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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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Das I Capitel
Berge würde geworffen haben/ weilen die Berge in der Sünd-Fluht
nicht alsobald/ sondern erst nach Verlauff viertzig Tagen und Näch
ten mit Wasser gäntzlich bedecket worden/ unterdessen dieselben leicht
hätten verfaulen oder von denen sich daselbst aufgehaltenen Raben
und andern Fleisch-fressenden Vögeln aufgezehret werden können.
Nun sey glaublich/ daß/ wo nicht alle/ doch die meisten/ so wohl zahme
als wilde Elephanten auf ebenen und niedrigen Orten durch Uberei-
lung der Sünd-Fluht umkommen wären/ weilen sich dieselbe ohne
Zweifel daselbst ihrer Schwere wegen aufgehalten hätten/ und auf
hohe Berge zu klettern nicht vermöchten; Gesetzt auch/ daß etlichen
Elephanten/ so nicht gleich anfänglich mit drauf gangen wären/
sondern sich mit genauer Noth noch salviret hätten/ die grosse Gefahr
gelehret hätte/ auf hohe Berge über ihr Vermögen zu steigen/ und
wären darauf von der nachfolgenden Wasser-Fluht ersäuffet wor-
den/ so sey doch ebenfalls zu glauben/ daß dieselben auf solche Art
auch nicht in Teütsch-Land kommen/ sondern auf dem gedachten
weiten Wege versuncken/ und auf dem Grunde mit Sand/ Erde
oder Steinen bedecket und verschwemmet wären/ sonderlich da ohn-
dem die todten Elephanten im Wasser leicht unterzugehen pflegten/
nicht allein ihrer grausamen Schwere wegen/ sondern weilen sie auch
nach ihrem Tode alsobald zu faulen anfiengen/ und darauf die an-
dere faulende Cörper auf den Grund des Wassers fielen; daß aber
die Elephanten das vor andern Thieren besonders hätten/ daß ihr
Cörper leicht faule/ wollen sie daher beweisen/ weilen Johann. Bapti-
sta Tavernier
in seiner Reise-Beschreibung in Jndien libr. 1 cap. 18
fol.
73 Teütscher Edition melde/ wie er in Acht genommen habe:
daß/ obwohl der Elephante bey seinem Leben eine sehr harte Haut
habe/ dennoch dieselbe/ so bald er gestorben/ dem Vogel-Leim gleich
anzutreffen sey/ welches man vor nichts anders/ als eine gewisse An-
zeigung einer anfangenden Fäulung halten könne; über dieses lauffe
es ebenfalls wider die gesunde Vernunfft/ wenn etliche vorgeben:
daß die Elephanten in der Sünd-Fluht durch das von Abend gegen
Morgen stürmende Nord-Meer nach Teütsch-Land und andere in
Europa liegende benachbarte Länder gebracht wären/ denn ihnen der

hefftige

Das I Capitel
Berge wuͤrde geworffen haben/ weilen die Berge in der Suͤnd-Fluht
nicht alſobald/ ſondern erſt nach Verlauff viertzig Tagen und Naͤch
ten mit Waſſer gaͤntzlich bedecket worden/ unterdeſſen dieſelben leicht
haͤtten verfaulen oder von denen ſich daſelbſt aufgehaltenen Raben
und andern Fleiſch-freſſenden Voͤgeln aufgezehret werden koͤnnen.
Nun ſey glaublich/ daß/ wo nicht alle/ doch die meiſten/ ſo wohl zahme
als wilde Elephanten auf ebenen und niedrigen Orten durch Uberei-
lung der Suͤnd-Fluht umkommen waͤren/ weilen ſich dieſelbe ohne
Zweifel daſelbſt ihrer Schwere wegen aufgehalten haͤtten/ und auf
hohe Berge zu klettern nicht vermoͤchten; Geſetzt auch/ daß etlichen
Elephanten/ ſo nicht gleich anfaͤnglich mit drauf gangen waͤren/
ſondern ſich mit genauer Noth noch ſalviret haͤtten/ die groſſe Gefahr
gelehret haͤtte/ auf hohe Berge uͤber ihr Vermoͤgen zu ſteigen/ und
waͤren darauf von der nachfolgenden Waſſer-Fluht erſaͤuffet wor-
den/ ſo ſey doch ebenfalls zu glauben/ daß dieſelben auf ſolche Art
auch nicht in Teuͤtſch-Land kommen/ ſondern auf dem gedachten
weiten Wege verſuncken/ und auf dem Grunde mit Sand/ Erde
oder Steinen bedecket und verſchwemmet waͤren/ ſonderlich da ohn-
dem die todten Elephanten im Waſſer leicht unterzugehen pflegten/
nicht allein ihrer grauſamen Schwere wegen/ ſondern weilen ſie auch
nach ihrem Tode alſobald zu faulen anfiengen/ und darauf die an-
dere faulende Coͤrper auf den Grund des Waſſers fielen; daß aber
die Elephanten das vor andern Thieren beſonders haͤtten/ daß ihr
Coͤrper leicht faule/ wollen ſie daher beweiſen/ weilen Johann. Bapti-
ſta Tavernier
in ſeiner Reiſe-Beſchreibung in Jndien libr. 1 cap. 18
fol.
73 Teuͤtſcher Edition melde/ wie er in Acht genommen habe:
daß/ obwohl der Elephante bey ſeinem Leben eine ſehr harte Haut
habe/ dennoch dieſelbe/ ſo bald er geſtorben/ dem Vogel-Leim gleich
anzutreffen ſey/ welches man vor nichts anders/ als eine gewiſſe An-
zeigung einer anfangenden Faͤulung halten koͤnne; uͤber dieſes lauffe
es ebenfalls wider die geſunde Vernunfft/ wenn etliche vorgeben:
daß die Elephanten in der Suͤnd-Fluht durch das von Abend gegen
Morgen ſtuͤrmende Nord-Meer nach Teuͤtſch-Land und andere in
Europa liegende benachbarte Laͤnder gebracht waͤren/ denn ihnen der

hefftige
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[50/0062] Das I Capitel Berge wuͤrde geworffen haben/ weilen die Berge in der Suͤnd-Fluht nicht alſobald/ ſondern erſt nach Verlauff viertzig Tagen und Naͤch ten mit Waſſer gaͤntzlich bedecket worden/ unterdeſſen dieſelben leicht haͤtten verfaulen oder von denen ſich daſelbſt aufgehaltenen Raben und andern Fleiſch-freſſenden Voͤgeln aufgezehret werden koͤnnen. Nun ſey glaublich/ daß/ wo nicht alle/ doch die meiſten/ ſo wohl zahme als wilde Elephanten auf ebenen und niedrigen Orten durch Uberei- lung der Suͤnd-Fluht umkommen waͤren/ weilen ſich dieſelbe ohne Zweifel daſelbſt ihrer Schwere wegen aufgehalten haͤtten/ und auf hohe Berge zu klettern nicht vermoͤchten; Geſetzt auch/ daß etlichen Elephanten/ ſo nicht gleich anfaͤnglich mit drauf gangen waͤren/ ſondern ſich mit genauer Noth noch ſalviret haͤtten/ die groſſe Gefahr gelehret haͤtte/ auf hohe Berge uͤber ihr Vermoͤgen zu ſteigen/ und waͤren darauf von der nachfolgenden Waſſer-Fluht erſaͤuffet wor- den/ ſo ſey doch ebenfalls zu glauben/ daß dieſelben auf ſolche Art auch nicht in Teuͤtſch-Land kommen/ ſondern auf dem gedachten weiten Wege verſuncken/ und auf dem Grunde mit Sand/ Erde oder Steinen bedecket und verſchwemmet waͤren/ ſonderlich da ohn- dem die todten Elephanten im Waſſer leicht unterzugehen pflegten/ nicht allein ihrer grauſamen Schwere wegen/ ſondern weilen ſie auch nach ihrem Tode alſobald zu faulen anfiengen/ und darauf die an- dere faulende Coͤrper auf den Grund des Waſſers fielen; daß aber die Elephanten das vor andern Thieren beſonders haͤtten/ daß ihr Coͤrper leicht faule/ wollen ſie daher beweiſen/ weilen Johann. Bapti- ſta Tavernier in ſeiner Reiſe-Beſchreibung in Jndien libr. 1 cap. 18 fol. 73 Teuͤtſcher Edition melde/ wie er in Acht genommen habe: daß/ obwohl der Elephante bey ſeinem Leben eine ſehr harte Haut habe/ dennoch dieſelbe/ ſo bald er geſtorben/ dem Vogel-Leim gleich anzutreffen ſey/ welches man vor nichts anders/ als eine gewiſſe An- zeigung einer anfangenden Faͤulung halten koͤnne; uͤber dieſes lauffe es ebenfalls wider die geſunde Vernunfft/ wenn etliche vorgeben: daß die Elephanten in der Suͤnd-Fluht durch das von Abend gegen Morgen ſtuͤrmende Nord-Meer nach Teuͤtſch-Land und andere in Europa liegende benachbarte Laͤnder gebracht waͤren/ denn ihnen der hefftige

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/62>, abgerufen am 24.11.2024.