Evangelium schon vorhin einen Eindruk gemacht haben. Der lebendige Saame kan nun durch den Vortrag erweket werden und zu Kräften kom- men. Wann gewisse Vorstellungen in unserer Seele zur gehörigen Klarheit oder Deutlichkeit kommen, also, daß sie in den Willen würken, wie hier geschiehet: so träget der vorhergehende Zustand der Seelen, und die darinn enthaltene dunkele oder verwirte Vorstellungen, gar vieles darzu bei. Die meiste (wo nicht alle) von den Zuhörern Petri, hatten manche Predig Christi vom Gesetz und Evangelio, mit Bewegung, mit Freuden, mit frolokendem Ausruf, angenom- men. Nun wird der gute Funken wieder auf- geblasen. Jst aber der Sünder noch nie in die- sen Umständen gewesen (welches doch gar schwer ist mit Gewisheit zu sagen) so müste Gesetz und Evangelium doch jedes in seiner Ordnung, sehr geschwinde ohne alles Zuthun vorheriger Rüh- rungen, (wie doch nicht zu erweisen ist) auf eine auserordentliche Art gewürket haben. Oder es wäre die Bekehrung nur eine vermeinte Bekeh- rung.
§. 35.
Wann Sünder durch einen Vortrag des Ev- angelii würklich bekehret worden, und man glau- bet, das seye plötzlich, mit Uberhüpfung der ge- setzlichen Vorschriften und Drohungen, blos durch Verkündigung von GOttes Marter ge- schehen, so ist dieses entweder ein übereiltes Ur- theil, das sich auf eine erschlichene ungegründete
Erfah-
Evangelium ſchon vorhin einen Eindruk gemacht haben. Der lebendige Saame kan nun durch den Vortrag erweket werden und zu Kraͤften kom- men. Wann gewiſſe Vorſtellungen in unſerer Seele zur gehoͤrigen Klarheit oder Deutlichkeit kommen, alſo, daß ſie in den Willen wuͤrken, wie hier geſchiehet: ſo traͤget der vorhergehende Zuſtand der Seelen, und die darinn enthaltene dunkele oder verwirte Vorſtellungen, gar vieles darzu bei. Die meiſte (wo nicht alle) von den Zuhoͤrern Petri, hatten manche Predig Chriſti vom Geſetz und Evangelio, mit Bewegung, mit Freuden, mit frolokendem Ausruf, angenom- men. Nun wird der gute Funken wieder auf- geblaſen. Jſt aber der Suͤnder noch nie in die- ſen Umſtaͤnden geweſen (welches doch gar ſchwer iſt mit Gewisheit zu ſagen) ſo muͤſte Geſetz und Evangelium doch jedes in ſeiner Ordnung, ſehr geſchwinde ohne alles Zuthun vorheriger Ruͤh- rungen, (wie doch nicht zu erweiſen iſt) auf eine auſerordentliche Art gewuͤrket haben. Oder es waͤre die Bekehrung nur eine vermeinte Bekeh- rung.
§. 35.
Wann Suͤnder durch einen Vortrag des Ev- angelii wuͤrklich bekehret worden, und man glau- bet, das ſeye ploͤtzlich, mit Uberhuͤpfung der ge- ſetzlichen Vorſchriften und Drohungen, blos durch Verkuͤndigung von GOttes Marter ge- ſchehen, ſo iſt dieſes entweder ein uͤbereiltes Ur- theil, das ſich auf eine erſchlichene ungegruͤndete
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Evangelium ſchon vorhin einen Eindruk gemacht
haben. Der lebendige Saame kan nun durch
den Vortrag erweket werden und zu Kraͤften kom-
men. Wann gewiſſe Vorſtellungen in unſerer
Seele zur gehoͤrigen Klarheit oder Deutlichkeit
kommen, alſo, daß ſie in den Willen wuͤrken,
wie hier geſchiehet: ſo traͤget der vorhergehende
Zuſtand der Seelen, und die darinn enthaltene
dunkele oder verwirte Vorſtellungen, gar vieles
darzu bei. Die meiſte (wo nicht alle) von den
Zuhoͤrern Petri, hatten manche Predig Chriſti
vom Geſetz und Evangelio, mit Bewegung, mit
Freuden, mit frolokendem Ausruf, angenom-
men. Nun wird der gute Funken wieder auf-
geblaſen. Jſt aber der Suͤnder noch nie in die-
ſen Umſtaͤnden geweſen (welches doch gar ſchwer
iſt mit Gewisheit zu ſagen) ſo muͤſte Geſetz und
Evangelium doch jedes in ſeiner Ordnung, ſehr
geſchwinde ohne alles Zuthun vorheriger Ruͤh-
rungen, (wie doch nicht zu erweiſen iſt) auf eine
auſerordentliche Art gewuͤrket haben. Oder es
waͤre die Bekehrung nur eine vermeinte Bekeh-
rung.
§. 35.
Wann Suͤnder durch einen Vortrag des Ev-
angelii wuͤrklich bekehret worden, und man glau-
bet, das ſeye ploͤtzlich, mit Uberhuͤpfung der ge-
ſetzlichen Vorſchriften und Drohungen, blos
durch Verkuͤndigung von GOttes Marter ge-
ſchehen, ſo iſt dieſes entweder ein uͤbereiltes Ur-
theil, das ſich auf eine erſchlichene ungegruͤndete
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Benner, Johann Hermann: Die gegenwärtige Gestalt der Herrnhuterey in ihrer Schalckheit. Bd. 1. Gießen, 1746, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/benner_herrnhuterey01_1746/92>, abgerufen am 16.02.2025.
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