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Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829.

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Es ist so wenig doch begehrt, so wenig!
Sie schmeicheln ihrem Hund und ihrem Rosse
Und scheuen uns, als hätt' uns die Natur
Zur Larve Menschenbildung nur gegeben.
Stellt mich Euch gleich und seht, ob ich Euch gleiche!

(Mit steigender Kraft).
Ich hab' ein Vaterland, ich will's beschützen.
Gebt mir ein Leben und ich zahl's mit Wucher,
Wo die Gefahr der Schlacht mit ehrnen Zungen
Die Opfer heischt, und an des Lebens Fülle
Sich bis zur Uebersätt'gung nährt und stirbt.
Wagt's und erprobt des Unterdrückten Kraft!
Schon seh' ich mich mit thatensücht'gem Muth
Hinstürzen in das tödtlichste Gewühl,
Umsaust von Speeren und umblitzt von Pfeilen,
Fest steh' ich, wie beym Donner des Gewölk's.
Mir nach, mir nach! -- Seht Ihr den Knaben mir
Zur Seite stehn? Das ist mein Kind -- mein Kind!
Aus meinem Blut ist er entsprossen; seht,
Wie er die Lanzen wirft! getroffen sinkt
Der Feind, ihm fluchend: -- segn' ihn, Vaterland,
Es ist mein Kind; es hat für dich gestritten,
Sein Vater ist für dich gefallen. --
Maja.
Nein,
Du bleibst -- verlaß mich nicht -- Du kannst nicht fort,
Und wenn Du's könntest, nimmer solltest Du's.
Es iſt ſo wenig doch begehrt, ſo wenig!
Sie ſchmeicheln ihrem Hund und ihrem Roſſe
Und ſcheuen uns, als haͤtt’ uns die Natur
Zur Larve Menſchenbildung nur gegeben.
Stellt mich Euch gleich und ſeht, ob ich Euch gleiche!

(Mit ſteigender Kraft).
Ich hab’ ein Vaterland, ich will’s beſchuͤtzen.
Gebt mir ein Leben und ich zahl’s mit Wucher,
Wo die Gefahr der Schlacht mit ehrnen Zungen
Die Opfer heiſcht, und an des Lebens Fuͤlle
Sich bis zur Ueberſaͤtt’gung naͤhrt und ſtirbt.
Wagt’s und erprobt des Unterdruͤckten Kraft!
Schon ſeh’ ich mich mit thatenſuͤcht’gem Muth
Hinſtuͤrzen in das toͤdtlichſte Gewuͤhl,
Umſaust von Speeren und umblitzt von Pfeilen,
Feſt ſteh’ ich, wie beym Donner des Gewoͤlk’s.
Mir nach, mir nach! — Seht Ihr den Knaben mir
Zur Seite ſtehn? Das iſt mein Kind — mein Kind!
Aus meinem Blut iſt er entſproſſen; ſeht,
Wie er die Lanzen wirft! getroffen ſinkt
Der Feind, ihm fluchend: — ſegn’ ihn, Vaterland,
Es iſt mein Kind; es hat fuͤr dich geſtritten,
Sein Vater iſt fuͤr dich gefallen. —
Maja.
Nein,
Du bleibſt — verlaß mich nicht — Du kannſt nicht fort,
Und wenn Du’s koͤnnteſt, nimmer ſollteſt Du’s.
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[12/0022] Es iſt ſo wenig doch begehrt, ſo wenig! Sie ſchmeicheln ihrem Hund und ihrem Roſſe Und ſcheuen uns, als haͤtt’ uns die Natur Zur Larve Menſchenbildung nur gegeben. Stellt mich Euch gleich und ſeht, ob ich Euch gleiche! (Mit ſteigender Kraft). Ich hab’ ein Vaterland, ich will’s beſchuͤtzen. Gebt mir ein Leben und ich zahl’s mit Wucher, Wo die Gefahr der Schlacht mit ehrnen Zungen Die Opfer heiſcht, und an des Lebens Fuͤlle Sich bis zur Ueberſaͤtt’gung naͤhrt und ſtirbt. Wagt’s und erprobt des Unterdruͤckten Kraft! Schon ſeh’ ich mich mit thatenſuͤcht’gem Muth Hinſtuͤrzen in das toͤdtlichſte Gewuͤhl, Umſaust von Speeren und umblitzt von Pfeilen, Feſt ſteh’ ich, wie beym Donner des Gewoͤlk’s. Mir nach, mir nach! — Seht Ihr den Knaben mir Zur Seite ſtehn? Das iſt mein Kind — mein Kind! Aus meinem Blut iſt er entſproſſen; ſeht, Wie er die Lanzen wirft! getroffen ſinkt Der Feind, ihm fluchend: — ſegn’ ihn, Vaterland, Es iſt mein Kind; es hat fuͤr dich geſtritten, Sein Vater iſt fuͤr dich gefallen. — Maja. Nein, Du bleibſt — verlaß mich nicht — Du kannſt nicht fort, Und wenn Du’s koͤnnteſt, nimmer ſollteſt Du’s.

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Zitationshilfe: Beer, Michael: Der Paria. Stuttgart u. a., 1829, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beer_paria_1829/22>, abgerufen am 05.05.2024.