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Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829.

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(gefaßter zu Benascar).
Verflucht ist mein Geschlecht. Wo sich das Leben
In friedlicher Gemeinschaft fröhlich eint,
Wo Haus an Haus, wo Mensch an Mensch sich reiht,
Wo sich der Tempel heil'ge Dächer wölben,
Darf nimmer ein Verworfener sich nahn.
Mir hat der Tag nur in der Wälder Nacht,
Nur in der Höhlen dunkelm Grund geleuchtet,
Doch drängend zog mich's zu des Lebens Freuden;
Denn menschlich wie mein Antlitz ist mein Herz
Und wenn des Tags verrätherischer Glanz
Erlosch, die Nacht sich hüllend niedersenkte,
Dann schlich ich bebend in der Städte Nähe
Und weilte gern, wo auf dem Feld des Friedens
Die Menschen schlummern sonder Lieb und Haß,
Den Schlaf des Todes in dem dunkeln Bette.
Einst -- --
Maja.
Weh' uns!
Gadhi.
Heil uns, ruf' ich, Heil!
Wir haben einen kurzen Tag gelebt,
Doch war's ein Tag an heißer Liebe reich.
Einst ruht' ich so; die Nacht war rein und mild,
Und vor den Blicken weitgebreitet lag
Das herrliche Benares, leicht verhüllt
(gefaßter zu Benascar).
Verflucht iſt mein Geſchlecht. Wo ſich das Leben
In friedlicher Gemeinſchaft froͤhlich eint,
Wo Haus an Haus, wo Menſch an Menſch ſich reiht,
Wo ſich der Tempel heil’ge Daͤcher woͤlben,
Darf nimmer ein Verworfener ſich nahn.
Mir hat der Tag nur in der Waͤlder Nacht,
Nur in der Hoͤhlen dunkelm Grund geleuchtet,
Doch draͤngend zog mich’s zu des Lebens Freuden;
Denn menſchlich wie mein Antlitz iſt mein Herz
Und wenn des Tags verraͤtheriſcher Glanz
Erloſch, die Nacht ſich huͤllend niederſenkte,
Dann ſchlich ich bebend in der Staͤdte Naͤhe
Und weilte gern, wo auf dem Feld des Friedens
Die Menſchen ſchlummern ſonder Lieb und Haß,
Den Schlaf des Todes in dem dunkeln Bette.
Einſt — —
Maja.
Weh’ uns!
Gadhi.
Heil uns, ruf’ ich, Heil!
Wir haben einen kurzen Tag gelebt,
Doch war’s ein Tag an heißer Liebe reich.
Einſt ruht’ ich ſo; die Nacht war rein und mild,
Und vor den Blicken weitgebreitet lag
Das herrliche Benares, leicht verhuͤllt
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[36/0046] (gefaßter zu Benascar). Verflucht iſt mein Geſchlecht. Wo ſich das Leben In friedlicher Gemeinſchaft froͤhlich eint, Wo Haus an Haus, wo Menſch an Menſch ſich reiht, Wo ſich der Tempel heil’ge Daͤcher woͤlben, Darf nimmer ein Verworfener ſich nahn. Mir hat der Tag nur in der Waͤlder Nacht, Nur in der Hoͤhlen dunkelm Grund geleuchtet, Doch draͤngend zog mich’s zu des Lebens Freuden; Denn menſchlich wie mein Antlitz iſt mein Herz Und wenn des Tags verraͤtheriſcher Glanz Erloſch, die Nacht ſich huͤllend niederſenkte, Dann ſchlich ich bebend in der Staͤdte Naͤhe Und weilte gern, wo auf dem Feld des Friedens Die Menſchen ſchlummern ſonder Lieb und Haß, Den Schlaf des Todes in dem dunkeln Bette. Einſt — — Maja. Weh’ uns! Gadhi. Heil uns, ruf’ ich, Heil! Wir haben einen kurzen Tag gelebt, Doch war’s ein Tag an heißer Liebe reich. Einſt ruht’ ich ſo; die Nacht war rein und mild, Und vor den Blicken weitgebreitet lag Das herrliche Benares, leicht verhuͤllt

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Zitationshilfe: Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_paria_1829/46>, abgerufen am 05.05.2024.