[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.Golownin's Gefangenschaft. zwei Officieren, vier Matrosen und einem kurilischen Dolmetschergefangen; sie wurden gebunden nach Hakodade, dann nach Matsmai geschickt und dort zwei Jahre zurückgehalten. Die Gefangenen hatten viele endlose Verhöre zu bestehen, wurden aber mit Freund- lichkeit und Humanität behandelt und in gelinder Haft gehalten, wo man ihnen alle vom Gesetze für Gefangene erlaubten Bequemlich- keiten und Annehmlichkeiten zu verschaffen suchte. Golownin entfloh mit seinen Begleitern aus dem Hause, wo sie bewacht wurden, in der Hoffnung, sich eines Bootes bemächtigen und die tartarische Küste erreichen zu können, wurde aber nach einigen Tagen wieder eingefangen. Weder der Statthalter, dem dieser Fluchtversuch, wenn er glückte, den Kopf kosten konnte, noch seine Untergebenen und selbst die Wachen, welche deshalb degradirt wurden, änderten ihr freundliches Benehmen gegen die Gefangenen. Im Gegentheil suchten die japanischen Beamten, um den Befehl ihrer Befreiung in Yeddo zu erwirken, eifrig nach Beweisen dafür, dass die Diana nicht in feindlichen Absichten gekommen sei. Lieutenant Rikord, der das Schiff jetzt befehligte, war gleich nach Golownin's Ge- fangennehmung nach Ochotsk gegangen, um Verhaltungsbefehle zu holen, und erschien im Sommer 1812 wieder vor Kunasir. Es gelang ihm, dort eine japanische Dschunke wegzunehmen, auf welcher sich ein angesehener Kaufmann, Takatai-Kafi, befand, den er mit Höflichkeit behandelte und für den Winter mit nach Kamtschatka nahm. Den Bemühungen dieses Braven gelang es, als die Diana im Frühjahr 1813 wieder nach der Küste von Yeso kam, die Zusage der Freiheit für die Gefangenen zu erlangen, wenn eine Erklärung des Gouverneurs von Ostsibirien beigebracht würde, dass die kaiserlich russische Regierung an den von Chwostow verübten Feindseligkeiten keinen Antheil habe. Rikord eilte nach Ochotsk und kehrte noch im September desselben Jahres mit dem verlangten Document nach Hakodade zurück, worauf die Auslie- ferung erfolgte. Golownin's Gefangenschaft und Rikord's Bemühungen um Golownin’s Gefangenschaft. zwei Officieren, vier Matrosen und einem kurilischen Dolmetschergefangen; sie wurden gebunden nach Hakodade, dann nach Matsmaï geschickt und dort zwei Jahre zurückgehalten. Die Gefangenen hatten viele endlose Verhöre zu bestehen, wurden aber mit Freund- lichkeit und Humanität behandelt und in gelinder Haft gehalten, wo man ihnen alle vom Gesetze für Gefangene erlaubten Bequemlich- keiten und Annehmlichkeiten zu verschaffen suchte. Golownin entfloh mit seinen Begleitern aus dem Hause, wo sie bewacht wurden, in der Hoffnung, sich eines Bootes bemächtigen und die tartarische Küste erreichen zu können, wurde aber nach einigen Tagen wieder eingefangen. Weder der Statthalter, dem dieser Fluchtversuch, wenn er glückte, den Kopf kosten konnte, noch seine Untergebenen und selbst die Wachen, welche deshalb degradirt wurden, änderten ihr freundliches Benehmen gegen die Gefangenen. Im Gegentheil suchten die japanischen Beamten, um den Befehl ihrer Befreiung in Yeddo zu erwirken, eifrig nach Beweisen dafür, dass die Diana nicht in feindlichen Absichten gekommen sei. Lieutenant Rikord, der das Schiff jetzt befehligte, war gleich nach Golownin’s Ge- fangennehmung nach Ochotsk gegangen, um Verhaltungsbefehle zu holen, und erschien im Sommer 1812 wieder vor Kunašir. Es gelang ihm, dort eine japanische Dschunke wegzunehmen, auf welcher sich ein angesehener Kaufmann, Takataï-Kafi, befand, den er mit Höflichkeit behandelte und für den Winter mit nach Kamtschatka nahm. Den Bemühungen dieses Braven gelang es, als die Diana im Frühjahr 1813 wieder nach der Küste von Yeso kam, die Zusage der Freiheit für die Gefangenen zu erlangen, wenn eine Erklärung des Gouverneurs von Ostsibirien beigebracht würde, dass die kaiserlich russische Regierung an den von Chwostow verübten Feindseligkeiten keinen Antheil habe. Rikord eilte nach Ochotsk und kehrte noch im September desselben Jahres mit dem verlangten Document nach Hakodade zurück, worauf die Auslie- ferung erfolgte. Golownin’s Gefangenschaft und Rikord’s Bemühungen um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0190" n="160"/><fw place="top" type="header"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin’s</persName> Gefangenschaft.</fw><lb/> zwei Officieren, vier Matrosen und einem kurilischen Dolmetscher<lb/> gefangen; sie wurden gebunden nach <hi rendition="#k"><placeName>Hakodade</placeName></hi>, dann nach <hi rendition="#k"><placeName>Matsmaï</placeName></hi><lb/> geschickt und dort zwei Jahre zurückgehalten. Die Gefangenen<lb/> hatten viele endlose Verhöre zu bestehen, wurden aber mit Freund-<lb/> lichkeit und Humanität behandelt und in gelinder Haft gehalten, wo<lb/> man ihnen alle vom Gesetze für Gefangene erlaubten Bequemlich-<lb/> keiten und Annehmlichkeiten zu verschaffen suchte. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin</persName> entfloh<lb/> mit seinen Begleitern aus dem Hause, wo sie bewacht wurden, in<lb/> der Hoffnung, sich eines Bootes bemächtigen und die tartarische<lb/> Küste erreichen zu können, wurde aber nach einigen Tagen wieder<lb/> eingefangen. Weder der Statthalter, dem dieser Fluchtversuch,<lb/> wenn er glückte, den Kopf kosten konnte, noch seine Untergebenen<lb/> und selbst die Wachen, welche deshalb degradirt wurden, änderten<lb/> ihr freundliches Benehmen gegen die Gefangenen. Im Gegentheil<lb/> suchten die japanischen Beamten, um den Befehl ihrer Befreiung<lb/> in <hi rendition="#k"><placeName>Yeddo</placeName></hi> zu erwirken, eifrig nach Beweisen dafür, dass die Diana<lb/> nicht in feindlichen Absichten gekommen sei. Lieutenant <placeName>Rikord</placeName>,<lb/> der das Schiff jetzt befehligte, war gleich nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin’s</persName> Ge-<lb/> fangennehmung nach <placeName>Ochotsk</placeName> gegangen, um Verhaltungsbefehle zu<lb/> holen, und erschien im Sommer 1812 wieder vor <hi rendition="#k"><placeName>Kunašir</placeName></hi>. Es<lb/> gelang ihm, dort eine japanische Dschunke wegzunehmen, auf<lb/> welcher sich ein angesehener Kaufmann, <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Takataï-Kafi</persName></hi>, befand,<lb/> den er mit Höflichkeit behandelte und für den Winter mit nach<lb/><placeName>Kamtschatka</placeName> nahm. Den Bemühungen dieses Braven gelang es,<lb/> als die Diana im Frühjahr 1813 wieder nach der Küste von <hi rendition="#k"><placeName>Yeso</placeName></hi><lb/> kam, die Zusage der Freiheit für die Gefangenen zu erlangen,<lb/> wenn eine Erklärung des Gouverneurs von Ostsibirien beigebracht<lb/> würde, dass die kaiserlich russische Regierung an den von <persName ref="nognd">Chwostow</persName><lb/> verübten Feindseligkeiten keinen Antheil habe. <placeName>Rikord</placeName> eilte nach<lb/><placeName>Ochotsk</placeName> und kehrte noch im September desselben Jahres mit dem<lb/> verlangten Document nach <hi rendition="#k"><placeName>Hakodade</placeName></hi> zurück, worauf die Auslie-<lb/> ferung erfolgte.</p><lb/> <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin’s</persName> Gefangenschaft und <placeName>Rikord’s</placeName> Bemühungen um<lb/> seine Befreiung bilden eine der merkwürdigsten und lehrreichsten<lb/> Episoden in der Geschichte des Verkehrs mit den Japanern; möchten<lb/> Alle, die mit ihnen in Verbindung treten, die Berichte der beiden<lb/> russischen Officiere gelesen haben. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119529750">Golownin</persName> lebte zwei Jahre lang<lb/> unter den widerwärtigsten Verhältnissen bei den Japanern, von<lb/> welchen die Russen nur als Feinde angesehen werden konnten,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0190]
Golownin’s Gefangenschaft.
zwei Officieren, vier Matrosen und einem kurilischen Dolmetscher
gefangen; sie wurden gebunden nach Hakodade, dann nach Matsmaï
geschickt und dort zwei Jahre zurückgehalten. Die Gefangenen
hatten viele endlose Verhöre zu bestehen, wurden aber mit Freund-
lichkeit und Humanität behandelt und in gelinder Haft gehalten, wo
man ihnen alle vom Gesetze für Gefangene erlaubten Bequemlich-
keiten und Annehmlichkeiten zu verschaffen suchte. Golownin entfloh
mit seinen Begleitern aus dem Hause, wo sie bewacht wurden, in
der Hoffnung, sich eines Bootes bemächtigen und die tartarische
Küste erreichen zu können, wurde aber nach einigen Tagen wieder
eingefangen. Weder der Statthalter, dem dieser Fluchtversuch,
wenn er glückte, den Kopf kosten konnte, noch seine Untergebenen
und selbst die Wachen, welche deshalb degradirt wurden, änderten
ihr freundliches Benehmen gegen die Gefangenen. Im Gegentheil
suchten die japanischen Beamten, um den Befehl ihrer Befreiung
in Yeddo zu erwirken, eifrig nach Beweisen dafür, dass die Diana
nicht in feindlichen Absichten gekommen sei. Lieutenant Rikord,
der das Schiff jetzt befehligte, war gleich nach Golownin’s Ge-
fangennehmung nach Ochotsk gegangen, um Verhaltungsbefehle zu
holen, und erschien im Sommer 1812 wieder vor Kunašir. Es
gelang ihm, dort eine japanische Dschunke wegzunehmen, auf
welcher sich ein angesehener Kaufmann, Takataï-Kafi, befand,
den er mit Höflichkeit behandelte und für den Winter mit nach
Kamtschatka nahm. Den Bemühungen dieses Braven gelang es,
als die Diana im Frühjahr 1813 wieder nach der Küste von Yeso
kam, die Zusage der Freiheit für die Gefangenen zu erlangen,
wenn eine Erklärung des Gouverneurs von Ostsibirien beigebracht
würde, dass die kaiserlich russische Regierung an den von Chwostow
verübten Feindseligkeiten keinen Antheil habe. Rikord eilte nach
Ochotsk und kehrte noch im September desselben Jahres mit dem
verlangten Document nach Hakodade zurück, worauf die Auslie-
ferung erfolgte.
Golownin’s Gefangenschaft und Rikord’s Bemühungen um
seine Befreiung bilden eine der merkwürdigsten und lehrreichsten
Episoden in der Geschichte des Verkehrs mit den Japanern; möchten
Alle, die mit ihnen in Verbindung treten, die Berichte der beiden
russischen Officiere gelesen haben. Golownin lebte zwei Jahre lang
unter den widerwärtigsten Verhältnissen bei den Japanern, von
welchen die Russen nur als Feinde angesehen werden konnten,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |