Benner, Johann Hermann: Die gegenwärtige Gestalt der Herrnhuterey in ihrer Schalckheit. Bd. 1. Gießen, 1746.solche Aussprüche ansehen, die allenfals
wahr seyn könten/ wann es zur Untersu- chung käme. Wird nun diese Untersuchung angestellt, so muß der Sünder sich prüfen, ob er dergleichen an sich finde, das dem Sohn GOttes eine Marter habe verursa- chen können. Das findet er aber nicht an- ders, als durch den Jnhalt des Gesetzes, womit er seinen Zustand vergleichen muß. Entdeket ihm nun das Gesetz sein Elend, auch sein Unvermögen aus diesem Elend heraus zu kommen, und er siehet die mehr- erwehnte evangelische Warheiten an; so arbeitet dann der heilige Geist ordentlich, und nach dem Jnhalt des Gesetzes sowol, als Evangelii, an seiner Seele, daß, und bis er glaubet. (2) Fasset aber ein Leser oder Zuhörer den Jnhalt jener Warheiten mit einem historischen oder Vernunft- glauben, worbei der übernatürlichen Kraft dieser Aussprüche wiederstanden wird; so glaubet er aus eigenen Kräften. Das ge- schiehet, wann er die Begriffe, die in dem Satz von der Marter GOttes für die Sünden, liegen, auseinander wikelt. Und da muß er den Begrif der Sünden voraus klar oder deutlich machen, wann er verste- hen will, was das seye: die Sünden/ oder meine Sünden sind eine Ursache der Marter GOttes/ die er anstat meiner er- duldet hat. Den Begrif aber der Sünde kan ſolche Ausſpruͤche anſehen, die allenfals
wahr ſeyn koͤnten/ wann es zur Unterſu- chung kaͤme. Wird nun dieſe Unterſuchung angeſtellt, ſo muß der Suͤnder ſich pruͤfen, ob er dergleichen an ſich finde, das dem Sohn GOttes eine Marter habe verurſa- chen koͤnnen. Das findet er aber nicht an- ders, als durch den Jnhalt des Geſetzes, womit er ſeinen Zuſtand vergleichen muß. Entdeket ihm nun das Geſetz ſein Elend, auch ſein Unvermoͤgen aus dieſem Elend heraus zu kommen, und er ſiehet die mehr- erwehnte evangeliſche Warheiten an; ſo arbeitet dann der heilige Geiſt ordentlich, und nach dem Jnhalt des Geſetzes ſowol, als Evangelii, an ſeiner Seele, daß, und bis er glaubet. (2) Faſſet aber ein Leſer oder Zuhoͤrer den Jnhalt jener Warheiten mit einem hiſtoriſchen oder Vernunft- glauben, worbei der uͤbernatuͤrlichen Kraft dieſer Ausſpruͤche wiederſtanden wird; ſo glaubet er aus eigenen Kraͤften. Das ge- ſchiehet, wann er die Begriffe, die in dem Satz von der Marter GOttes fuͤr die Suͤnden, liegen, auseinander wikelt. Und da muß er den Begrif der Suͤnden voraus klar oder deutlich machen, wann er verſte- hen will, was das ſeye: die Suͤnden/ oder meine Suͤnden ſind eine Urſache der Marter GOttes/ die er anſtat meiner er- duldet hat. Den Begrif aber der Suͤnde kan <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <note next="#seg2pn_17_3" xml:id="seg2pn_17_2" prev="#seg2pn_17_1" place="foot" n="(*)"><pb facs="#f0084" n="84"/> ſolche Ausſpruͤche anſehen, die allenfals<lb/><hi rendition="#fr">wahr ſeyn koͤnten/</hi> wann es zur Unterſu-<lb/> chung kaͤme. Wird nun dieſe Unterſuchung<lb/> angeſtellt, ſo muß der Suͤnder ſich pruͤfen,<lb/> ob er dergleichen an ſich finde, das dem<lb/> Sohn GOttes eine Marter habe verurſa-<lb/> chen koͤnnen. Das findet er aber nicht an-<lb/> ders, als durch den Jnhalt des Geſetzes,<lb/> womit er ſeinen Zuſtand vergleichen muß.<lb/> Entdeket ihm nun das Geſetz ſein Elend,<lb/> auch ſein Unvermoͤgen aus dieſem Elend<lb/> heraus zu kommen, und er ſiehet die mehr-<lb/> erwehnte evangeliſche Warheiten an; ſo<lb/> arbeitet dann der heilige Geiſt ordentlich,<lb/> und nach dem Jnhalt des Geſetzes ſowol,<lb/> als Evangelii, an ſeiner Seele, daß, und<lb/> bis er glaubet. (2) Faſſet aber ein Leſer<lb/> oder Zuhoͤrer den Jnhalt jener Warheiten<lb/> mit einem <hi rendition="#fr">hiſtoriſchen oder Vernunft-<lb/> glauben,</hi> worbei der uͤbernatuͤrlichen Kraft<lb/> dieſer Ausſpruͤche wiederſtanden wird; ſo<lb/> glaubet er aus eigenen Kraͤften. Das ge-<lb/> ſchiehet, wann er die Begriffe, die in dem<lb/> Satz von der Marter GOttes fuͤr die<lb/> Suͤnden, liegen, auseinander wikelt. Und<lb/> da muß er den Begrif der Suͤnden voraus<lb/> klar oder deutlich machen, wann er verſte-<lb/> hen will, was das ſeye: <hi rendition="#fr">die Suͤnden/</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">meine Suͤnden ſind eine Urſache der<lb/> Marter GOttes/ die er anſtat meiner er-<lb/> duldet hat.</hi> Den Begrif aber der <hi rendition="#fr">Suͤnde</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">kan</fw><lb/></note> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0084]
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(*) ſolche Ausſpruͤche anſehen, die allenfals
wahr ſeyn koͤnten/ wann es zur Unterſu-
chung kaͤme. Wird nun dieſe Unterſuchung
angeſtellt, ſo muß der Suͤnder ſich pruͤfen,
ob er dergleichen an ſich finde, das dem
Sohn GOttes eine Marter habe verurſa-
chen koͤnnen. Das findet er aber nicht an-
ders, als durch den Jnhalt des Geſetzes,
womit er ſeinen Zuſtand vergleichen muß.
Entdeket ihm nun das Geſetz ſein Elend,
auch ſein Unvermoͤgen aus dieſem Elend
heraus zu kommen, und er ſiehet die mehr-
erwehnte evangeliſche Warheiten an; ſo
arbeitet dann der heilige Geiſt ordentlich,
und nach dem Jnhalt des Geſetzes ſowol,
als Evangelii, an ſeiner Seele, daß, und
bis er glaubet. (2) Faſſet aber ein Leſer
oder Zuhoͤrer den Jnhalt jener Warheiten
mit einem hiſtoriſchen oder Vernunft-
glauben, worbei der uͤbernatuͤrlichen Kraft
dieſer Ausſpruͤche wiederſtanden wird; ſo
glaubet er aus eigenen Kraͤften. Das ge-
ſchiehet, wann er die Begriffe, die in dem
Satz von der Marter GOttes fuͤr die
Suͤnden, liegen, auseinander wikelt. Und
da muß er den Begrif der Suͤnden voraus
klar oder deutlich machen, wann er verſte-
hen will, was das ſeye: die Suͤnden/ oder
meine Suͤnden ſind eine Urſache der
Marter GOttes/ die er anſtat meiner er-
duldet hat. Den Begrif aber der Suͤnde
kan
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