Auch die Engländer, welche 1623 ihren Handel aus freien Stücken aufgegeben hatten, machten noch im Laufe desselben Jahr- hunderts einen Versuch, sich wieder Eingang in das japanische Reich zu verschaffen. Das englische Schiff "the Return", dessen Befehlshaber dem Siogun einen Brief König Karl's II überbringen 1673.sollte, lief am 20. Juni 1673 in den Hafen von Nangasaki ein. Die Behörden empfingen ihn freundlich, liessen sich aber alle Munition und die Geschütze ausliefern und verhinderten jede Com- munication mit dem Lande. Die Engländer beriefen sich auf die alten von Jyeyas verliehenen Handelsprivilegien, aber das Kreuz in ihrer Flagge und der Umstand, dass König Karl mit einer portu- giesischen Prinzessin vermält war, erregten Argwohn. Unglück- licherweise brachten damals die von Batavia eben einlaufenden hollän- dischen Schiffe die Nachricht von dem Ausbruch des Krieges zwischen Niederland und England und von dem Bündnisse des letzteren mit dem katholischen Frankreich: so erhielten denn die Engländer eine ablehnende Antwort auch auf die Frage, ob sie nach dem Tode ihrer Königin wiederkommen dürften. Man gestattete ihnen aber, bis zum Einsetzen des günstigen Monsuns im Hafen zu bleiben und nahm, als sie vorgaben, kein Geld mehr zu haben, chinesische Rohseide in Zahlung für ihre Bedürfnisse 101). Die Geschütze und Munition erhielten sie erst ausserhalb des Hafens wieder; viele japanische Kriegsfahrzeuge, welche den "Return" während seines Aufenthaltes im Hafen bewacht hatten, geleiteten ihn weit auf das hohe Meer hinaus. Uebrigens liess der Siogun den Engländern und Holländern das Versprechen abnehmen, einander in den japa- nischen Gewässern nicht anzugreifen.
In dem Vorstehenden ist schon gesagt worden, dass der innerste Grund der Verbannung der Fremden die Unvereinbarkeit des Christenthumes mit den japanischen Zuständen war. Die durch zweitausendjährige Entwickelung zur festen Regel gewor- dene Einschränkung des Volkes in bestimmte Grenzen, seine ein- gelebte Unterwürfigkeit gegen die herrschenden Classen waren Grundbedingung des japanischen Staatslebens. Die Ausübung der starren Gewalt widerspricht noch mehr und unmittelbarer den Grundideen des Christenthumes als die Unterwerfung an solche
101) Alle europäischen Artikel wurden zurückgewiesen.
Neuer Versuch der Engländer. — Resumé.
Auch die Engländer, welche 1623 ihren Handel aus freien Stücken aufgegeben hatten, machten noch im Laufe desselben Jahr- hunderts einen Versuch, sich wieder Eingang in das japanische Reich zu verschaffen. Das englische Schiff »the Return«, dessen Befehlshaber dem Siogun einen Brief König Karl’s II überbringen 1673.sollte, lief am 20. Juni 1673 in den Hafen von Naṅgasaki ein. Die Behörden empfingen ihn freundlich, liessen sich aber alle Munition und die Geschütze ausliefern und verhinderten jede Com- munication mit dem Lande. Die Engländer beriefen sich auf die alten von Jyeyas verliehenen Handelsprivilegien, aber das Kreuz in ihrer Flagge und der Umstand, dass König Karl mit einer portu- giesischen Prinzessin vermält war, erregten Argwohn. Unglück- licherweise brachten damals die von Batavia eben einlaufenden hollän- dischen Schiffe die Nachricht von dem Ausbruch des Krieges zwischen Niederland und England und von dem Bündnisse des letzteren mit dem katholischen Frankreich: so erhielten denn die Engländer eine ablehnende Antwort auch auf die Frage, ob sie nach dem Tode ihrer Königin wiederkommen dürften. Man gestattete ihnen aber, bis zum Einsetzen des günstigen Monsuns im Hafen zu bleiben und nahm, als sie vorgaben, kein Geld mehr zu haben, chinesische Rohseide in Zahlung für ihre Bedürfnisse 101). Die Geschütze und Munition erhielten sie erst ausserhalb des Hafens wieder; viele japanische Kriegsfahrzeuge, welche den »Return« während seines Aufenthaltes im Hafen bewacht hatten, geleiteten ihn weit auf das hohe Meer hinaus. Uebrigens liess der Siogun den Engländern und Holländern das Versprechen abnehmen, einander in den japa- nischen Gewässern nicht anzugreifen.
In dem Vorstehenden ist schon gesagt worden, dass der innerste Grund der Verbannung der Fremden die Unvereinbarkeit des Christenthumes mit den japanischen Zuständen war. Die durch zweitausendjährige Entwickelung zur festen Regel gewor- dene Einschränkung des Volkes in bestimmte Grenzen, seine ein- gelebte Unterwürfigkeit gegen die herrschenden Classen waren Grundbedingung des japanischen Staatslebens. Die Ausübung der starren Gewalt widerspricht noch mehr und unmittelbarer den Grundideen des Christenthumes als die Unterwerfung an solche
101) Alle europäischen Artikel wurden zurückgewiesen.
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Neuer Versuch der Engländer. — Resumé.
Auch die Engländer, welche 1623 ihren Handel aus freien
Stücken aufgegeben hatten, machten noch im Laufe desselben Jahr-
hunderts einen Versuch, sich wieder Eingang in das japanische
Reich zu verschaffen. Das englische Schiff »the Return«, dessen
Befehlshaber dem Siogun einen Brief König Karl’s II überbringen
sollte, lief am 20. Juni 1673 in den Hafen von Naṅgasaki ein.
Die Behörden empfingen ihn freundlich, liessen sich aber alle
Munition und die Geschütze ausliefern und verhinderten jede Com-
munication mit dem Lande. Die Engländer beriefen sich auf die
alten von Jyeyas verliehenen Handelsprivilegien, aber das Kreuz
in ihrer Flagge und der Umstand, dass König Karl mit einer portu-
giesischen Prinzessin vermält war, erregten Argwohn. Unglück-
licherweise brachten damals die von Batavia eben einlaufenden hollän-
dischen Schiffe die Nachricht von dem Ausbruch des Krieges zwischen
Niederland und England und von dem Bündnisse des letzteren mit
dem katholischen Frankreich: so erhielten denn die Engländer
eine ablehnende Antwort auch auf die Frage, ob sie nach dem
Tode ihrer Königin wiederkommen dürften. Man gestattete ihnen
aber, bis zum Einsetzen des günstigen Monsuns im Hafen zu bleiben
und nahm, als sie vorgaben, kein Geld mehr zu haben, chinesische
Rohseide in Zahlung für ihre Bedürfnisse 101). Die Geschütze und
Munition erhielten sie erst ausserhalb des Hafens wieder; viele
japanische Kriegsfahrzeuge, welche den »Return« während seines
Aufenthaltes im Hafen bewacht hatten, geleiteten ihn weit auf das
hohe Meer hinaus. Uebrigens liess der Siogun den Engländern
und Holländern das Versprechen abnehmen, einander in den japa-
nischen Gewässern nicht anzugreifen.
1673.
In dem Vorstehenden ist schon gesagt worden, dass der
innerste Grund der Verbannung der Fremden die Unvereinbarkeit
des Christenthumes mit den japanischen Zuständen war. Die
durch zweitausendjährige Entwickelung zur festen Regel gewor-
dene Einschränkung des Volkes in bestimmte Grenzen, seine ein-
gelebte Unterwürfigkeit gegen die herrschenden Classen waren
Grundbedingung des japanischen Staatslebens. Die Ausübung der
starren Gewalt widerspricht noch mehr und unmittelbarer den
Grundideen des Christenthumes als die Unterwerfung an solche
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/128>, abgerufen am 24.11.2024.
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