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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Härtere Bedrückung. Der Schleichhandel.
alle Kaufpreise für die Einfuhrartikel aber an die Geldkammer ent-
richten, und den Verkäufern nach Abzug der üblichen 35 Procent
gutschreiben. Die Niederländer sollten während ihres Aufenthaltes
in Japan gar kein baares Geld mehr in die Hände bekommen, son-
dern auch alle ihre Bedürfnisse in Anweisungen auf die Geldkammer
zahlen, sehr zu ihrem Nachtheil, da die Anweisungen erst nach
Jahresfrist, und dann nur mit gewissen Abzügen eingelöst wurden. --
Auf diese Weise wurde der Handel bis in die neueste Zeit getrie-
ben, hat sich aber nie wieder zu seiner alten Höhe empor-
geschwungen; die Beschränkungen wurden im Gegentheil immer
schlimmer, um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts durfte nur
noch ein Schiff jährlich nach Nangasaki kommen. Da nun die
Kosten der Factorei und der Hofreisen, die Geschenke und Lasten
dieselben blieben wie früher, so verminderte sich der Gewinn un-
verhältnissmässig. Als die japanische Regierung die Kupferausfuhr,
die noch zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts 30,000 Pikul be-
tragen hatte, 1743 auf 6000 Pikul beschränken wollte, befahl der
Gouverneur von Niederländisch Indien dem Handelsvorsteher, die
eingeführten Waaren wieder einzuschiffen und die Factorei aufzu-
geben, wenn nicht eine vermehrte Kupferausfuhr und bessere Preise
für die Einfuhrartikel bewilligt würden -- denn die Japaner wollten
oft unter dem Vorgeben, die gelieferten Waaren entsprächen nicht
den Mustern, die bedungenen Preise nicht zahlen. Auf diese Dro-
hung hin wurden die Behörden willfähriger; man liess wieder zwei,
seit 1758 sogar drei Schiffe zu, weil einige untergegangen waren.
Ihren Gewinn berechneten die Holländer selbst 1752, in der schlimm-
sten Zeit, noch immer auf fünf Tonnen Goldes jährlich. 1763 for-
derte der Statthalter von Nangasaki ausser den üblichen auch noch
Geschenke für den Thronfolger, und kündigte, als der Vorsteher
von Desima sich dessen weigerte, den Niederländern gradezu den
Handel auf, mit der peremtorischen Weisung das Land zu ver-
lassen. Der Handelsvorsteher fügte sich nun in die neue Belastung,
und die Sache ging ihren alten Gang, bald mehr, bald minder
günstig. -- Von zwei Schiffen, welche 1772 von Batavia nach
Nangasaki segelten, wurde das eine im Sturm von den Holländern
als unrettbar verlassen, ging aber nicht unter, sondern trieb nach
den Gotto-Inseln und fiel in die Hände der Japaner; beim Unter-
suchen der Ladung entdeckten diese nun die vielfachen künstlichen
Vorrichtungen und Verpackungen, deren sich die Holländer zum

Härtere Bedrückung. Der Schleichhandel.
alle Kaufpreise für die Einfuhrartikel aber an die Geldkammer ent-
richten, und den Verkäufern nach Abzug der üblichen 35 Procent
gutschreiben. Die Niederländer sollten während ihres Aufenthaltes
in Japan gar kein baares Geld mehr in die Hände bekommen, son-
dern auch alle ihre Bedürfnisse in Anweisungen auf die Geldkammer
zahlen, sehr zu ihrem Nachtheil, da die Anweisungen erst nach
Jahresfrist, und dann nur mit gewissen Abzügen eingelöst wurden. —
Auf diese Weise wurde der Handel bis in die neueste Zeit getrie-
ben, hat sich aber nie wieder zu seiner alten Höhe empor-
geschwungen; die Beschränkungen wurden im Gegentheil immer
schlimmer, um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts durfte nur
noch ein Schiff jährlich nach Naṅgasaki kommen. Da nun die
Kosten der Factorei und der Hofreisen, die Geschenke und Lasten
dieselben blieben wie früher, so verminderte sich der Gewinn un-
verhältnissmässig. Als die japanische Regierung die Kupferausfuhr,
die noch zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts 30,000 Pikul be-
tragen hatte, 1743 auf 6000 Pikul beschränken wollte, befahl der
Gouverneur von Niederländisch Indien dem Handelsvorsteher, die
eingeführten Waaren wieder einzuschiffen und die Factorei aufzu-
geben, wenn nicht eine vermehrte Kupferausfuhr und bessere Preise
für die Einfuhrartikel bewilligt würden — denn die Japaner wollten
oft unter dem Vorgeben, die gelieferten Waaren entsprächen nicht
den Mustern, die bedungenen Preise nicht zahlen. Auf diese Dro-
hung hin wurden die Behörden willfähriger; man liess wieder zwei,
seit 1758 sogar drei Schiffe zu, weil einige untergegangen waren.
Ihren Gewinn berechneten die Holländer selbst 1752, in der schlimm-
sten Zeit, noch immer auf fünf Tonnen Goldes jährlich. 1763 for-
derte der Statthalter von Naṅgasaki ausser den üblichen auch noch
Geschenke für den Thronfolger, und kündigte, als der Vorsteher
von Desima sich dessen weigerte, den Niederländern gradezu den
Handel auf, mit der peremtorischen Weisung das Land zu ver-
lassen. Der Handelsvorsteher fügte sich nun in die neue Belastung,
und die Sache ging ihren alten Gang, bald mehr, bald minder
günstig. — Von zwei Schiffen, welche 1772 von Batavia nach
Naṅgasaki segelten, wurde das eine im Sturm von den Holländern
als unrettbar verlassen, ging aber nicht unter, sondern trieb nach
den Gotto-Inseln und fiel in die Hände der Japaner; beim Unter-
suchen der Ladung entdeckten diese nun die vielfachen künstlichen
Vorrichtungen und Verpackungen, deren sich die Holländer zum

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[149/0179] Härtere Bedrückung. Der Schleichhandel. alle Kaufpreise für die Einfuhrartikel aber an die Geldkammer ent- richten, und den Verkäufern nach Abzug der üblichen 35 Procent gutschreiben. Die Niederländer sollten während ihres Aufenthaltes in Japan gar kein baares Geld mehr in die Hände bekommen, son- dern auch alle ihre Bedürfnisse in Anweisungen auf die Geldkammer zahlen, sehr zu ihrem Nachtheil, da die Anweisungen erst nach Jahresfrist, und dann nur mit gewissen Abzügen eingelöst wurden. — Auf diese Weise wurde der Handel bis in die neueste Zeit getrie- ben, hat sich aber nie wieder zu seiner alten Höhe empor- geschwungen; die Beschränkungen wurden im Gegentheil immer schlimmer, um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts durfte nur noch ein Schiff jährlich nach Naṅgasaki kommen. Da nun die Kosten der Factorei und der Hofreisen, die Geschenke und Lasten dieselben blieben wie früher, so verminderte sich der Gewinn un- verhältnissmässig. Als die japanische Regierung die Kupferausfuhr, die noch zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts 30,000 Pikul be- tragen hatte, 1743 auf 6000 Pikul beschränken wollte, befahl der Gouverneur von Niederländisch Indien dem Handelsvorsteher, die eingeführten Waaren wieder einzuschiffen und die Factorei aufzu- geben, wenn nicht eine vermehrte Kupferausfuhr und bessere Preise für die Einfuhrartikel bewilligt würden — denn die Japaner wollten oft unter dem Vorgeben, die gelieferten Waaren entsprächen nicht den Mustern, die bedungenen Preise nicht zahlen. Auf diese Dro- hung hin wurden die Behörden willfähriger; man liess wieder zwei, seit 1758 sogar drei Schiffe zu, weil einige untergegangen waren. Ihren Gewinn berechneten die Holländer selbst 1752, in der schlimm- sten Zeit, noch immer auf fünf Tonnen Goldes jährlich. 1763 for- derte der Statthalter von Naṅgasaki ausser den üblichen auch noch Geschenke für den Thronfolger, und kündigte, als der Vorsteher von Desima sich dessen weigerte, den Niederländern gradezu den Handel auf, mit der peremtorischen Weisung das Land zu ver- lassen. Der Handelsvorsteher fügte sich nun in die neue Belastung, und die Sache ging ihren alten Gang, bald mehr, bald minder günstig. — Von zwei Schiffen, welche 1772 von Batavia nach Naṅgasaki segelten, wurde das eine im Sturm von den Holländern als unrettbar verlassen, ging aber nicht unter, sondern trieb nach den Gotto-Inseln und fiel in die Hände der Japaner; beim Unter- suchen der Ladung entdeckten diese nun die vielfachen künstlichen Vorrichtungen und Verpackungen, deren sich die Holländer zum

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/179>, abgerufen am 23.11.2024.