch Javaner und Bugi's sieht
man, ferner Bengalesen, Burmesen, Siamesen, Araber von der Küste
Koromandel, und Parsen, kenntlich an der hohen helmartigen, mit
dunkelfarbigem Kattun bezogenen Kopfbedeckung. Miethwagen
stehen an allen Ecken, und die Zudringlichkeit der Kutscher ist so
schlimm wie in Italien. -- Auf architectonische Schönheit machen
weder öffentliche noch Privatgebäude Anspruch: die Kirchen meist
nach englischer Art gothisirend, manche andere Bauten italienisch, --
aber der leidige Mörtelbewurf hält natürlich in diesem allerfeuch-
testen Klima gar nicht, ganz neue Gebäude erscheinen fleckig,
und wie verfaulend, verfallend. Die Bauart der Privatgebäude ist
dem Klima sehr angemessen: dicke Mauern, grosse hohe Räume,
viele Thüren und Fenster, meist ohne Scheiben, nur mit Jalousieen
verschliessbar; Alles berechnet, die Sonne auszuschliessen und Zug-
luft hervorzubringen. Ueber dem Esstisch und in der Mitte jedes
grösseren Raumes hängt die sogenannte "Punka" von der Decke
herab, ein langer, mit Baumwollenstoff bespannter Rahmen, ein
gigantischer Fächer, der von eigens dazu angestellten Knaben durch
Schnüre in eine regelmässige Pendelbewegung gesetzt wird, um
Wind und Kühlung zu erzeugen. Alle Lichter sind mit Glasglocken
geschützt, weil sie sonst verlöschen würden. Man muss sich an
diese Einrichtung erst gewöhnen; die Bewegung und der ewige

Die europäischen Stadtviertel. I.
breite Esplanade mit Rasenplätzen und doppeltem Fahrwege hin,
wo man Abends zu Wagen oder zu Pferde die kühlende Seebrise
geniesst — denn zu Fusse gehen ist für den Europäer ungesund
und unanständig. Von da laufen rechtwinklig grade Strassen aus,
die wieder von wenigen anderen breiten Hauptstrassen geschnitten
werden, und hinter diesen liegt, dem Strande parallel, der lang-
gestreckte Festungshügel. Die Strassen dieses Stadtviertels bilden
nur an wenigen Stellen zusammenhängende Häuserreihen; schlanke
Areca’s und fedrige Cocospalmen, luftige Casuarinen, massige Brod-
bäume, Bananen und eine Fülle des üppigsten tropischen Laubes
ragen über die Gartenzäune. Auf den breiten Strassen ist wenig
Leben, faule Malaien lungern umher, der geschäftige Chinese zieht
rasch seines Weges — die reicheren sieht man in eigenen oder in
Miethwagen daherfahren; — bei den öffentlichen Gebäuden stehen
braune indische Polizeidiener in halb europäischer Uniform und mit
dem Truncheon bewaffnet, vor den Gast- und Privathäusern die zahl-
reiche Dienerschaft der Einwohner, meist Hindu’s in weissem Muslin,
mit steifgefälteltem breitem Turban. Auch Javaner und Bugi’s sieht
man, ferner Bengalesen, Burmesen, Siamesen, Araber von der Küste
Koromandel, und Parsen, kenntlich an der hohen helmartigen, mit
dunkelfarbigem Kattun bezogenen Kopfbedeckung. Miethwagen
stehen an allen Ecken, und die Zudringlichkeit der Kutscher ist so
schlimm wie in Italien. — Auf architectonische Schönheit machen
weder öffentliche noch Privatgebäude Anspruch: die Kirchen meist
nach englischer Art gothisirend, manche andere Bauten italienisch, —
aber der leidige Mörtelbewurf hält natürlich in diesem allerfeuch-
testen Klima gar nicht, ganz neue Gebäude erscheinen fleckig,
und wie verfaulend, verfallend. Die Bauart der Privatgebäude ist
dem Klima sehr angemessen: dicke Mauern, grosse hohe Räume,
viele Thüren und Fenster, meist ohne Scheiben, nur mit Jalousieen
verschliessbar; Alles berechnet, die Sonne auszuschliessen und Zug-
luft hervorzubringen. Ueber dem Esstisch und in der Mitte jedes
grösseren Raumes hängt die sogenannte »Punka« von der Decke
herab, ein langer, mit Baumwollenstoff bespannter Rahmen, ein
gigantischer Fächer, der von eigens dazu angestellten Knaben durch
Schnüre in eine regelmässige Pendelbewegung gesetzt wird, um
Wind und Kühlung zu erzeugen. Alle Lichter sind mit Glasglocken
geschützt, weil sie sonst verlöschen würden. Man muss sich an
diese Einrichtung erst gewöhnen; die Bewegung und der ewige

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[196/0226] Die europäischen Stadtviertel. I. breite Esplanade mit Rasenplätzen und doppeltem Fahrwege hin, wo man Abends zu Wagen oder zu Pferde die kühlende Seebrise geniesst — denn zu Fusse gehen ist für den Europäer ungesund und unanständig. Von da laufen rechtwinklig grade Strassen aus, die wieder von wenigen anderen breiten Hauptstrassen geschnitten werden, und hinter diesen liegt, dem Strande parallel, der lang- gestreckte Festungshügel. Die Strassen dieses Stadtviertels bilden nur an wenigen Stellen zusammenhängende Häuserreihen; schlanke Areca’s und fedrige Cocospalmen, luftige Casuarinen, massige Brod- bäume, Bananen und eine Fülle des üppigsten tropischen Laubes ragen über die Gartenzäune. Auf den breiten Strassen ist wenig Leben, faule Malaien lungern umher, der geschäftige Chinese zieht rasch seines Weges — die reicheren sieht man in eigenen oder in Miethwagen daherfahren; — bei den öffentlichen Gebäuden stehen braune indische Polizeidiener in halb europäischer Uniform und mit dem Truncheon bewaffnet, vor den Gast- und Privathäusern die zahl- reiche Dienerschaft der Einwohner, meist Hindu’s in weissem Muslin, mit steifgefälteltem breitem Turban. Auch Javaner und Bugi’s sieht man, ferner Bengalesen, Burmesen, Siamesen, Araber von der Küste Koromandel, und Parsen, kenntlich an der hohen helmartigen, mit dunkelfarbigem Kattun bezogenen Kopfbedeckung. Miethwagen stehen an allen Ecken, und die Zudringlichkeit der Kutscher ist so schlimm wie in Italien. — Auf architectonische Schönheit machen weder öffentliche noch Privatgebäude Anspruch: die Kirchen meist nach englischer Art gothisirend, manche andere Bauten italienisch, — aber der leidige Mörtelbewurf hält natürlich in diesem allerfeuch- testen Klima gar nicht, ganz neue Gebäude erscheinen fleckig, und wie verfaulend, verfallend. Die Bauart der Privatgebäude ist dem Klima sehr angemessen: dicke Mauern, grosse hohe Räume, viele Thüren und Fenster, meist ohne Scheiben, nur mit Jalousieen verschliessbar; Alles berechnet, die Sonne auszuschliessen und Zug- luft hervorzubringen. Ueber dem Esstisch und in der Mitte jedes grösseren Raumes hängt die sogenannte »Punka« von der Decke herab, ein langer, mit Baumwollenstoff bespannter Rahmen, ein gigantischer Fächer, der von eigens dazu angestellten Knaben durch Schnüre in eine regelmässige Pendelbewegung gesetzt wird, um Wind und Kühlung zu erzeugen. Alle Lichter sind mit Glasglocken geschützt, weil sie sonst verlöschen würden. Man muss sich an diese Einrichtung erst gewöhnen; die Bewegung und der ewige

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/226>, abgerufen am 25.11.2024.