Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

verfallenen Schlössern an und auf dem Hartz.
ihrer Mund-Art nach/ entweder der Blocksberg oder insgemein der
Blocken oder Brocken/ dabey man es billich hätte sollen verbleiben
lassen; allein da etliche Autores sich eingebildet/ daß der Berg nicht
mehr seinen alten Nahmen habe/ und dieserwegen von denen Anwoh-
nenden unrecht genennet werde/ etliche aber auch viele zum Theil wun-
derliche Einfälle wegen der Etymologie des Nahmens gehabt/ so hat
es wohl nicht anders seyn können/ als daß daraus eine Confusion
und Vielheit derer Nahmen entstehen müssen; indem einige vermei-
net/ daß der Nahme dieses Berges von denen Bructeris, als denen
alten Völckern/ so vormahls am Berge gewohnet hatten/ herrühre/
derowegen sie dem Berge den Nahmen Bruckers oder Bructers ge-
geben/ welches aber von einigen verworffen/ und fürgewendet wird/
daß die Bructeri nicht am Hartz/ sondern am Rhein/ wo ietzo das
Herzogthum Bergen sey/ gewohnet hatten/ und die Worte des
Claudiani: Venit accola Sylvae Bructerus Hercyniae, nicht eigent-
lich von dem Hartz/ sondern von einem andern/ bey dem Rhein gele-
genen Walde/ zu versiehen waren/ so ein Theil des sehr grossen Wal-
des gewesen/ welchen man vor Alters Sylvam Hercyniam genennet
habe/ und von Schwaben an fast durch gantz Teütsch-Land gegan-
gen sey/ ehe derselbe hin und wieder ausgehauen worden. Andere
halten davor: daß der Berg deswegen der Blocken oder Blocks-
Berg heisse/ weilen er von dem Nieder-Sächsischen Wort Block/
das ist/ einem grossen Bloch oder Klotz/ daraus man kan entweder
Feüer-Holtz machen/ oder Bretter daraus auf einer Sage-Mühle
schneiden lassen/ herkomme/ massen es derselben unten am Berge
sehr viel gebe/ die daselbst verfaulen müsten/ weilen sie schwerlich aus
dem Walde zu bringen wären/ welches wohl auch die sicherste Mei-
nung ist. Hingegen kömmet es wohl recht lacherlich heraus/ wenn
etliche sagen wollen: er werde davon der Blocks-Berg genennet/
weilen diejenige Hexe/ so in der Walpurgis-Nacht sich verspätet
hätte/ und zu langsam kommen wäre/ sich müste zur Straffe vor ei-
nen Hacke-Block oder Hacke-Klotz gebrauchen lassen/ darauf der
Teüffel das Fleisch zu denen Würsten/ so er zu der Fresserey gebrau-
chete/ hacken liesse. Nichts weniger wird auch iemand darüber

schwer-
S

verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
ihrer Mund-Art nach/ entweder der Blocksberg oder insgemein der
Blocken oder Brocken/ dabey man es billich haͤtte ſollen verbleiben
laſſen; allein da etliche Autores ſich eingebildet/ daß der Berg nicht
mehr ſeinen alten Nahmen habe/ und dieſerwegen von denen Anwoh-
nenden unrecht genennet werde/ etliche aber auch viele zum Theil wun-
derliche Einfaͤlle wegen der Etymologie des Nahmens gehabt/ ſo hat
es wohl nicht anders ſeyn koͤnnen/ als daß daraus eine Confuſion
und Vielheit derer Nahmen entſtehen muͤſſen; indem einige vermei-
net/ daß der Nahme dieſes Berges von denen Bructeris, als denen
alten Voͤlckern/ ſo vormahls am Berge gewohnet håtten/ herruͤhre/
derowegen ſie dem Berge den Nahmen Bruckers oder Bructers ge-
geben/ welches aber von einigen verworffen/ und fuͤrgewendet wird/
daß die Bructeri nicht am Hartz/ ſondern am Rhein/ wo ietzo das
Herzogthum Bergen ſey/ gewohnet håtten/ und die Worte des
Claudiani: Venit accola Sylvæ Bructerus Hercyniæ, nicht eigent-
lich von dem Hartz/ ſondern von einem andern/ bey dem Rhein gele-
genen Walde/ zu verſiehen wåren/ ſo ein Theil des ſehr groſſen Wal-
des geweſen/ welchen man vor Alters Sylvam Hercyniam genennet
habe/ und von Schwaben an faſt durch gantz Teuͤtſch-Land gegan-
gen ſey/ ehe derſelbe hin und wieder ausgehauen worden. Andere
halten davor: daß der Berg deswegen der Blocken oder Blocks-
Berg heiſſe/ weilen er von dem Nieder-Saͤchſiſchen Wort Block/
das iſt/ einem groſſen Bloch oder Klotz/ daraus man kan entweder
Feuͤer-Holtz machen/ oder Bretter daraus auf einer Såge-Muͤhle
ſchneiden laſſen/ herkomme/ maſſen es derſelben unten am Berge
ſehr viel gebe/ die daſelbſt verfaulen muͤſten/ weilen ſie ſchwerlich aus
dem Walde zu bringen waͤren/ welches wohl auch die ſicherſte Mei-
nung iſt. Hingegen koͤmmet es wohl recht låcherlich heraus/ wenn
etliche ſagen wollen: er werde davon der Blocks-Berg genennet/
weilen diejenige Hexe/ ſo in der Walpurgis-Nacht ſich verſpaͤtet
haͤtte/ und zu langſam kommen waͤre/ ſich muͤſte zur Straffe vor ei-
nen Hacke-Block oder Hacke-Klotz gebrauchen laſſen/ darauf der
Teuͤffel das Fleiſch zu denen Wuͤrſten/ ſo er zu der Freſſerey gebrau-
chete/ hacken lieſſe. Nichts weniger wird auch iemand daruͤber

ſchwer-
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="137"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">verfallenen Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern an und auf dem Hartz.</hi></fw><lb/>
ihrer Mund-Art nach/ entweder der Blocksberg oder insgemein der<lb/>
Blocken oder Brocken/ dabey man es billich ha&#x0364;tte &#x017F;ollen verbleiben<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; allein da etliche <hi rendition="#aq">Autores</hi> &#x017F;ich eingebildet/ daß der Berg nicht<lb/>
mehr &#x017F;einen alten Nahmen habe/ und die&#x017F;erwegen von denen Anwoh-<lb/>
nenden unrecht genennet werde/ etliche aber auch viele zum Theil wun-<lb/>
derliche Einfa&#x0364;lle wegen der <hi rendition="#aq">Etymologie</hi> des Nahmens gehabt/ &#x017F;o hat<lb/>
es wohl nicht anders &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen/ als daß daraus eine <hi rendition="#aq">Confu&#x017F;io</hi>n<lb/>
und Vielheit derer Nahmen ent&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; indem einige vermei-<lb/>
net/ daß der Nahme die&#x017F;es Berges von denen <hi rendition="#aq">Bructeris,</hi> als denen<lb/>
alten Vo&#x0364;lckern/ &#x017F;o vormahls am Berge gewohnet håtten/ herru&#x0364;hre/<lb/>
derowegen &#x017F;ie dem Berge den Nahmen Bruckers oder Bructers ge-<lb/>
geben/ welches aber von einigen verworffen/ und fu&#x0364;rgewendet wird/<lb/>
daß die <hi rendition="#aq">Bructeri</hi> nicht am Hartz/ &#x017F;ondern am Rhein/ wo ietzo das<lb/>
Herzogthum Bergen &#x017F;ey/ gewohnet håtten/ und die Worte des<lb/><hi rendition="#aq">Claudiani: Venit accola Sylvæ Bructerus Hercyniæ,</hi> nicht eigent-<lb/>
lich von dem Hartz/ &#x017F;ondern von einem andern/ bey dem Rhein gele-<lb/>
genen Walde/ zu ver&#x017F;iehen wåren/ &#x017F;o ein Theil des &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;en Wal-<lb/>
des gewe&#x017F;en/ welchen man vor Alters <hi rendition="#aq">Sylvam Hercyniam</hi> genennet<lb/>
habe/ und von Schwaben an fa&#x017F;t durch gantz Teu&#x0364;t&#x017F;ch-Land gegan-<lb/>
gen &#x017F;ey/ ehe der&#x017F;elbe hin und wieder ausgehauen worden. Andere<lb/>
halten davor: daß der Berg deswegen der Blocken oder Blocks-<lb/>
Berg hei&#x017F;&#x017F;e/ weilen er von dem Nieder-Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Wort Block/<lb/>
das i&#x017F;t/ einem gro&#x017F;&#x017F;en Bloch oder Klotz/ daraus man kan entweder<lb/>
Feu&#x0364;er-Holtz machen/ oder Bretter daraus auf einer Såge-Mu&#x0364;hle<lb/>
&#x017F;chneiden la&#x017F;&#x017F;en/ herkomme/ ma&#x017F;&#x017F;en es der&#x017F;elben unten am Berge<lb/>
&#x017F;ehr viel gebe/ die da&#x017F;elb&#x017F;t verfaulen mu&#x0364;&#x017F;ten/ weilen &#x017F;ie &#x017F;chwerlich aus<lb/>
dem Walde zu bringen wa&#x0364;ren/ welches wohl auch die &#x017F;icher&#x017F;te Mei-<lb/>
nung i&#x017F;t. Hingegen ko&#x0364;mmet es wohl recht låcherlich heraus/ wenn<lb/>
etliche &#x017F;agen wollen: er werde davon der Blocks-Berg genennet/<lb/>
weilen diejenige Hexe/ &#x017F;o in der Walpurgis-Nacht &#x017F;ich ver&#x017F;pa&#x0364;tet<lb/>
ha&#x0364;tte/ und zu lang&#x017F;am kommen wa&#x0364;re/ &#x017F;ich mu&#x0364;&#x017F;te zur Straffe vor ei-<lb/>
nen Hacke-Block oder Hacke-Klotz gebrauchen la&#x017F;&#x017F;en/ darauf der<lb/>
Teu&#x0364;ffel das Flei&#x017F;ch zu denen Wu&#x0364;r&#x017F;ten/ &#x017F;o er zu der Fre&#x017F;&#x017F;erey gebrau-<lb/>
chete/ hacken lie&#x017F;&#x017F;e. Nichts weniger wird auch iemand daru&#x0364;ber<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chwer-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0149] verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz. ihrer Mund-Art nach/ entweder der Blocksberg oder insgemein der Blocken oder Brocken/ dabey man es billich haͤtte ſollen verbleiben laſſen; allein da etliche Autores ſich eingebildet/ daß der Berg nicht mehr ſeinen alten Nahmen habe/ und dieſerwegen von denen Anwoh- nenden unrecht genennet werde/ etliche aber auch viele zum Theil wun- derliche Einfaͤlle wegen der Etymologie des Nahmens gehabt/ ſo hat es wohl nicht anders ſeyn koͤnnen/ als daß daraus eine Confuſion und Vielheit derer Nahmen entſtehen muͤſſen; indem einige vermei- net/ daß der Nahme dieſes Berges von denen Bructeris, als denen alten Voͤlckern/ ſo vormahls am Berge gewohnet håtten/ herruͤhre/ derowegen ſie dem Berge den Nahmen Bruckers oder Bructers ge- geben/ welches aber von einigen verworffen/ und fuͤrgewendet wird/ daß die Bructeri nicht am Hartz/ ſondern am Rhein/ wo ietzo das Herzogthum Bergen ſey/ gewohnet håtten/ und die Worte des Claudiani: Venit accola Sylvæ Bructerus Hercyniæ, nicht eigent- lich von dem Hartz/ ſondern von einem andern/ bey dem Rhein gele- genen Walde/ zu verſiehen wåren/ ſo ein Theil des ſehr groſſen Wal- des geweſen/ welchen man vor Alters Sylvam Hercyniam genennet habe/ und von Schwaben an faſt durch gantz Teuͤtſch-Land gegan- gen ſey/ ehe derſelbe hin und wieder ausgehauen worden. Andere halten davor: daß der Berg deswegen der Blocken oder Blocks- Berg heiſſe/ weilen er von dem Nieder-Saͤchſiſchen Wort Block/ das iſt/ einem groſſen Bloch oder Klotz/ daraus man kan entweder Feuͤer-Holtz machen/ oder Bretter daraus auf einer Såge-Muͤhle ſchneiden laſſen/ herkomme/ maſſen es derſelben unten am Berge ſehr viel gebe/ die daſelbſt verfaulen muͤſten/ weilen ſie ſchwerlich aus dem Walde zu bringen waͤren/ welches wohl auch die ſicherſte Mei- nung iſt. Hingegen koͤmmet es wohl recht låcherlich heraus/ wenn etliche ſagen wollen: er werde davon der Blocks-Berg genennet/ weilen diejenige Hexe/ ſo in der Walpurgis-Nacht ſich verſpaͤtet haͤtte/ und zu langſam kommen waͤre/ ſich muͤſte zur Straffe vor ei- nen Hacke-Block oder Hacke-Klotz gebrauchen laſſen/ darauf der Teuͤffel das Fleiſch zu denen Wuͤrſten/ ſo er zu der Freſſerey gebrau- chete/ hacken lieſſe. Nichts weniger wird auch iemand daruͤber ſchwer- S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/149
Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/149>, abgerufen am 04.05.2024.