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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Fide-yori in Osaka. Kämpfe des Jyeyas mit den Regenten.
Yododono, einer Frau von seltenen Geistesgaben und grosser
Schönheit, welche trotz vielen Ausschweifungen den Kaiser bis zu
seinem Ende zu fesseln gewusst hatte, in dem festen Schlosse von
Osaka erzogen. Rings um diese Burg hatte Taiko-sama die alte
Stadt abreissen und einen weiten Platz ebenen lassen, wo sich alle
Grossen des Reiches Paläste bauen mussten. Dort waren die meisten
Daimio's zur Zeit seines Todes vereinigt.

Es konnte nicht ausbleiben, dass die Fürsten nach dem Hin-
scheiden des grossen Usurpators, dessen gewaltige Hand sie nieder-
gehalten hatte, ihrer alten unabhängigen Stellung wieder gedachten.
Dass die bestehenden Verhältnisse unhaltbar waren, lag auf der
Hand. Die Grossen zogen deshalb in Erwartung eines allgemeinen
Krieges alle ihre Truppen an sich, auch der Fürst von Fiugo
erschien mit seinen kampfgeübten Schaaren aus Korea. Ueber
200,000 Mann sollen damals in und um Osaka versammelt gewesen
sein; alle Gemüther waren in so heftiger Gährung, dass nur die
strengsten Maassregeln den Frieden unter den Soldaten erhalten
konnten. Die meisten Daimio's wünschten sich wohl nur die alte
Selbstständigkeit wieder, deren sie vor Nobu-nanga's Siegen genossen
hatten; einige aber verfolgten höhere Ziele. Die Geschichte der
verflossenen dreissig Jahre lehrte, dass Japan dem Stärksten gehörte.
Das alte Erbrecht des Mikado kam nicht in Betracht, eben so wenig
die Kuanbak- und Siogun-Geschlechter: der Mächtigste war zur
Herrschaft berufen. Unter den Thronprätendenten wird auch jener
Enkel des Nobu-nanga genannt, welchen Taiko-sama einst selbst
als Erben der Herrschaft proclamirt und dann unterdrückt hatte; -- die
Missionare erzählen, er sei Christ gewesen. Jyeyas aber ragte an
Klugheit, Erfahrung und Geistesgrösse weit über alle seine Neben-
buhler hinaus. Die Regentschaft der zehn bestand nur dem Namen
nach: er leitete, begünstigt von der Schwäche und dem Sonder-
ehrgeiz seiner Genossen und gestützt auf eine ansehnliche Haus-
1599.macht, den Staat ganz nach seinem Willen. Schon 1599 kam die
Eifersucht zum Ausbruch; einer seiner Mitregenten griff in Gemein-
schaft mit dem Fürsten von Fiugo den Jyeyas an, der sie schnell
besiegte und für diesmal begnadigte. Im folgenden Jahre verbanden
sich alle neun Mitregenten gegen ihn, unter dem Vorwande, ihrem
Eide gemäss den Fide-yori gegen des Jyeyas thronräuberische
Absichten schützen zu wollen. Der Krieg brach los: alle Fürsten
des Landes nahmen Parthei, die der Regenten war bei weitem

Fide-yori in Osaka. Kämpfe des Jyeyas mit den Regenten.
Yododono, einer Frau von seltenen Geistesgaben und grosser
Schönheit, welche trotz vielen Ausschweifungen den Kaiser bis zu
seinem Ende zu fesseln gewusst hatte, in dem festen Schlosse von
Osaka erzogen. Rings um diese Burg hatte Taïko-sama die alte
Stadt abreissen und einen weiten Platz ebenen lassen, wo sich alle
Grossen des Reiches Paläste bauen mussten. Dort waren die meisten
Daïmio’s zur Zeit seines Todes vereinigt.

Es konnte nicht ausbleiben, dass die Fürsten nach dem Hin-
scheiden des grossen Usurpators, dessen gewaltige Hand sie nieder-
gehalten hatte, ihrer alten unabhängigen Stellung wieder gedachten.
Dass die bestehenden Verhältnisse unhaltbar waren, lag auf der
Hand. Die Grossen zogen deshalb in Erwartung eines allgemeinen
Krieges alle ihre Truppen an sich, auch der Fürst von Fiugo
erschien mit seinen kampfgeübten Schaaren aus Korea. Ueber
200,000 Mann sollen damals in und um Osaka versammelt gewesen
sein; alle Gemüther waren in so heftiger Gährung, dass nur die
strengsten Maassregeln den Frieden unter den Soldaten erhalten
konnten. Die meisten Daïmio’s wünschten sich wohl nur die alte
Selbstständigkeit wieder, deren sie vor Nobu-naṅga’s Siegen genossen
hatten; einige aber verfolgten höhere Ziele. Die Geschichte der
verflossenen dreissig Jahre lehrte, dass Japan dem Stärksten gehörte.
Das alte Erbrecht des Mikado kam nicht in Betracht, eben so wenig
die Kuanbak- und Siogun-Geschlechter: der Mächtigste war zur
Herrschaft berufen. Unter den Thronprätendenten wird auch jener
Enkel des Nobu-naṅga genannt, welchen Taïko-sama einst selbst
als Erben der Herrschaft proclamirt und dann unterdrückt hatte; — die
Missionare erzählen, er sei Christ gewesen. Jyeyas aber ragte an
Klugheit, Erfahrung und Geistesgrösse weit über alle seine Neben-
buhler hinaus. Die Regentschaft der zehn bestand nur dem Namen
nach: er leitete, begünstigt von der Schwäche und dem Sonder-
ehrgeiz seiner Genossen und gestützt auf eine ansehnliche Haus-
1599.macht, den Staat ganz nach seinem Willen. Schon 1599 kam die
Eifersucht zum Ausbruch; einer seiner Mitregenten griff in Gemein-
schaft mit dem Fürsten von Fiugo den Jyeyas an, der sie schnell
besiegte und für diesmal begnadigte. Im folgenden Jahre verbanden
sich alle neun Mitregenten gegen ihn, unter dem Vorwande, ihrem
Eide gemäss den Fide-yori gegen des Jyeyas thronräuberische
Absichten schützen zu wollen. Der Krieg brach los: alle Fürsten
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[72/0102] Fide-yori in Osaka. Kämpfe des Jyeyas mit den Regenten. Yododono, einer Frau von seltenen Geistesgaben und grosser Schönheit, welche trotz vielen Ausschweifungen den Kaiser bis zu seinem Ende zu fesseln gewusst hatte, in dem festen Schlosse von Osaka erzogen. Rings um diese Burg hatte Taïko-sama die alte Stadt abreissen und einen weiten Platz ebenen lassen, wo sich alle Grossen des Reiches Paläste bauen mussten. Dort waren die meisten Daïmio’s zur Zeit seines Todes vereinigt. Es konnte nicht ausbleiben, dass die Fürsten nach dem Hin- scheiden des grossen Usurpators, dessen gewaltige Hand sie nieder- gehalten hatte, ihrer alten unabhängigen Stellung wieder gedachten. Dass die bestehenden Verhältnisse unhaltbar waren, lag auf der Hand. Die Grossen zogen deshalb in Erwartung eines allgemeinen Krieges alle ihre Truppen an sich, auch der Fürst von Fiugo erschien mit seinen kampfgeübten Schaaren aus Korea. Ueber 200,000 Mann sollen damals in und um Osaka versammelt gewesen sein; alle Gemüther waren in so heftiger Gährung, dass nur die strengsten Maassregeln den Frieden unter den Soldaten erhalten konnten. Die meisten Daïmio’s wünschten sich wohl nur die alte Selbstständigkeit wieder, deren sie vor Nobu-naṅga’s Siegen genossen hatten; einige aber verfolgten höhere Ziele. Die Geschichte der verflossenen dreissig Jahre lehrte, dass Japan dem Stärksten gehörte. Das alte Erbrecht des Mikado kam nicht in Betracht, eben so wenig die Kuanbak- und Siogun-Geschlechter: der Mächtigste war zur Herrschaft berufen. Unter den Thronprätendenten wird auch jener Enkel des Nobu-naṅga genannt, welchen Taïko-sama einst selbst als Erben der Herrschaft proclamirt und dann unterdrückt hatte; — die Missionare erzählen, er sei Christ gewesen. Jyeyas aber ragte an Klugheit, Erfahrung und Geistesgrösse weit über alle seine Neben- buhler hinaus. Die Regentschaft der zehn bestand nur dem Namen nach: er leitete, begünstigt von der Schwäche und dem Sonder- ehrgeiz seiner Genossen und gestützt auf eine ansehnliche Haus- macht, den Staat ganz nach seinem Willen. Schon 1599 kam die Eifersucht zum Ausbruch; einer seiner Mitregenten griff in Gemein- schaft mit dem Fürsten von Fiugo den Jyeyas an, der sie schnell besiegte und für diesmal begnadigte. Im folgenden Jahre verbanden sich alle neun Mitregenten gegen ihn, unter dem Vorwande, ihrem Eide gemäss den Fide-yori gegen des Jyeyas thronräuberische Absichten schützen zu wollen. Der Krieg brach los: alle Fürsten des Landes nahmen Parthei, die der Regenten war bei weitem 1599.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/102>, abgerufen am 23.11.2024.