Im Februar 1854 erschien Commodor Perry wieder an der japanischen Küste, nachdem die Regierung sich vergebens bemüht hatte, ihn durch die Benachrichtigung von dem inzwischen erfolg- ten Tode des Siogun und der daraus hergeleiteten Unmöglichkeit, jetzt zu verhandeln, zur Aufschiebung seines Besuches zu vermögen. Sein Geschwader bestand aus drei Dampffregatten, vier Corvetten und zwei Transportschiffen. Der Commodor trat dieses Mal noch drohender auf, als bei seiner ersten Anwesenheit: er lief trotz allen Gegenvorstellungen der Japaner in den inneren Golf von Yeddo ein, und setzte es durch, dass die Unterhandlungen in grösster Nähe, und so zu sagen Angesichts der Hauptstadt gepflogen wurden; die Zusammenkünfte fanden in Kanagava, etwa vier Meilen von Yeddo, statt. Im Laufe der Verhandlungen gestaltete sich der per- sönliche Verkehr immer freundlicher; aber in ihren Zugeständ- nissen blieben die japanischen Bevollmächtigten bis zum letzten Augenblick hartnäckig und zähe. Perry erlangte nur die Eröffnung der Häfen Simoda (am äusseren Golf von Yeddo) und Hakodade (auf Yeso) für amerikanische Schiffe, die dort Holz, Kohlen, Wasser und Lebensmittel einnehmen wollten; Hülfe und freundliche Be- handlung für amerikanische Schiffbrüchige, und ihre Auslieferung nach Simoda oder Hakodade; freien Verkehr in einem gewissen Umkreise für die in diesen beiden Hafenplätzen sich vorübergehend aufhaltenden Amerikaner; einen beschränkten Austausch von Handels- artikeln unter Aufsicht der japanischen Behörden, und das Recht, einen Consul für Simoda mit der Jurisdiction über die amerikani- schen Unterthanen in Japan zu ernennen, -- endlich das wichtige Ver- sprechen der Gewährung aller Vortheile, welche jemals einer anderen Nation zugestanden werden sollten. Dieser Freundschaftsvertrag, welcher den Amerikanern nicht das Recht gab, bleibend in Japan zu wohnen, und der für den Handel gar keine Bedeutung hatte, wurde am 31. März 1854 zu Kanagava unterzeichnet und die Ra- tificationen am 21. Februar 1855 zu Simoda ausgewechselt.
So unwichtig der Perry'sche Vertrag durch seine Resultate, so bedeutsam war die Thatsache, dass Japan überhaupt den Ver- kehr einer fremden Nation zuliess. Die Schranken mussten nun auch für die anderen Völker fallen. Noch im September 1854 kam ein britisches Geschwader unter Admiral Sir James Stirling nach der Bai von Nangasaki. Die Engländer mussten mehrere Wochen lang auf die Ankunft der Bevollmächtigten aus Yeddo warten,
Der Vertrag von Kanagava.
Im Februar 1854 erschien Commodor Perry wieder an der japanischen Küste, nachdem die Regierung sich vergebens bemüht hatte, ihn durch die Benachrichtigung von dem inzwischen erfolg- ten Tode des Siogun und der daraus hergeleiteten Unmöglichkeit, jetzt zu verhandeln, zur Aufschiebung seines Besuches zu vermögen. Sein Geschwader bestand aus drei Dampffregatten, vier Corvetten und zwei Transportschiffen. Der Commodor trat dieses Mal noch drohender auf, als bei seiner ersten Anwesenheit: er lief trotz allen Gegenvorstellungen der Japaner in den inneren Golf von Yeddo ein, und setzte es durch, dass die Unterhandlungen in grösster Nähe, und so zu sagen Angesichts der Hauptstadt gepflogen wurden; die Zusammenkünfte fanden in Kanagava, etwa vier Meilen von Yeddo, statt. Im Laufe der Verhandlungen gestaltete sich der per- sönliche Verkehr immer freundlicher; aber in ihren Zugeständ- nissen blieben die japanischen Bevollmächtigten bis zum letzten Augenblick hartnäckig und zähe. Perry erlangte nur die Eröffnung der Häfen Simoda (am äusseren Golf von Yeddo) und Hakodade (auf Yeso) für amerikanische Schiffe, die dort Holz, Kohlen, Wasser und Lebensmittel einnehmen wollten; Hülfe und freundliche Be- handlung für amerikanische Schiffbrüchige, und ihre Auslieferung nach Simoda oder Hakodade; freien Verkehr in einem gewissen Umkreise für die in diesen beiden Hafenplätzen sich vorübergehend aufhaltenden Amerikaner; einen beschränkten Austausch von Handels- artikeln unter Aufsicht der japanischen Behörden, und das Recht, einen Consul für Simoda mit der Jurisdiction über die amerikani- schen Unterthanen in Japan zu ernennen, — endlich das wichtige Ver- sprechen der Gewährung aller Vortheile, welche jemals einer anderen Nation zugestanden werden sollten. Dieser Freundschaftsvertrag, welcher den Amerikanern nicht das Recht gab, bleibend in Japan zu wohnen, und der für den Handel gar keine Bedeutung hatte, wurde am 31. März 1854 zu Kanagava unterzeichnet und die Ra- tificationen am 21. Februar 1855 zu Simoda ausgewechselt.
So unwichtig der Perry’sche Vertrag durch seine Resultate, so bedeutsam war die Thatsache, dass Japan überhaupt den Ver- kehr einer fremden Nation zuliess. Die Schranken mussten nun auch für die anderen Völker fallen. Noch im September 1854 kam ein britisches Geschwader unter Admiral Sir James Stirling nach der Bai von Naṅgasaki. Die Engländer mussten mehrere Wochen lang auf die Ankunft der Bevollmächtigten aus Yeddo warten,
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Der Vertrag von Kanagava.
Im Februar 1854 erschien Commodor Perry wieder an der
japanischen Küste, nachdem die Regierung sich vergebens bemüht
hatte, ihn durch die Benachrichtigung von dem inzwischen erfolg-
ten Tode des Siogun und der daraus hergeleiteten Unmöglichkeit,
jetzt zu verhandeln, zur Aufschiebung seines Besuches zu vermögen.
Sein Geschwader bestand aus drei Dampffregatten, vier Corvetten
und zwei Transportschiffen. Der Commodor trat dieses Mal noch
drohender auf, als bei seiner ersten Anwesenheit: er lief trotz allen
Gegenvorstellungen der Japaner in den inneren Golf von Yeddo
ein, und setzte es durch, dass die Unterhandlungen in grösster
Nähe, und so zu sagen Angesichts der Hauptstadt gepflogen wurden;
die Zusammenkünfte fanden in Kanagava, etwa vier Meilen von
Yeddo, statt. Im Laufe der Verhandlungen gestaltete sich der per-
sönliche Verkehr immer freundlicher; aber in ihren Zugeständ-
nissen blieben die japanischen Bevollmächtigten bis zum letzten
Augenblick hartnäckig und zähe. Perry erlangte nur die Eröffnung
der Häfen Simoda (am äusseren Golf von Yeddo) und Hakodade
(auf Yeso) für amerikanische Schiffe, die dort Holz, Kohlen, Wasser
und Lebensmittel einnehmen wollten; Hülfe und freundliche Be-
handlung für amerikanische Schiffbrüchige, und ihre Auslieferung
nach Simoda oder Hakodade; freien Verkehr in einem gewissen
Umkreise für die in diesen beiden Hafenplätzen sich vorübergehend
aufhaltenden Amerikaner; einen beschränkten Austausch von Handels-
artikeln unter Aufsicht der japanischen Behörden, und das Recht,
einen Consul für Simoda mit der Jurisdiction über die amerikani-
schen Unterthanen in Japan zu ernennen, — endlich das wichtige Ver-
sprechen der Gewährung aller Vortheile, welche jemals einer anderen
Nation zugestanden werden sollten. Dieser Freundschaftsvertrag,
welcher den Amerikanern nicht das Recht gab, bleibend in Japan
zu wohnen, und der für den Handel gar keine Bedeutung hatte,
wurde am 31. März 1854 zu Kanagava unterzeichnet und die Ra-
tificationen am 21. Februar 1855 zu Simoda ausgewechselt.
So unwichtig der Perry’sche Vertrag durch seine Resultate,
so bedeutsam war die Thatsache, dass Japan überhaupt den Ver-
kehr einer fremden Nation zuliess. Die Schranken mussten nun
auch für die anderen Völker fallen. Noch im September 1854 kam
ein britisches Geschwader unter Admiral Sir James Stirling nach
der Bai von Naṅgasaki. Die Engländer mussten mehrere Wochen
lang auf die Ankunft der Bevollmächtigten aus Yeddo warten,
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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