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Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703.

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Das II Capitel von den curieusen Seen und
II.
Von einem in dem Halberstädtischen bey
Grüningen vorhandenen wässerigen Erd-
Fall und der darauf schwimmenden
Jnsel.

JEnseit des untern Vor-Hartzes/ nicht weit von dem im Für-
stenthum Halberstadt gelegenen Schloß und Amt Grüningen/
gegen dem Walde/ der Hackel genannt/ befindet sich noch ein anderer
Erd-Fall/ so gantz voll Wasser ist/ und worauf auch eine kleine Jnsel
schwimmet/ auf welcher nichts als Rohr wachset/ darinnen viel wilde
Enten sich auf halten/ von denen aber/ wo nicht unmüglich/ doch
schwerlich welche zu bekommen sind: denn wenn schon einige davon
geschossen werden/ so kan man doch/ wegen der grausamen Tieffe und
Grundlosigkeit des Wassers/ nicht darzu gelangen/ es sey denn/ daß
man mit einem Nachen oder Kahn hinzu fahre/ oder dieselbe durch
einen abgerichteten Hund herab holen lasse. Merck-würdig ist von
solchen schwimmenden und andern Jnseln/ daß vor Alters etliche
auch gelehrte Leüthe gezweifelt haben/ ob es auch in der Wahrheit
schwimmende Jnseln gebe/ und denen Alten Glauben beyzumessen
sey/ die davon geschrieben/ massen Herodotus einer Jnsel gedencket/
so auf dem Aegyptischen See Chemnis geschwommen/ und so wohl
grosse als kleine Wälder/ ja gar den grossen berühmten Götzen-
Tempel Apollinis mit sich auf dem Wasser herum geführet haben;
so schreibet auch Mela libr. & cap. 5 daß bey dem Anfange des Nil-
Flusses in Aegypten ein See gefunden werde/ auf welchem eine Jnsel
herum walle/ die nicht allein dick bewaldert sey/ sondern auch grosse
Häuser und andere Gebäu trage/ und von dem Winde bald hier-
bald dahin getrieben werde. Gleichfalls meldet Plinius lib. 2 cap. 95
von dem See Vadimonis, den man heüte zu Tage auf Jtalianisch
lago de Bassanello, ingleichen lago di Viterbo nennet/ daß auf

dem-
Das II Capitel von den curieuſen Seen und
II.
Von einem in dem Halberſtaͤdtiſchen bey
Gruͤningen vorhandenen waͤſſerigen Erd-
Fall und der darauf ſchwimmenden
Jnſel.

JEnſeit des untern Vor-Hartzes/ nicht weit von dem im Fuͤr-
ſtenthum Halberſtadt gelegenen Schloß und Amt Gruͤningen/
gegen dem Walde/ der Hackel genannt/ befindet ſich noch ein anderer
Erd-Fall/ ſo gantz voll Waſſer iſt/ und worauf auch eine kleine Jnſel
ſchwimmet/ auf welcher nichts als Rohr wåchſet/ darinnen viel wilde
Enten ſich auf halten/ von denen aber/ wo nicht unmuͤglich/ doch
ſchwerlich welche zu bekommen ſind: denn wenn ſchon einige davon
geſchoſſen werden/ ſo kan man doch/ wegen der grauſamen Tieffe und
Grundloſigkeit des Waſſers/ nicht darzu gelangen/ es ſey denn/ daß
man mit einem Nachen oder Kahn hinzu fahre/ oder dieſelbe durch
einen abgerichteten Hund herab holen laſſe. Merck-wuͤrdig iſt von
ſolchen ſchwimmenden und andern Jnſeln/ daß vor Alters etliche
auch gelehrte Leuͤthe gezweifelt haben/ ob es auch in der Wahrheit
ſchwimmende Jnſeln gebe/ und denen Alten Glauben beyzumeſſen
ſey/ die davon geſchrieben/ maſſen Herodotus einer Jnſel gedencket/
ſo auf dem Aegyptiſchen See Chemnis geſchwommen/ und ſo wohl
groſſe als kleine Waͤlder/ ja gar den groſſen beruͤhmten Goͤtzen-
Tempel Apollinis mit ſich auf dem Waſſer herum gefuͤhret haben;
ſo ſchreibet auch Mela libr. & cap. 5 daß bey dem Anfange des Nil-
Fluſſes in Aegypten ein See gefunden werde/ auf welchem eine Jnſel
herum walle/ die nicht allein dick bewåldert ſey/ ſondern auch groſſe
Haͤuſer und andere Gebaͤu trage/ und von dem Winde bald hier-
bald dahin getrieben werde. Gleichfalls meldet Plinius lib. 2 cap. 95
von dem See Vadimonis, den man heuͤte zu Tage auf Jtaliåniſch
lago de Baſſanello, ingleichen lago di Viterbo nennet/ daß auf

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[88/0100] Das II Capitel von den curieuſen Seen und II. Von einem in dem Halberſtaͤdtiſchen bey Gruͤningen vorhandenen waͤſſerigen Erd- Fall und der darauf ſchwimmenden Jnſel. JEnſeit des untern Vor-Hartzes/ nicht weit von dem im Fuͤr- ſtenthum Halberſtadt gelegenen Schloß und Amt Gruͤningen/ gegen dem Walde/ der Hackel genannt/ befindet ſich noch ein anderer Erd-Fall/ ſo gantz voll Waſſer iſt/ und worauf auch eine kleine Jnſel ſchwimmet/ auf welcher nichts als Rohr wåchſet/ darinnen viel wilde Enten ſich auf halten/ von denen aber/ wo nicht unmuͤglich/ doch ſchwerlich welche zu bekommen ſind: denn wenn ſchon einige davon geſchoſſen werden/ ſo kan man doch/ wegen der grauſamen Tieffe und Grundloſigkeit des Waſſers/ nicht darzu gelangen/ es ſey denn/ daß man mit einem Nachen oder Kahn hinzu fahre/ oder dieſelbe durch einen abgerichteten Hund herab holen laſſe. Merck-wuͤrdig iſt von ſolchen ſchwimmenden und andern Jnſeln/ daß vor Alters etliche auch gelehrte Leuͤthe gezweifelt haben/ ob es auch in der Wahrheit ſchwimmende Jnſeln gebe/ und denen Alten Glauben beyzumeſſen ſey/ die davon geſchrieben/ maſſen Herodotus einer Jnſel gedencket/ ſo auf dem Aegyptiſchen See Chemnis geſchwommen/ und ſo wohl groſſe als kleine Waͤlder/ ja gar den groſſen beruͤhmten Goͤtzen- Tempel Apollinis mit ſich auf dem Waſſer herum gefuͤhret haben; ſo ſchreibet auch Mela libr. & cap. 5 daß bey dem Anfange des Nil- Fluſſes in Aegypten ein See gefunden werde/ auf welchem eine Jnſel herum walle/ die nicht allein dick bewåldert ſey/ ſondern auch groſſe Haͤuſer und andere Gebaͤu trage/ und von dem Winde bald hier- bald dahin getrieben werde. Gleichfalls meldet Plinius lib. 2 cap. 95 von dem See Vadimonis, den man heuͤte zu Tage auf Jtaliåniſch lago de Baſſanello, ingleichen lago di Viterbo nennet/ daß auf dem-

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Zitationshilfe: Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Nordhausen, 1703, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/behrens_hercynia_1703/100>, abgerufen am 24.11.2024.