Benner, Johann Hermann: Christliches Bedencken von dem vorsetzlichen Meineid. Frankfurt (Main) u. a., 1739.Christliches Bedencken chen Gericht vorgekommen, davon ichselbst ein Zeuge bin, veranlasset mich, dieses zu schreiben. Dem meineidigen begunte sein Gewissen, durch eine au- serordentliche Zucht des Geistes GOt- tes, aufzuwachen. Er begehrete un- ter schrecken und entsetzen, nüchtern zu werden aus des Satans stricken, der ihn gefangen hatte. Er rang der- gestalt mit der Verzweiflung, daß er seine Seeligkeit verlohren gab, und wie Judas, das geringe Geld, wel- ches er dem Nechsten durch seinen Meineid entzogen hatte, wieder dahin warf. Er bat inständigst um die of- fentliche Kirchenbuse, unter vielen Thränen. Er hofte sein gegebenes Aergernis dadurch aufzuheben. Er glaubte, das Gebet der christlichen Gemeine würde ihm zu statten kom- men, daß ihm der beleidigte GOtt, etwa Gnade gäbe zur Buse, um seine arme
Chriſtliches Bedencken chen Gericht vorgekommen, davon ichſelbſt ein Zeuge bin, veranlaſſet mich, dieſes zu ſchreiben. Dem meineidigen begunte ſein Gewiſſen, durch eine au- ſerordentliche Zucht des Geiſtes GOt- tes, aufzuwachen. Er begehrete un- ter ſchrecken und entſetzen, nuͤchtern zu werden aus des Satans ſtricken, der ihn gefangen hatte. Er rang der- geſtalt mit der Verzweiflung, daß er ſeine Seeligkeit verlohren gab, und wie Judas, das geringe Geld, wel- ches er dem Nechſten durch ſeinen Meineid entzogen hatte, wieder dahin warf. Er bat inſtaͤndigſt um die of- fentliche Kirchenbuſe, unter vielen Thraͤnen. Er hofte ſein gegebenes Aergernis dadurch aufzuheben. Er glaubte, das Gebet der chriſtlichen Gemeine wuͤrde ihm zu ſtatten kom- men, daß ihm der beleidigte GOtt, etwa Gnade gaͤbe zur Buſe, um ſeine arme
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Chriſtliches Bedencken
chen Gericht vorgekommen, davon ich
ſelbſt ein Zeuge bin, veranlaſſet mich,
dieſes zu ſchreiben. Dem meineidigen
begunte ſein Gewiſſen, durch eine au-
ſerordentliche Zucht des Geiſtes GOt-
tes, aufzuwachen. Er begehrete un-
ter ſchrecken und entſetzen, nuͤchtern
zu werden aus des Satans ſtricken,
der ihn gefangen hatte. Er rang der-
geſtalt mit der Verzweiflung, daß er
ſeine Seeligkeit verlohren gab, und
wie Judas, das geringe Geld, wel-
ches er dem Nechſten durch ſeinen
Meineid entzogen hatte, wieder dahin
warf. Er bat inſtaͤndigſt um die of-
fentliche Kirchenbuſe, unter vielen
Thraͤnen. Er hofte ſein gegebenes
Aergernis dadurch aufzuheben. Er
glaubte, das Gebet der chriſtlichen
Gemeine wuͤrde ihm zu ſtatten kom-
men, daß ihm der beleidigte GOtt,
etwa Gnade gaͤbe zur Buſe, um ſeine
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