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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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Das I Capitel
Es antworten aber hierauf diejenigen/ so das unicornu fossile vor
ein minerale nnd Spiel der Natur halten/ daß/ wenn die Verfechter
voriger Meinung solche vermeinte Knochen nicht obenhin/ sondern
genau angesehen hätten/ sie alsdenn eine solche Gleichheit als sie
sich eingebildet nicht würden angetroffen haben; massen man an
denenselben/ sonderlich denenjenigen/ so wie die Kinn-Backen aus-
sehen/ solche wunderliche Apophyses oder Processus wahrnehme/
die wider die Osteologiam oder Anatomische Beschreibung derer
Knochen lieffen/ und niemahls ordinarie bey denen Menschen- und
Thier-Beinen zu finden wären; wie es denn ebenfalls unter solchen
unechten Knochen dergleichen Stücke gebe/ so gantz ungestalt und
mit keiner Figur eines rechten Beines überein kämen; Gesetzt auch/
daß etliche Stücke von dem unicornu fossili die rechte und natürliche
Gestalt eines Menschen- oder Thier-Knochens accurat hätten; so
wären doch dieselben deswegen keine wahrhaffte Beine/ denn nicht
allemahl dasjenige würcklich ein Knochen sey/ was demselben ähn-
lich wäre: derowegen man von der eüserlichen Gestalt dieses mine-
ralis
ohne eine daraus kommende absurde Folge nicht argumentiren
könte/ sonst auch andere lusus naturae, nemlich die in denen Schiefer-
Steinen offtmahls befindliche steinerne Fische/ cornua Ammonis
und mehr Arten derer figurirten Steine/ nothwendig dasjenige seyn
müsten/ was sie praesentirten oder denen Augen vorstelleten/ wel-
ches doch falsch sey/ weilen selbige nur Steine ihrer Art wären. Fer-
ner opponiren dieselben wider den ignem subterraneum, auch die
daher derivirte Calcination und Versteinerung derer Knochen/ daß
viele mit dem Autore der Philosophiae Veteris & Novae Burgundia-
cae Tom. 2 part. 2 cap. 2 p.
413 billich davor hielten/ wie das unter-
irdische Feüer nicht aller Orten gefunden werde; derowegen sie erst-
lich beweisen müsten/ daß man solches daselbst/ wo das unicornu
fossile
gegraben werde/ gewiß und ohnfehlbar antreffe/ welches sie
aber mit untadelhafften Wahrheits-Gründen nicht würden darthun
können/ massen in denen meisten Hölen/ darinnen das gegrabene
Einhorn zu finden sey/ keine Wärme als ein Zeichen des unterirdi-
dischen calcinirenden Feüers/ sondern vielmehr eine grosse Kälte/

fast

Das I Capitel
Es antworten aber hierauf diejenigen/ ſo das unicornu foſſile vor
ein minerale nnd Spiel der Natur halten/ daß/ wenn die Verfechter
voriger Meinung ſolche vermeinte Knochen nicht obenhin/ ſondern
genau angeſehen haͤtten/ ſie alsdenn eine ſolche Gleichheit als ſie
ſich eingebildet nicht wuͤrden angetroffen haben; maſſen man an
denenſelben/ ſonderlich denenjenigen/ ſo wie die Kinn-Backen aus-
ſehen/ ſolche wunderliche Apophyſes oder Proceſſus wahrnehme/
die wider die Oſteologiam oder Anatomiſche Beſchreibung derer
Knochen lieffen/ und niemahls ordinariè bey denen Menſchen- und
Thier-Beinen zu finden waͤren; wie es denn ebenfalls unter ſolchen
unechten Knochen dergleichen Stuͤcke gebe/ ſo gantz ungeſtalt und
mit keiner Figur eines rechten Beines uͤberein kaͤmen; Geſetzt auch/
daß etliche Stuͤcke von dem unicornu foſſili die rechte und natuͤrliche
Geſtalt eines Menſchen- oder Thier-Knochens accurat haͤtten; ſo
waͤren doch dieſelben deswegen keine wahrhaffte Beine/ denn nicht
allemahl dasjenige wuͤrcklich ein Knochen ſey/ was demſelben aͤhn-
lich waͤre: derowegen man von der euͤſerlichen Geſtalt dieſes mine-
ralis
ohne eine daraus kommende abſurde Folge nicht argumentiren
koͤnte/ ſonſt auch andere luſus naturæ, nemlich die in denen Schiefer-
Steinen offtmahls befindliche ſteinerne Fiſche/ cornua Ammonis
und mehr Arten derer figurirten Steine/ nothwendig dasjenige ſeyn
muͤſten/ was ſie præſentirten oder denen Augen vorſtelleten/ wel-
ches doch falſch ſey/ weilen ſelbige nur Steine ihrer Art waͤren. Fer-
ner opponiren dieſelben wider den ignem ſubterraneum, auch die
daher derivirte Calcination und Verſteinerung derer Knochen/ daß
viele mit dem Autore der Philoſophiæ Veteris & Novæ Burgundia-
cæ Tom. 2 part. 2 cap. 2 p.
413 billich davor hielten/ wie das unter-
irdiſche Feuͤer nicht aller Orten gefunden werde; derowegen ſie erſt-
lich beweiſen muͤſten/ daß man ſolches daſelbſt/ wo das unicornu
fosſile
gegraben werde/ gewiß und ohnfehlbar antreffe/ welches ſie
aber mit untadelhafften Wahrheits-Gruͤnden nicht wuͤrden darthun
koͤnnen/ maſſen in denen meiſten Hoͤlen/ darinnen das gegrabene
Einhorn zu finden ſey/ keine Waͤrme als ein Zeichen des unterirdi-
diſchen calcinirenden Feuͤers/ ſondern vielmehr eine groſſe Kaͤlte/

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[44/0056] Das I Capitel Es antworten aber hierauf diejenigen/ ſo das unicornu foſſile vor ein minerale nnd Spiel der Natur halten/ daß/ wenn die Verfechter voriger Meinung ſolche vermeinte Knochen nicht obenhin/ ſondern genau angeſehen haͤtten/ ſie alsdenn eine ſolche Gleichheit als ſie ſich eingebildet nicht wuͤrden angetroffen haben; maſſen man an denenſelben/ ſonderlich denenjenigen/ ſo wie die Kinn-Backen aus- ſehen/ ſolche wunderliche Apophyſes oder Proceſſus wahrnehme/ die wider die Oſteologiam oder Anatomiſche Beſchreibung derer Knochen lieffen/ und niemahls ordinariè bey denen Menſchen- und Thier-Beinen zu finden waͤren; wie es denn ebenfalls unter ſolchen unechten Knochen dergleichen Stuͤcke gebe/ ſo gantz ungeſtalt und mit keiner Figur eines rechten Beines uͤberein kaͤmen; Geſetzt auch/ daß etliche Stuͤcke von dem unicornu foſſili die rechte und natuͤrliche Geſtalt eines Menſchen- oder Thier-Knochens accurat haͤtten; ſo waͤren doch dieſelben deswegen keine wahrhaffte Beine/ denn nicht allemahl dasjenige wuͤrcklich ein Knochen ſey/ was demſelben aͤhn- lich waͤre: derowegen man von der euͤſerlichen Geſtalt dieſes mine- ralis ohne eine daraus kommende abſurde Folge nicht argumentiren koͤnte/ ſonſt auch andere luſus naturæ, nemlich die in denen Schiefer- Steinen offtmahls befindliche ſteinerne Fiſche/ cornua Ammonis und mehr Arten derer figurirten Steine/ nothwendig dasjenige ſeyn muͤſten/ was ſie præſentirten oder denen Augen vorſtelleten/ wel- ches doch falſch ſey/ weilen ſelbige nur Steine ihrer Art waͤren. Fer- ner opponiren dieſelben wider den ignem ſubterraneum, auch die daher derivirte Calcination und Verſteinerung derer Knochen/ daß viele mit dem Autore der Philoſophiæ Veteris & Novæ Burgundia- cæ Tom. 2 part. 2 cap. 2 p. 413 billich davor hielten/ wie das unter- irdiſche Feuͤer nicht aller Orten gefunden werde; derowegen ſie erſt- lich beweiſen muͤſten/ daß man ſolches daſelbſt/ wo das unicornu fosſile gegraben werde/ gewiß und ohnfehlbar antreffe/ welches ſie aber mit untadelhafften Wahrheits-Gruͤnden nicht wuͤrden darthun koͤnnen/ maſſen in denen meiſten Hoͤlen/ darinnen das gegrabene Einhorn zu finden ſey/ keine Waͤrme als ein Zeichen des unterirdi- diſchen calcinirenden Feuͤers/ ſondern vielmehr eine groſſe Kaͤlte/ faſt

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/56>, abgerufen am 24.11.2024.